82 Boxenstopps und unzählige Überholmanöver - beim Türkei GP war eine Menge Action geboten. Die von der FIA eingeführten Regeln entfalteten im Istanbul Park ihr volles Potenzial. Dank KERS, dem verstellbaren Heckflügel und den Pirelli-Reifen reihte sich beim vierten Rennen der Saison Überholmanöver an Überholmanöver. Positionswechsel en masse - teilweise war es schwierig, den Überblick zu behalten.

Die Meinungen darüber waren allerdings gespalten. Mark Webber - für seine sonst so markigen Worte bekannt - wollte sich gar nicht erst zu dem Thema äußern. Doch schnell wurde klar, dass der Red-Bull-Pilot kein Anhänger der neuen Regularien ist. Das Argument der Gegner: Der eigentliche und ursprüngliche Charakter des Racings bleibt auf der Strecke; den Fahrern wird das Überholen zu leicht gemacht. Auf der anderen Seite stehen die, die sich für mehr Action aussprechen und die Spannung während der Rennen schätzen.

F1 ist eine Unterhaltungsbranche

Lotus Renault GP-Technikdirektor James Allison outete sich etwa als Fan der "neuen Formel 1". "Alles ist in bester Ordnung", meinte er. "Wir sind eine Unterhaltungsbranche und ich denke, die Regeln sorgen für unterhaltsame Rennen." Allison machte allerdings nicht nur KERS und DRS für die Zahl der Überholmanöver verantwortlich.

Vielmehr habe das Strecken-Layout sowie die variierenden Strategien der Teams für Spannung gesorgt. "Wir haben hier eine Strecke gesehen, die große Differenzen in Sachen Performance hervorbrachte: Der Reifenverschleiß war hoch und unterschiedliche Leute wählten verschiedene Strategien."

Horner über DRS

Piloten, die andererseits auf der gleichen Strategie unterwegs gewesen seien, hätten sich gegenseitig nicht so einfach überholen können, meinte Allison. "Es gab viele Runden, auf denen Fahrer lange hintereinander festhingen. Ich denke, die FIA hat es ziemlich genau getroffen", fügte er hinzu. Zahlreiche Kritiker prangerten hingegen an, dass vor allem der verstellbare Heckflügel das Überholen nicht mehr zu einer Herausforderung mache. Teilweise sah man, wie Fahrer scheinbar mühelos - und völlig vorhersehbar - auf der Gerade im Istanbul an ihren Rivalen vorbeizogen.

"Man könnte argumentieren, dass das Überholen vielleicht ein bisschen zu einfach war", dachte auch Christian Horner. "Es hat ein Element weggenommen". Der Red-Bull-Teamchef war allerdings der Ansicht, dass das DRS im Gegenzug ein anderes Element der Formel 1 hinzu gefügt habe. "Die Fahrer müssen wirklich hart arbeiten, um auf eine Sekunde heranzukommen, um den Flügel einsetzen zu können."

Verkehr bereitet keine Sorgen mehr

Sam Michael sah einen weiteren Vorteil, den das DRS mit sich bringt. "Es bedeutet definitiv, dass man die optimale Strategie fahren kann, weil man sich keine Sorgen mehr um den Verkehr machen muss", war der Williams-Technikchef überzeugt. "Aber genau darum ging es eigentlich. Ich denke trotzdem, dass der verstellbare Heckflügel eine Begünstigung für den Sport darstellt."

Zudem wollte er den DRS-Effekt nicht überbewerten, sondern auch die Pirelli-Reifen erwähnen. So würde auch DRS nicht helfen, wenn ein Fahrer auf 15 Runden alten Reifen unterwegs sei, wenn ein anderer mit frischen Pneus heran rauscht. Man darf jetzt schon gespannt sein, welche Meinung nach dem nächsten Grand Prix in Spanien im Fahrerlager vorherrscht. Die F1 bleibt 2011 eine Wundertüte.