Das Auto

Von der Katastrophe zur schnellsten Rennpace im Feld: Der MP4-26 hat in dieser Saison viele Betriebszustände erlebt. "Wenn ihr wirklich wüsstet, wie schlecht das Auto im Winter war...", sagte Lewis Hamilton nach den ersten Saisonrennen. "Mit Glück schaffte man zehn Runden am Stück. Die Zuverlässigkeit war ein Desaster." Die Briten hatten mit einem komplizierten Abgassystem herumexperimentiert - und waren grandios gescheitert.

In einer Hauruck-Aktion bekam das Auto zunächst ein konventionelleres - Red-Bull-ähnliches - Abgassystem samt Unterboden verpasst, welches im weiteren Verlauf der Saison weiter entwickelt und verbessert wurde. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. In China fuhr Hamilton zum ersten Sieg, drei weitere sollten für McLaren bis zum elften Rennen der Saison folgen.

Im Qualifying hinkt der MP4-26 dem RB7 nach wie vor etwas hinterher, doch in Sachen Rennpace ist der Bolide mindestens auf Augenhöhe mit Red Bull. Woran die Leistungsexplosion zur Saisonmitte genau liegt, wusste angeblich nicht einmal McLaren. "Wenn ich wüsste, wo das herkommt, würde ich es patentieren lassen", scherzte Geschäftsführer Jonathan Neale. Fakt ist: Die Briten haben seit dem Winter den größten Schritt in der Autoentwicklung gemacht.

Team & Fahrer

Die Fahreraufstellung könnte kaum unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite Hamilton, der mit äußerst aggressiven Fahrmanövern - man erinnere sich an Daueraufenthalte bei den Stewards in Monaco und Montreal - für Schlagzeilen sorgte. Auf der anderen Seite Button, der in aller Ruhe bei seinem 200. F1-Rennen in Ungarn seinen zweiten Saisonsieg einfuhr. Bei allen Unterschieden gibt es eine Gemeinsamkeit: Die beiden Briten fuhren auf vergleichbaren Niveau, hatten aber jeweils eine Schwächephase.

Zuletzt ein Kampf auf Augenhöhe, Foto: Sutton
Zuletzt ein Kampf auf Augenhöhe, Foto: Sutton

Hamilton sammelte zwischen Monaco und Valencia nur 20 WM-Zähler, Button zwischen Valencia und dem Deutschland GP nur acht Punkte - verlorene Punkte, die den WM-Titel in weite Ferne haben rücken lassen. Immerhin: Das McLaren-Duo sorgt für Action, schenkt sich auf der Strecke nichts. "Ich hasse Teamorder", sagte Button stellvertretend für McLaren.

Das Traditionsteam lässt seine beiden Stars offen kämpfen - die teaminterne Berührung in Kanada war ein Zeugnis dafür. Vorteil Sebastian Vettel: Hamilton und Button nahmen sich gegenseitig die Punkte weg, während der amtierende Weltmeister seinen Vorsprung weiter ausbaute.

Ausblick 2. Hälfte

McLaren wird nimmermüde, den Titel trotz der schwierigen Ausgangslage noch nicht abzuschreiben. "Es sind noch 200 Punkte zu vergeben. Es wird ein dramatischer Showdown bis zum Saisonfinale in Brasilien", so Hamilton. "Red Bull sollte sich Sorgen machen", legte Button nach. McLaren hat die beiden letzten Rennen gewonnen und die Chancen auf den Sieges-Hattrick in Spa stehen nicht schlecht. In Woking wird weiter fleißig am MP4-26 gebastelt, Updates wurden angekündigt.

Hamilton kündigte bereits an, bis zum Saisonende auf Risiko fahren zu wollen, um die Titelchance aufrecht zu erhalten. "Ich riskiere viel. Schon immer. Ich neige zum Extremen", meinte der Weltmeister von 2008. Ob sich diese Strategie auszahlt, oder - wie bereits geschehen - in die Hose geht, wird sich noch zeigen. Sicher ist aber, dass die vergangenen Rennen für neue Hoffnung bei McLaren gesorgt haben.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Briten erst spät auf die Entwicklung des 2012er-Autos konzentrieren werden. "Rennen zu gewinnen ist hart, aber ich glaube, alles was man machen kann ist, jedes einzelne Rennen zu gewinnen - mehr geht nicht", so Martin Whitmarsh. "Es ist schwierig die Lücke zu schließen, aber machbar ist es trotzdem." Bei aller Zuversicht: Wenn Vettel bei den ausstehenden acht Rennen nur noch dritte Plätze einfährt, ist ihm der Titel sicher. Klingt nicht allzu dramatisch…