Schadenfroh, Marc? Du gilst als Gegner der Regeländerungen. In Valencia hat sich jetzt gezeigt, dass der Effekt verpufft zu sein scheint.
Marc Surer: Natürlich ist das keine große Regeländerung, aber grundsätzlich gilt: Ein gutes Auto bleibt ein gutes Auto. Da kann man herumschrauben, wie man will - wenn die Basis stimmt, ändert sich nichts. Das war fast ein Eigentor. Ich denke auch nicht, dass sich in Silverstone viel ändern wird. Das Anblasen hat anderen Teams vielleicht sogar noch mehr geholfen als Red Bull. Der RB7 verfügt auch so über eine gute Downforce.

Kannst Du die Technik-Argumentation der FIA nachvollziehen?
Marc Surer: Ich verstehe nicht, wie man das so lange tolerieren kann und mitten in der Saison auf einmal nicht mehr. Man kannte die Situation aus den vergangenen Jahren. Man hätte sagen können, dass man das nicht mehr möchte - dann wäre die Sache erledigt gewesen. Ich finde die Vorgehensweise nicht perfekt. Charlie Whiting hatte anfangs erklärt, dass die Idee nicht regelkonform ist. Da aber niemand dagegen protestiert hat, konnte man nicht herausfinden, ob man es darf oder nicht. Jetzt hat die FIA gesagt, dass das System eingeschränkt wird, bevor noch jemand protestiert. Ein Protest ist schließlich immer eine negative Sache.

Kommen die großen Teams besser mit dem Verbot klar als die kleineren?
Marc Surer: Wahrscheinlich werden die Großen Lösungen suchen. Wir müssen aber erst einmal abwarten, was in Silverstone passiert. Downforce ist dort sehr wichtig - dann sehen wir, wie viel die Einschränkung ausmacht.

Sebastian Vettel hat seine Qualifying-Dominanz fortgesetzt.
Marc Surer: Der ist einfach super drauf. Man sieht, wie gut er fahrerisch drauf ist. Durch seinen WM-Titel hat er an Selbstvertrauen gewonnen und die Erfolge in dieser Saison stärken ihn. Er wird schwer zu schlagen sein. Wenn jemand einen Lauf hat, kann die Konkurrenz nur hoffen, dass der irgendwann endet.

Was ist Dir sonst noch während des Qualifyings aufgefallen?
Marc Surer: Der große Unterschied zwischen den harten und den weichen Reifen. Das wird interessant, weil wahrscheinlich niemand die harten Mischungen fahren will. Stattdessen werden wohl alle versuchen, so viel wie möglich mit den weichen zu fahren. Ich denke, dass wir maximal drei Boxenstopps sehen werden.

Man hört sogar, dass auch eine Ein-Stopp-Strategie möglich sein soll.
Marc Surer: Zwei werden wohl eine häufige Wahl sein. Bei einem Stopp müsste man lange auf den harten Reifen draußen bleiben. Ich weiß nicht, ob das richtig ist. Drei werden normal sein.

Die Valencia-Rennen waren in der Vergangenheit eher unspektakulär. Ändert sich das in diesem Jahr?
Marc Surer: Ja, definitiv. Zum Glück haben wir hier zwei DRS-Zonen. Das Hinterherfahren wird jetzt nicht mehr an der Tagesordnung sein. Ich glaube, beim ersten Rennen hier in Valencia gab es ein einziges Überholmanöver.

Ist Sebastian Vettel im Rennen wieder das Maß der Dinge?
Marc Surer: Sie sind nicht so weit weg, dass man sagen kann, dass das eine klare Show wird. In Barcelona waren sie weiter weg, aber da hat ihnen Lewis Hamilton eingeheizt. Ich denke nicht, dass sie so locker davon fahren können.

Mercedes dümpelt weiter im Niemandsland herum.
Marc Surer: Es hat besser ausgesehen, aber zum Schluss standen sie da, wo sie immer stehen. Wenn man nichts Neues ans Auto bringt, kann man auch nicht erwarten, dass es schneller geht.

Sauber war auch nicht gerade überzeugend.
Marc Surer: Das war ein wenig enttäuschend. Ich dachte, dass sie ein Auto unter den ersten Zehn platzieren. Aber Kamui Kobayashi konnte das ganze Wochenende lang nicht überzeugen. Das hat sich dann auch im Qualifying gezeigt.

Sauber hat von Reifen-Problemen gesprochen.
Marc Surer: Jede Strecke hat ihre Eigenheiten. In Kanada war der Asphalt glatt, hier ist er wieder rau. Dazu kommt die große Hitze - das sind komplett unterschiedliche Bedingungen.