Was hatten sich Mercedes im Laufe der vergangenen Wochen alles vorwerfen lassen müssen - der neue MGP W02 sei zu langsam, die Entwicklung ginge nicht richtig voran, die Konkurrenz wäre den Stuttgartern schon weggezogen. Ob sich daran nach dem zweiten Tag der Testfahrten in Jerez etwas ändern wird?

Der Mercedes-Bolide ließ die Konkurrenz einfach mal stehen und erzielte mit Michael Schumacher hinterm Lenkrad die beste Zeit: Nach 1:20,352 Minuten überquerte der Rekord-Champion bei den ersten Läufen am Vormittag die Ziellinie. Ein Fingerzeig von Mercedes an die Konkurrenz, der wohl auch forciert wurde - offenbar war der 42-Jährige mit recht leerem Tank unterwegs. Trotz der Bestzeit brauchte der Silberpfeil einige Runden, um wieder an solide Zeiten heranzureichen. Im Schnitt war Mercedes eine Sekunde langsamer als Red Bull. Mark Webber witzelte bereits in der Boxengasse: "Da musste Schumacher wohl etwas für Deutschland tun."

Massa bekommt den Fleiß-Orden

Bei sonnigen 18 Grad auf dem Circuito de Jerez sicherte sich Felipe Massa im F150th Italia die zweitschnellste Zeit - nur sechs Hundertstel hinter Schumacher. Damit bestätigte der Ferrari-Pilot seine starke Leistung vom Vortag, als er die Bestzeit einheimste. Im Vordergrund standen Tests mit den vier neuen Pirelli-Mischungen, Longruns folgten am Nachmittag. Dabei zeigte er sich als äußerst testfreudig: Mit 116 gedrehten Runden war Brasilianer der fleißigste im Starterfeld, gefolgt von Mark Webber mit 113 und Schumacher mit 112 Runden.

Heckansicht von Michael Schumachers Arbeitsgerät, Foto: Sutton
Heckansicht von Michael Schumachers Arbeitsgerät, Foto: Sutton

Jenson Button (1:21,009 Minuten) pilotierte seinen McLaren auf den dritten Platz. Bereits am Vortag war der MP4-26 dank des U-förmigen Seitenkastens und dem versteckten Abgas-System ein beliebtes Gesprächsthema in der Boxengasse. Am Vormittag standen vor allem System-Checks bei den Briten im Vordergrund, am Nachmittag folgten ein paar Longruns, die aber nie länger als sieben Runden andauerten.

Alguersuari - erst Abflug, dann Überraschung

Etwas überraschend landete Jaime Alguersuari (1:21,214 Minuten) mit dem STR6 auf dem vierten Platz der Zeitentabelle. Dabei hatte der Toro-Rosso-Pilot für die erste Unterbrechung der Session gesorgt, nachdem er im Kiesbett gelandet war. "Wir haben ein besseres Verständnis für die Reifen bekommen", so Alguersuari. "Außerdem habe ich mich mit KERS und DRS auseinandergesetzt - das ist nicht so kompliziert, wie ich dachte." Für die zweite Rote Flagge sorgte Renaults neue Nummer eins, Vitaly Petrov (9., 1:22,493 Minuten) - auch er setzte den R31 in den Schotter.

Platz fünf ging an Mark Webber im Red Bull. "Das Auto lief sehr ordentlich und wir lernen immer weiter", sagte der Australier. "In Sachen Performance haben wir noch ein langen Weg vor uns, aber wir haben heute wieder viele Daten gesammelt."

Als Pechvogel des Tages entpuppte sich ganz klar Pastor Maldonado. Wie bereits am Vortag hatte Williams wieder mit argen Problemen zu kämpfen. Nach dem Heckflügel-Dilemma sorgte diesmal Ärger mit dem KER-System für einen ungewollten Aufenthalt in der Boxengasse.

Ein Tag zum Vergessen für Pastor Maldonado, Foto: Sutton
Ein Tag zum Vergessen für Pastor Maldonado, Foto: Sutton

Doch es kam noch viel schlimmer: Wieder auf der Strecke, verursachte Maldonado einen heftigen Crash, nachdem er mit dem gebeutelten FW33 in der Mauer gelandet war. Der Bolide war nur noch Schrott und musste von der Strecke transportiert werden. Zum Glück blieb der F1-Neuling unverletzt. Doch nicht nur Maldonado bereitete seinem Arbeitsgerät ein bitteres Ende. Gleiches galt für Sergio Perez (7., 1:21,857 Minuten) der seinen Sauber unfreiwillig in den Reifenstapeln parkte.

Team Lotus verabschiedete sich vorzeitig

Für die restlichen Deutschen lief es am zweiten Tag eher mittelmäßig. Adrian Sutil schaffte es im Force India nur auf Platz sechs. "Heute ging es für uns eigentlich erst richtig los, weil wir gestern quasi nur einen Shakedown hatten um zu schauen, ob die Systeme korrekt arbeiten", erklärte Sutil. "Für unseren ersten richtigen Renntag haben wir eine ordentliche Zeit hingelegt." Der 28-Jährige verriet, dass das Team abermals mit Problemen am Unterboden zu kämpfen habe, die man nur im eigenen Werk lösen könne.

Timo Glock fuhr seinen MVR-02 auf den achten Platz. "Wir haben heute zum ersten Mal den verstellbaren Heckflügel getestet", gab der Virgin-Pilot zu Protokoll: "Es wird interessant zu sehen sein, wie sich das Teil während der Rennen verhält. Ich verlasse Jerez mit einem guten Gefühl und kann es kaum erwarten, in Barcelona wieder ins Cockpit zu steigen." An den kommenden beiden Tagen kommt F1-Neuling Jerome d'Ambrosio zum Einsatz.

Für Team Lotus war der Tag schon vorzeitig beendet. "Wir konnten einige Runden fahren", sagte Jarno Trulli: "Dann mussten wir aufgrund eines technischen Problems aufhören, das nicht mehr rechtzeitig behoben werden konnte." Der Italiener spulte nur 40 Runden ab. Rechtzeitig zum Samstag, dem dritten Tag der Testfahrten, sollen die benötigten Teile geliefert werden.