Pro: Steht auf eigenen Beinen

von Stephan Heublein

In Faenza hat eine neue Zeitrechnung begonnen: In den vergangenen Jahren befand sich Toro Rosso immer in der vorteilhaften Position, das stetig besser werdende Chassis des Schwesterteams Red Bull Racing einsetzen zu dürfen und gleichzeitig von deren Weiterentwicklung zu profitieren. Dieser Kniff war 2010 nicht mehr erlaubt. Das Team musste sein Auto komplett selbst entwerfen und bauen.

Für Teamchef Franz Tost und Technikchef Giorgio Ascanelli bedeutete dies Schwerstarbeit - unter Zeitdruck und mit geringem Budget. Trotzdem wurden die Fabrik erweitert, die notwendigen Anlagen aufgerüstet, die Personalstärke erhöht und ein eigenes Formel-1-Auto entwickelt - das natürlich auf dem Vorgänger aufbaute und damit immer noch das schnellste Auto der Saison 2009, den RB5, als Basis hatte.

Toro Rosso baute das Chassis 2010 selbst, Foto: Sutton
Toro Rosso baute das Chassis 2010 selbst, Foto: Sutton

Unter diesen Umständen betrachtet verlief die Saison 2010 gar nicht einmal so schlecht für Toro Rosso. Beide Fahrer sammelten weiter Erfahrung, vermieden die Unfälle des Vorjahres und fuhren hin und wieder in die Punkte - mehr war in dem sehr konkurrenzfähigen Feld nicht möglich. Dass die Entwicklungsrate des Vorjahres mit den geringen Ressourcen nicht aufrecht erhalten werden konnte, war zu erwarten - so waren die Probleme mit dem eigenen F-Kanal keine große Überraschung.

Contra: Abgerutscht in die Belanglosigkeit

von Kerstin Hasenbichler

Der Sieg von Sebastian Vettel in Monza scheint ewig her zu sein, dabei liegt der Triumph des Deutschen auf Toro Rosso nur zwei Jahre zurück. Doch seit dem Weggang von Wunderknabe Vettel sowie Gerhard Berger geht es mit Toro Rosso langsam, aber stetig bergab.

Alguesuari und Buemi gut genug?, Foto: Sutton
Alguesuari und Buemi gut genug?, Foto: Sutton

2010 konnten Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari lediglich 13 WM-Zähler einfahren, wobei das neue Punktesystem die tatsächliche Schmach des kleineren Bruders von Red Bull ein wenig verschleiert. Fakt ist, dass nur die drei Neueinsteiger von HRT, Virgin und Lotus in der Konstrukteurswertung schlechter abgeschnitten haben als Toro Rosso.

Das kann keinesfalls der Anspruch eines Teams sein, das bereits einen GP-Sieg einfahren konnte. Der Rennstall war zwar 2010 erstmals auf sich allein gestellt und baute das Chassis ohne Red-Bull-Hilfe, aber das kann nicht als Ausrede bzw. Entschuldigung für alles herhalten.

Wieso Teamchef Franz Tost in der kommenden Saison weiterhin auf Buemi und Alguersuari setzt, bleibt wohl für ewig ein Geheimnis. Keiner der Beiden ist nur ansatzweise vom Schlag eines Vettel und während der Deutsche und selbst Sebastien Bourdais 2008 in die Top-10 fuhren, konnten die aktuellen Toro-Rosso-Piloten 2010 nur davon träumen.

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