Beim Deutschland Grand Prix auf dem Nürburgring gab es drei verschiedene Autos, die bei der Leistung sehr eng beisammen lagen. Wie Rennsieger Lewis Hamilton feststellte, ging es primär darum, perfekt zu sein und keine Fehler zu machen. Das galt sowohl für die Strategen und Boxenmannschaften, wie auch für die Fahrer. Letztendlich lag alles an einer sauberen Fahrt und gut erdachten Strategie-Entscheidungen.

Adrian Sutil half seine Strategie nach vorne, Foto: Sutton
Adrian Sutil half seine Strategie nach vorne, Foto: Sutton

Etwas weiter hinten im Feld war aber zu erkennen, dass unterschiedliche Strategien Auswirkungen auf das Renn-Ergebnis hatten, vor allem bei Adrian Sutil, der sich als Sechster vor den schnelleren Autos von Mercedes behaupten konnte. Der Schlüssel für die Strategie war in Deutschland die Leistung auf dem langsameren Medium-Reifen. Wenn man zwischen dem weichen und dem mittleren Reifen einen Leistungs-Unterschied von 1,5 Sekunden erreichen konnte, waren zwei Stopps die passende Wahl. War die Lücke größer, dann waren drei Stopps die richtige Antwort, wobei ein kurzer letzter Stint auf dem Medium gefahren wurde.

Die Reifen-Haltbarkeit stellte sich als besser heraus, als es im Training am Freitag erwartet wurde, daher boten sich zwei Stopps als gute Option für viele Teams an. Aber starker Regen am Samstagabend säuberte die Strecke und das drängte einige Leute dazu, sich im Rennen für drei Stopps zu entscheiden, weil der Kurs sehr grün war. Zu Zeiten von Bridgestone hätten diese Verhältnisse zu Körnen bei den Reifen geführt, aber das war bei den Pirellis in Deutschland nicht der Fall. Stattdessen bot die Strecke weniger Grip, dadurch waren die Rundenzeiten langsamer und das forderte den Reifen weniger ab - der grüne Streckenbelag beschädigte sie nicht.

Dreikampf an der Spitze

Wenn man all das berücksichtigt, fuhren sogar die Drei-Stopper an der Spitze beinahe ein Zwei-Stopp-Rennen, was die Länge ihrer Stints betraf. Mark Webber fuhr beispielsweise 26 Runden mit seinem dritten Satz weicher Reifen. Das Team wollte den härteren Reifen so wenig wie möglich einsetzen, also stoppte man so spät es ging. Zwei Autos reizten das voll aus, Sebastian Vettel und Felipe Massa, sie kamen in der vorletzten Runde herein, um die mittleren Reifen zu holen.

Mark Webber half nur beim ersten Stopp das frühere Hereinkommen, Foto: Sutton
Mark Webber half nur beim ersten Stopp das frühere Hereinkommen, Foto: Sutton

Im Spitzentrio konnte Webber, der die Führung beim Start an Lewis Hamilton verlor, den Briten beim ersten Stopp überholen, weil er vor ihm an die Box kam. Webber war 0,5 Sekunden hinter Hamilton, als er in Runde 14 seinen Stopp machte. Eine sehr schnelle Abfertigung durch die Red Bull Crew und zwei sehr aggressive Outlaps von Webber brachten ihm die Führung. Er pushte hart, um die Lücke zu vergrößern, doch Hamilton war in den Sektoren eins und drei schneller, wodurch Webber erkannte, dass es nicht sein Tag sein würde.

Weil er seine Reifen zu Anfang zu hart angetrieben hatte, war die Pace des Australiers am Ende des zweiten Stints nicht besonders gut. Er versuchte, wieder früher zu stoppen als die Konkurrenz, doch das funktionierte nicht. Hamilton und Fernando Alonso konnten auf weichen Reifen, die zwei Runden jünger waren, bei ihrer Pace zulegen, als Webber an die Box kam. Sein zweiter Stopp war zudem 0,8 Sekunden langsamer als der erste und das Endergebnis war, dass er sich nur mehr auf Platz drei wiederfand.

Was Hamilton und Alonso betraf, sie kamen beim ersten Stopp gemeinsam herein, aber Hamilton stoppte beim zweiten Mal eine Runde früher als der Spanier. Alonsos Inlap war 0,7 Sekunden schneller als jene Von Hamilton und der Boxenstopp war 0,4 Sekunden schneller. Wie der UBS Strategy Report feststellt, war es interessant, dass Hamilton bei seiner Outlap auf frischeren Reifen nicht wirklich schneller war als Alonso auf gebrauchten Gummis, was eigentlich gegen das Prinzip spricht, dass der frühere Stopp einen Vorteil bringt.

Fernando Alonsos Taktik war richtig, die Reifen wurden nur nicht schnell genug warm, Foto: Sutton
Fernando Alonsos Taktik war richtig, die Reifen wurden nur nicht schnell genug warm, Foto: Sutton

Alonso kam in Führung aus der Box, aber die Schwäche des Ferrari, die Reifen nicht schnell auf Temperatur zu bringen, ermöglichte es Hamilton, ihn in Kurve zwei zu überholen. Also hatte die Strategie für Ferrari auf dem Papier funktioniert, in Realität allerdings nicht. Bei Webber hatte das frühere Hereinkommen beim ersten Stopp funktioniert, aber diese Taktik ging weder für ihn noch für Hamilton beim zweiten Stopp auf. Das kann teilweise damit erklärt werden, dass das höhere Benzingewicht den Reifen im ersten Stint mehr belastet, dieser Effekt verschwindet aber bis zum zweiten Stopp - zudem ist der weiche Pirelli-Reifen gut haltbar.

Beim Timing für den dritten Stopp auf den langsameren Medium-Reifen ging es nur darum, die passenden Hinweise zu erhalten. Die ergaben sich durch Vitaly Petrov und Kamui Kobayashi. Pastor Maldonado war bereits in Runde 35 auf den Medium gewechselt, doch seine Rundenzeiten waren inkonstant. Als Petrov in Runde 46 auf den Medium umstieg und in seiner zweiten Runde auf dem Reifen persönliche Sektorbestzeiten fuhr, während Kobayashi schneller unterwegs war als sein Teamkollege, der noch alte, weiche Reifen drauf hatte, war es für McLaren eindeutig, dass es an der Zeit war, auf die mittlere Mischung zu wechseln.

Nach dem letzten Stopp hatte Lewis Hamilton das Rennen im Sack, Foto: Sutton
Nach dem letzten Stopp hatte Lewis Hamilton das Rennen im Sack, Foto: Sutton

Zu dem Zeitpunkt war Webber bereits aus dem Kampf um den Sieg herausgefallen. Er lag acht Sekunden hinter dem zweitplatzierten Alonso. McLaren holte Hamilton in Runde 51 herein, aber Ferrari reagierte nicht, sondern ließ Alonso noch zwei weitere Runden draußen. Ferrari hatte etwas mehr Sorgen wegen seiner Pace auf dem härteren Reifen. Hamiltons Speed war auf dem Medium sofort gut und das Rennen war damit im Sack. Webber versuchte, länger draußen zu bleiben und so nach vorne zu kommen, aber er war zu weit zurück und kam nicht heran.

Sutil vs. Rosberg

Eines der Highlights des Rennens war die Leistung von Force India mit Sutil. Er absolvierte ein perfektes Wochenende und das Ergebnis daraus war, dass er vor beiden Mercedes und beiden Renaults Sechster wurde. Er qualifizierte sich als Achter, zwei Plätze und 0,8 Sekunden hinter Nico Rosbergs Mercedes. Ihn von dort aus noch zu besiegen, war eine starke Leistung. Sutil vs. Rosberg war ein gutes Beispiel dafür, dass zwei Stopps besser funktionieren können als drei. Force India war eines der Teams, denen der Simulator anzeigte, zwei Stopps würden so schnell sein wie drei und mit einem Stopp weniger gab es ein geringeres Risiko, Zeit im Verkehr oder bei einem schlechten Stopp zu verlieren.

Nico Rosbergs Auto belastet die Reifen zu hart, daher konnte er keine Zwei-Stopp-Strategie fahren, Foto: Sutton
Nico Rosbergs Auto belastet die Reifen zu hart, daher konnte er keine Zwei-Stopp-Strategie fahren, Foto: Sutton

Sutil stoppte in den Runden 22 und 48, Rosberg in den Runden 14, 36 und 53. Ihre Rundenzeiten waren im ersten Stint recht ähnlich, aber danach hatte Sutil die Oberhand. Der Mercedes ist härter zu den Reifen und Sutil verkleinerte die Lücke zu Rosberg von vier Sekunden auf null, als der Mercedes-Pilot zum ersten seiner drei Stopps kam. Der Mercedes ist das schnellere Auto, das bewies das Qualifying, aber durch den größeren Reifenverbrauch waren ihnen die Hände gebunden und Force India konnte sie am Ende um zehn Sekunden abhängen.

Sutil war das ganze Wochenende gut unterwegs und er konnte dem Medium-Reifen eine gute Konstanz abringen. Gleich nachdem er auf ihn gewechselt hatte, fuhr er eine gute Pace und erzielte seine schnellste Rennrunde, als der Gummi neun Runden alt war. Viele Teams fanden es schwer, bei den niedrigen Temperaturen die mittlere Reifenmischung zum Arbeiten zu bekommen.

Die Suche nach der richtigen Benzinladung

Die Möglichkeit von Regen am Renntag hatte eine ziemliche Auswirkung auf die Benzin-Strategie bei diesem Rennen. Viele Leute betankten ihre Autos zu wenig, weil sie dachten, der Regen würde kommen. Das zwang gegen Ende des Rennens dann auch viele dazu, Benzin zu sparen. Darum lag Alonso schließlich vier Sekunden hinter Hamilton, bevor ihm dann nach der Zieldurchfahrt das Benzin ausging. Nachdem man in Silverstone diesen Fehler gemacht hatte und Hamilton zu wenig Sprit mitführte, wiederholte McLaren dieses Missgeschick nicht.