Pro: Das Puzzle nimmt Formen an

von Stephan Heublein

Die Erwartungen und Ansprüche sind immens, wenn die legendären Silberpfeile als Werksteam in die Formel 1 zurückkehren und darin einer der aufstrebenden F1-Stars und der erfolgreichste GP-Pilot aller Zeiten hinter dem Lenkrad Platz nehmen - mit großer Macht kommt bekanntlich große Verantwortung.

Mercedes GP konnte diese Ansprüche in der vergangenen Saison nicht ganz erfüllen, war darauf jedoch schon bald gefasst - schließlich benötigt Erfolg in der Formel 1 vor allem eines: Zeit. Brawn GP gewann überlegen beide WM-Titel 2009, doch die Umstrukturierung des einstigen Honda-Werksteams band ebenso Ressourcen wie das Aufholen des Rückstands auf Red Bull, McLaren und Ferrari.

Die Boxencrew arbeitete perfekt, Foto: Sutton
Die Boxencrew arbeitete perfekt, Foto: Sutton

Obendrein hielt sich Mercedes schon seit jeher an die freiwillige Ressourcenbeschränkung der Teams, was hinter vorgehaltener Hand nicht von allen Rennställen angenommen wird. Obwohl die Silberpfeile 2011 keinen einzigen Podestplatz erzielten, gab es dennoch einige Anzeichen für eine positivere Zukunft. Das Auto war klarerweise zu langsam für Siege, aber die Fortschritte im Laufe der Saison - sowohl bei den anfänglichen Kühlungs- und DRS-Problemen, als auch beim Verständnis des Autos - waren durchaus beachtlich.

Obendrein zeigte das Team in vielen organisatorischen Bereichen Topleistungen - gemeinsam mit Red Bull erzielte die Mercedes-Boxencrew regelmäßig die schnellsten Reifenwechsel, die Strategien brachten beiden Fahrern des Öfteren Platzgewinne ein und auch die Starts konnten sich mehr als sehen lassen, besonders von Michael Schumacher. Es kamen also immer mehr Puzzleteile an die richtige Stelle.

Contra: Siege blieben unerreichbar

von Kerstin Hasenbichler

Vor der Saison sprach Mercedes noch von möglichen Siegen, doch der Rennstall wurde schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Beim Saisonauftakt in Australien erlitt das Team einen Doppelausfall - wenn auch nicht eigenverschuldet, in Malaysia kam Nico Rosberg mit einer Runde Rückstand auf Sieger Sebastian Vettel ins Ziel.

Schumacher beschädigte sich bei Kollisionen oftmals das Auto, Foto: Sutton
Schumacher beschädigte sich bei Kollisionen oftmals das Auto, Foto: Sutton

Schnell war klar, dass der Silberpfeil mit dem Speed der drei Top-Teams - Red Bull Racing, McLaren und Ferrari - nicht mithalten konnte. An Siege war nicht zu denken und Podestplätze waren nur möglich, wenn die Top-Teams ausfielen oder es zu einem Chaos-Rennen wie in Kanada kam. Viel mehr schienen Rosberg und Schumacher die Plätze sieben und acht für sich gepachtet zu haben, immerhin im Qualifying konnten sie ab und zu unter die Top-6 vorstoßen.

"Beim jetzigen Stand unseres Lernprozesses ist es das, was realistischer Weise erreichbar ist", sagte Norbert Haug. Speziell die Ergebnisse von Schumacher fielen trotz oftmals ausgezeichneter Starts nicht wie erwartet aus - nicht zuletzt wegen Kollisionen wie in Australien, Singapur oder Korea. In Silverstone erhielt Schumacher nach einem Crash mit Kobayashi sogar eine Strafe.

Nach 19 Rennen fehlten Mercedes in der Konstrukteurswertung 485 Punkte auf Titelgewinner Red Bull, auf Ferrari auf Rang drei waren es noch 210 Punkte. Ein Rückstand, mit dem ein erfolgsverwöhnter Hersteller wie Mercedes nicht zufrieden sein kann.