James, können Sie kurz das Grundprinzip der Windkanal¬arbeit erklären?
James Allison: Wir stellen ein maßstabsgetreues Modell unseres Autos mit allen geplanten Anbauteilen in den Windkanal - meistens im Maßstab 1:2 oder etwas größer. Dieses Modell wird dann mit hohen Windgeschwindigkeiten angeblasen und wir messen, an welchen Stellen welche Kräfte wirken.

Wie werden diese Kräfte denn erfasst?
James Allison: Das funktioniert im Prinzip genauso, als wenn wir uns auf die Waage stellen. Wir wiegen das Modell mithilfe von elektronischen Waagen unter dem Auto bei Windstille und dann noch einmal, wenn die gewünschte Windgeschwindigkeit erreicht ist. Die Differenz zwischen diesen beiden Messungen ist die Kraft, die der Wind ausübt, sprich: der Abtrieb, den das Auto generiert. Grundsätzlich suchen wir immer nach der maximalen Downforce bei minimalem Luftwiderstand.

Mit welchen Modell-Maßstäben arbeitet der Windkanal von Renault F1 in Enstone?
James Allison: Das Reglement erlaubt maximal 60-Prozent-Modelle, was etwa einem Maßstab von 1:1,6 entspricht. Einige Teams testen ausschließlich mit 50-Prozent-Modellen. Vier Tage pro Jahr dürfen wir 1:1-Modelle beziehungsweise unsere echten Rennwagen in den Windtunnel stellen.

Woraus bestehen die Windkanal-Modelle?
James Allison: Die innere Struktur, die das Modell wie ein Knochengerüst abstützt, wird aus Stahl und Aluminium gefertigt. Die Außenhaut besteht aus unterschiedlichen Materialien wie Kohlefaser oder Aluminium. Aber die meisten Komponenten der Karosserie sowie die aerodynamischen Anbauten sind Kunstharz-Teile, die wir maschinell auf unseren Rapid-Prototyping-Bearbeitungszentren herstellen.

Wie viele Stunden läuft der Windkanal pro Tag?
James Allison: Das Gebäude, in dem er untergebracht ist, ist Tag und Nacht in Betrieb. Die Herausforderung besteht darin, so viele produktive Testreihen wie möglich in die 24 Stunden eines Tages einzubauen. Allerdings sieht das Reglement eine Höchstzahl von 60 Betriebsstunden pro Arbeitswoche vor.

Wie arbeiten das Windkanal-Team und die Kollegen aus dem CFD-Rechenzentrum von Renault F1 zusammen?
James Allison: Die beiden Technologien ergänzen sich perfekt. In der virtuellen Welt der Strömungssimulation - dafür steht ja CFD - können wir den Luftfluss über das Auto visualisieren. Im Windkanal bleibt dieser Fluss unsichtbar. In den CFD-Programmen probieren wir Formen und Konzepte aus und können uns ein Bild davon machen, was gut funktioniert und was nicht. Anschließend nutzen wir den Windkanal, um sicherzustellen, dass uns CFD nicht auf eine falsche Fährte gelockt hat.