Was waren nach der erfolgreichen Saison 2011 die Hauptziele bei der Entwicklung des MP4-27?
Paddy Lowe: Unser Hauptaugenmerk für die Saison 2012 lag darauf, den Abtrieb zu optimieren, trotz der Änderungen beim angeblasenen Diffusor. Auch ging es darum, unser Verständnis und die Nutzung der Pirelli-Reifen zu verbessern, die im letzten Jahr neu für uns waren.

Tim Goss: Auch wenn man es nicht sehen kann - es wurde viel am Auto verändert. Dieses Jahr wurden die Regeln nur weiterentwickelt, sodass es weniger Unvorhersehbares für uns gibt, als zwischen Jahren mit größeren Veränderungen im Reglement.

Paddy Lowe: Wir sitzen jedes Jahr zusammen und wollen ein Sieger-Auto konstruieren. Zu Beginn der letzten Saison hatten wir nicht das schnellste Auto. Wir tun aber unser Bestmögliches, um das schnellstmögliche Auto zu bauen.

Was sind die auffälligsten Unterschiede zwischen dem Auto von 2011 und dem für 2012?
Tim Goss: Der offensichtlichste Unterschied ist, dass die U-förmigen Seitenkästen verschwunden sind, mit denen wir im letzten Jahr noch Pionierarbeit geleistet haben. Wir sind wieder zu einer konventionellen Form der Seitenkästen zurückgekehrt, da die U-Form nicht zu den neuen Auspuffregeln gepasst hätte. Die Endrohre müssen 2012 im Bereich des U-Tunnels münden, damit war die Lösung nicht länger verfolgbar. Wir haben uns entschieden, eine andere Herangehensweise am Heck des Autos einzuschlagen. Wir haben den Bereich um den Überrollbügel aufgeräumt und eine viel enger anliegende Verkleidung.

Eine Baustelle am neuen McLaren - das Heck, Foto: Sutton
Eine Baustelle am neuen McLaren - das Heck, Foto: Sutton

Stellte es sie vor große Herausforderungen, sich an die neuen Regeln anzupassen?
Tim Goss: Die Regelungen rund um den Auspuff sind sehr strikt: Der Auspuff muss nun in einem engen Bereich am Heck des Autos münden, um dadurch den aerodynamischen Einfluss zu minimieren. Die letzten 100mm des Auspuffs müssen zylindrisch sein und dürfen nicht mehr oval, oder platt sein. Außerdem müssen sie in einem genau festgelegten vertikalen und horizontalen Bereich austreten - zwischen 10 und 30 Grad aufwärts. Dadurch sollen die Abgase vom Unterboden weg geleitet werden.

Paddy Lowe: Eine der spannenderen Herausforderungen war, unsere Kenntnisse mit den Pirelli-Reifen weiter zu entwickeln und auszubauen. Wir gehen in unsere zweite Saison mit Pirelli. 2011 war ein Lehrjahr. Wir haben unsere Erfahrung der letzten 12 Monate dazu genutzt, das Auto zu konstruieren sowie die Aerodynamik und mechanische Komponenten in Bezug auf die Nutzbarkeit der Reifen anzupassen.

Gab es Knackpunkte beim Design des Autos in Zusammenhang mit den Auspuffregeln?
Tim Goss: Es gab unweigerliche Einflüsse auf den Luftfluss am Heck des Autos. In den vergangenen Jahren trat der Auspuff direkt in der hinteren Ecke des Unterbodens aus. Das geht nun nicht mehr. Wie man sich vorstellen kann, ändert sich deshalb der Luftfluss am Heck des Autos. Der Knackpunkt ist, dass die gesamte Aerodynamik im Heckbereich des Autos anders designt werden musste.

Es gab über den Winter einige Abgänge im technischen Team. Ist das ein Problem gewesen?
Paddy Lowe: McLaren Mercedes ist ein sehr breit aufgestelltes Unternehmen. Hier arbeiten 200 Ingenieure. Wenn diese Leute 10 Jahre im Job bleiben würden, würden wir jedes Jahr 20 Ingenieure verlieren. Wir verlieren allerdings deutlich weniger jedes Jahr. Es ist natürlich leicht, sich auf die Abgänge zu konzentrieren, aber mindestens genauso viele Leute stoßen jedes Jahr wieder neu zum Team. Wir sind stolz darauf, neuen und jungen Leuten dabei zu helfen, ins F1-Geschäft zu kommen. Unweigerlich verlassen dann einige irgendwann wieder das Nest und nehmen eine andere Herausforderung an. Das kann man nicht vermeiden. Wir haben allerdings eine sehr starke Truppe von fantastischen Leuten und sind stolz auf die Arbeit, die wir alle zusammen am MP4-27 erbracht haben.