Beim Türkei Grand Prix gab es 82 Boxenstopps, was einen neuen Rekord in der Formel 1 darstellte, und manch spektakuläres Überholmanöver. Es war ein recht unübersichtliches Rennen, welches erst einmal entschlüsselt werden musste. Dies hat einige klare Trends hervorgebracht, die einen großen Einfluss auf den Ablauf künftiger Rennen haben werden.

Nach vier Rennen unter den neuen Regeln und mit den neuen Reifen haben sich einige Muster heraus kristallisiert, welche Strategien in den Plänen der Teams aufkommen. Vor allem der Einsatz des verstellbaren Heckflügels nach dem Start stellt sicher, dass die eigene Taktik durchgezogen werden kann. Das Überholen wird per DRS wesentlich erleichtert, so können die Teams eher nach der am Computer ausgetüfftelten Strategie fahren.

5 bis 6 Sekunden Vorteil

Der Türkei GP hat allerdings auch aufzeigt, wie viel Zeit es kosten kann, wenn man im dichten Verkehr feststeckt. Das passierte Jenson Button im Istanbul Park. Gefährlich wird es vor allem, wenn man versucht, das Rennen mit einem Boxenstopp weniger als die Konkurrenz zu beenden. Der Türkei GP hat zudem gezeigt, dass es sich lohnt, für das Rennen einen frischen Satz der weichen Pirelli-Reifen aufgespart zu haben: Im Verlaufe eines normales Stints bringt das fünf bis sechs Sekunden Zeitvorteil.

Nico Rosberg hatte in Istanbul mit den Reifen zu kämpfen, Foto: Mercedes-Benz
Nico Rosberg hatte in Istanbul mit den Reifen zu kämpfen, Foto: Mercedes-Benz

Istanbul hat auch ans Licht gebracht, dass die Konzentration auf das eigentliche Rennen wichtiger ist, als das vorangegangene Qualifying. Es geht nicht nur ums Reifensparen, sondern darum, das richtige Setup für das Rennen zu finden. Aufgrund der Pirelli-Reifen gibt es zwischen Rennen und Qualifying große Unterschiede in der richtigen Balance des Autos. In der Vergangenheit war es beim Qualifying üblich, mehr auf den Frontflügel zu achten und das für das Rennen wieder zu ändern. Der Platz beim Qualifying bedeutete oftmals schon den Rang, den man später beim Rennen belegte.

Kompromisse in Kauf nehmen

Bei Red Bull liefen die Boxenstopps wieder einmal reibungslos..., Foto: Red Bull
Bei Red Bull liefen die Boxenstopps wieder einmal reibungslos..., Foto: Red Bull

Jetzt geht es darum, das Setup des Autos Reifen schonend anzusetzen, was allerdings nicht mit der Performance für eine schnelle Runde harmoniert. Deshalb geht es darum, die Reifen zu schonen und dafür Kompromisse in Kauf zu nehmen. So fokussierte sich Ferrari im Istanbul Park auf die Renn-Balance. Die Folge: Fernando Alonso und Felipe Massa fehlten beim Rennen der dringend nötige Satz zusätzlicher, frischer Reifen. Die Strategie von Alonso war zwar richtig, aber nicht perfekt.

Teamkollege Massa hatte hingegen bereits im ersten Qualifying-Segment einen Satz frischer, weicher Reifen verbraucht, obwohl dazu gar kein Grund bestand - schließlich war Kamui Kobayashi vorzeitig ausgeschieden. Kaum jemand im Fahrerlager verstand, wie Ferrari solch ein Fehler unterlaufen konnte.

... bei McLaren nicht. Das kostete Lewis Hamilton viel Zeit, Foto: Pirelli
... bei McLaren nicht. Das kostete Lewis Hamilton viel Zeit, Foto: Pirelli

Pirelli überrascht immer wieder

Inzwischen haben sich die Teams zwar an die neuen Reifen gewöhnt, doch die Mischungen sorgen immer wieder für Überraschungen. Nachdem die Strecke in Istanbul eingefahren war, lagen die Zeiten der harten und weichen Reifen plötzlich dicht beieinander: Die Differenz betrug nur rund drei Zehntelsekunden.

Der UBS Strategy Report zeigt: Beim Türkei GP war die Vierstopp-Strategie den Drei-Stoppern klar überlegen. Dabei hatten sich die meisten Teams zunächst auf drei Boxenstopps festgelegt. Früh zeigte sich allerdings, dass Autos auf frischen Reifen ihren Rivalen mit abgenutzten Pneus eindeutig überlegen waren. Der zusätzliche Stopp bot sich vor allem in der Türkei an, da die Boxengasse dort recht kurz ist und man deshalb weniger Zeit verlor.