1. - S wie Startaufstellung

Rechenspiele, Teamorderdiskussionen, Ungewissheit - all das interessierte Sebastian Vettel vor dem Finalwochenende in Abu Dhabi nicht. Er sagte sich: "Vor 40 Jahren hatten die Fahrer keine Taktik - sie haben einfach Vollgas gegeben." Genauso geht er beim WM-Finale ans Werk. Im Qualifying brachte ihm das die Pole Position - knapp vor Lewis Hamilton.

"Wir haben heute das Beste herausgeholt", freute sich Vettel. "Es war sehr eng und lag nicht viel Zeit zwischen mir und Lewis Hamilton." Aber nicht nur Vettel holte das Beste für sich heraus, auch sein Teamkollege tat ihm einen Gefallen und fuhr hinter Vettel, Hamilton, Fernando Alonso und Jenson Button nur auf Platz fünf. "Klar bin ich etwas enttäuscht, aber das Rennen liegt noch vor uns", machte sich Mark Webber Mut. "Wenn das Rennen nur eine Runde lang wäre, dann würde es nicht gut für mich aussehen, aber das Rennen dauert zwei Stunden, alles kann passieren."

Trotzdem hagelte es Kritik an seiner schwachen Vorstellung. "Webber hat sich mit dem fünften Startplatz nichts Gutes getan, besonders wenn er hinter Fernando Alonso steht", mahnte Niki Lauda. Der Australier startet als der schlechteste der Titelanwärter in das entscheidende Rennen.

2. - S wie Start

Schon am Start geht es um alles. Vettel muss sich gegen den heißen Hamilton behaupten, der von sich selbst sagt: "Ich habe nichts zu verlieren, kann nur gewinnen." Sprich: Seine minimale Titelchance spielt erst einmal keine Rolle, er möchte das Rennen gewinnen. "Ich habe keine Gefühle für irgendwen. Wir wollen für uns den besten Job machen, was andere machen, ist mir egal", sagte Hamilton. Die WM-Rivalen brauchen also nicht erwarten, dass er vor ihnen zurücksteckt.

Bei Alonso sieht das anders aus. "Warten wir die ersten zehn, zwanzig Meter ab und dann entscheide ich, ob es besser ist zu attackieren oder zu verteidigen", sagt der Spanier. "Wir müssen bedenken, dass die WM nicht in der ersten Kurve gewonnen wird - man kann sie dort aber sehr wohl verlieren."

Diese Gefahr sieht Niki Lauda nicht: "Hoffnungen gibt es genug, aber die Realität wird leider anders ausschauen", so der Österreicher. "Das ist reine Theorie. Es sind intelligente Rennfahrer, die alle versuchen, das Beste herauszuholen."

3. - S wie Strecke

Die Strecke in Abu Dhabi wird selten befahren und hat zudem eine sehr glatte Oberfläche. Was die Überholmöglichkeiten angeht, sind sich die Fahrer nicht einig. Michael Schumacher sieht beispielsweise einige, Robert Kubica hingegen nicht. "Ein großes Angebot an üppig bemessenen Auslaufzonen allein macht das Passieren eines Kontrahenten noch nicht einfacher, denn der Vorausfahrende kann seine Position leichter verteidigen", erklärt Kubica. "Wenn er seinen Bremspunkt verpasst, kürzt er einfach über die Kurveninnenseite ab und bleibt trotzdem vorn."

Mark Webber hatte vor allem im Mittelsektor Probleme. "Im zweiten Sektor kommt es auf die Gerade an, aber auch darauf, den richtigen Schwung auf die Gerade mitzunehmen", sagte Webber. "Wir müssen jetzt herausfinden, ob es an meiner Performance oder an der des Autos lag. Ich konnte einfach nicht die Zeit herausholen und war in Q2 schneller als in Q3." Helmut Marko machte aber auch in der ersten Kurve Defizite aus: "Er verlor in Kurve eins zwei Zehntel", verriet Marko.

4. - S wie Strategie

Das große Fragezeichen sind die Reifen. Im Fahrerlager herrscht keine Einigkeit darüber, ob die weichen oder die harten Reifen besser sind und wie lange beide Mischungen halten. Nico Rosberg fand zum Beispiel, dass die harten Reifen am kühlen Abend besser funktionieren, konnte sie aber nicht im Q3 einsetzen, weil er dann damit hätte starten müssen. "Das wäre ein strategisches Desaster gewesen", so Rosberg

Mark Webber kommt aus dem Hintergrund, Foto: Sutton
Mark Webber kommt aus dem Hintergrund, Foto: Sutton

"Es wird die Frage sein, wer kann wie lange mit den weichen Reifen fahren, bevor sie zerfallen", analysiert Marko. "Unser Auto ist normalerweise gut auf weich." Diese Ansicht bestätigt Christian Horner: "Die weichen Reifen werden eine Schlüsselrolle spielen. Allerdings sahen wir gestern auf den weichen Reifen ganz gut aus."

Jenson Button setzt Red Bull hingegen unter Druck. Er glaubt, dass sie vielleicht Aufwärmprobleme haben könnten, weil sie im Q3 nur einen Versuch mit den weichen Reifen fuhren. "Wenn es so ist, dann werden das aufregende erste Runden", sagte Button. So oder so ist sich Hamilton sicher: "Es geht darum, wie man auf die Reifen achtet. Je weiter man vorne ist, desto leichter hat man freie Fahrt und kann sie schonen."

Am Ende des Feldes herrscht übrigens eine andere Ansicht über die Reifenmischungen vor. "Wir werden den weichen Reifen eher zum Schluss fahren, wenn die Temperaturen runtergehen und auch mehr Grip auf der Strecke ist", meint Christian Klien. Unterstützung erhält er von Adrian Sutil: "Ich halte es für möglich auf harten Reifen zu starten", sagt der Force-India-Pilot, der aber auch auf den weichen Reifen keine Probleme erwartet. "Ich bin drei Runden im Qualifying damit gefahren und hatte nicht das Gefühl, dass sie schlechter wurden."

5. - S wie Sonntagswetter

Am Freitagmorgen mussten die Teams tatsächlich die Intermediates aus den Reifenwärmern holen - es hatte in der Wüste geregnet! Mancher Beobachter und sogar Fahrer fragte sich sogar scherzhaft, ob Bridgestone überhaupt Regenreifen mitgebracht habe... Im Rennen werden diese sicher nicht benötigt: 10% Niederschlagsrisiko - mehr sehen die ausgedörrten Wetterfrösche nicht.

6. - S wie Stallregie

"Man sieht, wie schnell sich Stallregie als überflüssig erweist", sagte Red Bull-Berater Helmut Marko nach dem Qualifying mit einem gewissen Wohlwollen. Seit Wochen wurde über nichts anders diskutiert, als eine mögliche Stallregie von Sebastian Vettel zugunsten von Mark Webber. Doch plötzlich könnte es sogar umgekehrt kommen!

Sollte Webber im Rennen vor Alonso landen, würde er damit seinem Teamkollegen helfen. "Es braucht nur Alonso einen schlechten Start haben oder in Kurve eins von der Strecke kommen, dann dreht sich das Bild um", prophezeit Alexander Wurz. "Dann muss Webber Sebastian helfen. Das spielt wieder in Richtung Red Bull, keine Stallorder auszusprechen."

Sebastian Vettel greift Fernando Alonsos Führung an, Foto: Sutton
Sebastian Vettel greift Fernando Alonsos Führung an, Foto: Sutton

Eine Kollision schließt Nick Heidfeld aus. "Er wird ihn mit Sicherheit nicht abräumen, aber er wird sicher probieren, vorbeizukommen", so der Sauber-Pilot. "Gleichzeitig könnte es ja auch ihm helfen, sollte Sebastian plötzlich ein Problem bekommen. Es ist nicht viel Taktik, sondern einfach Vollgas."

7. - S wie Spannung

Vollgas. Diesem Motto hat sich auch Lewis Hamilton verschrieben. Er kündigte schon am Donnerstag an, dass er so aggressiv fahren werde wie noch nie. In Monza und Singapur ging das in dieser Saison schon zwei Mal schief - eine Kollision ist also nicht ganz auszuschließen!

"Ich werde rausgehen, um zu gewinnen, was danach passiert, ist mir egal", sagt Hamilton. Den Speed dafür glaubt er zu haben. "Vom Training her kann ich sagen, meine Long-Run-Pace war gut. Es sieht so aus, als sind wir schneller als andere und etwa gleich schnell wie Red Bull."

Bei einem normalen Rennverlauf sieht Christian Danner Fernando Alonso als Weltmeister die Strecke verlassen. "Aber wird es einen normalen Lauf nehmen?", fragt er. "Es kann in der ersten, zweiten oder dritten Haarnadel einen Unfall geben. Es kann alles passieren. Bei jedem könnte es einen Motorschaden geben. Es ist noch alles offen."

Alex Wurz sieht deshalb schon jetzt nur einen großen Gewinner: "Der erste und wirkliche Sieger an diesem Wochenende ist der Zuschauer. Das steht fest, denn es ist ein echtes Hollywood-Drama." Oder wie Mark Webber sagt: "Die fette Lady hat nicht gesungen."