Sebastian Vettel weiß, wem er seine Erfolge zu verdanken hat..., Foto: Sutton
Sebastian Vettel weiß, wem er seine Erfolge zu verdanken hat..., Foto: Sutton

Die Red Bull Dominanz nimmt kein Ende. Vor einigen Jahren noch als Getränkefirma verspottet, fuhr das Team dem versammelten Formel-1-Establishment in dieser Saison bislang um die Ohren. Durchschnittlich eine halbe Sekunde schneller als der beste Verfolger war Pole-König Sebastian Vettel in den ersten vier Qualifyings der Saison 2011. Neben seinem Fahrtalent verdankt der amtierende Champion seine anhaltende Erfolgsserie vor allem dem Speed des RB7 aus der Feder von Stardesigner Adrian Newey.

"Für mich steht fest, dass Adrian Newey den Unterschied zwischen Red Bull und anderen Teams ausmacht", ist Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali überzeugt. In über 60 Jahren Formel-1-Geschichte gab es einige Designgenies und Visionäre wie Colin Chapman oder John Barnard, die ihrer Ära einen Stempel aufdrückten und neue Erfindungen salonfähig machten – Newey gehört unumstrittenen zu den Besten dieser Zunft. Seit Jahrzehnten gewinnen seine Autos Rennen und Weltmeisterschaften.

Newey und seine Techniker würden bessere Arbeit abliefern, räumt Domenicali zerknirscht ein. "Newey ist einfach kreativer." Aber kann in der heutigen Formel 1 ein Mann alleine noch für die Performance eines High-Tech-Rennautos verantwortlich sein, an dem mehrere hundert Angestellte pro Team arbeiten, das hunderte Millionen an Entwicklungskosten verschlingt und aus tausenden Einzelteilen besteht? Sicher nicht.

Obwohl Newey noch heute selbst am Zeichenbrett steht – richtig: am Zeichenbrett und nicht am Computermonitor -, kann er in der Technikabteilung bei Red Bull auf die Crème de la Crème der Aerodynamiker- und Designer-Riege zurückgreifen. "Der spannendste Teil meiner Arbeit ist es, zu sehen, was eine Gruppe cleverer Ingenieure an Ideen entwickeln kann – nur dann ist man konkurrenzfähig", weiß McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. Der RB7 ist ebenso ein Werk von Aerodynamikchef Peter Prodromou und Chefdesigner Rob Marshall wie von Newey.

Kein Wunder, dass Domenicali dem Wissens- und Personalvorsprung von Red Bull hinterhertrauert: "Wir müssen innerhalb der Teams und mit der FIA sprechen. Die Aerodynamik macht 90 Prozent der Performance aus und das ist meiner Meinung nach nicht vertretbar." Der Konkurrenz die Schwächen verbieten zu wollen ist ein einfacher Weg, aber nicht gerade die feine italienische Art. Besser wäre es, selbst mit genialen Ideen aufzutrumpfen.

Adrian Newey grübelt bereits über den nächsten Geniestreich nach, Foto: Sutton
Adrian Newey grübelt bereits über den nächsten Geniestreich nach, Foto: Sutton

Diesen Weg versucht McLaren zu beschreiten, im letzten Jahr war es der F-Kanal, in dieser Saison sind es die L-förmigen Seitenkästen. Dass die Suche nach Innovationen auch einmal nach hinten losgehen kann, erlebte McLaren am eigenen Chrompfeil: Die Testfahrten waren aus Performance- und Zuverlässigkeitssicht eine Katastrophe. Das neue, innovative Auspuffsystem funktionierte nicht wie gewünscht. Die Folge: McLaren kopierte in einer Hauruckaktion vor dem Saisonstart Neweys Red-Bull-Variante und war urplötzlich der erste Verfolger der Stiere.

"Es gibt immer noch kreativen Spielraum, in dem sich kreative Geister austoben können", betont Whitmarsh. Manchmal muss ein Team diese Kreativität jedoch einbremsen, bevor sie ins Gegenteil umschlägt – auch Newey ist für seine radikalen Ideen bekannt, die schon einmal zum Phantom-McLaren MP4/18 führten, der niemals ein Rennen bestritten hat.

Dabei spielt es keine Rolle, wie stark das Reglement die Freiheiten der Designer einschränkt. "Kreative Leute finden immer einen Bereich für Innovationen", ist Whitmarsh überzeugt. Schon jetzt steht fest: die nächste geniale Idee wartet bereits auf irgendeiner Festplatte, in einem CFD-Programm oder eben auf einem von Neweys Zeichenbrettern.

Lesen Sie mehr Kolumnen und Analysen in der Printausgabe des Motorsport-Magazins – im Handel erhältlich oder drei Ausgaben zum Vorzugspreis testen:

Noch schneller geht es mit unserem Motorsport-Magazin ePaper: Blättern Sie in der aktuellen Ausgabe und lesen Sie alle Hefte Probe: