Obwohl Ferrari im Stallregie-Skandal von Hockenheim ohne eine weitere Strafe davon kam, kam der FIA-Weltrat in seinem Urteil zu dem Entschluss, dass Ferrari eine Teamorder anwendete. Die Funkaufzeichnung beweise, dass Fernando Alonso seinen Ingenieur unter Druck gesetzt habe.

Er sagte: "Jungs, ich bin viel schneller." Sein Ingenieur antwortete: "Verstanden, wir sind dran, mach dir keine Sorgen." Felipe Massas Ingenieur funkte danach an seinen Fahrer: "Du musst die Lücke zu ihm aufrechterhalten, du weißt Bescheid." Zwischen Runde 44 und 49 wurde die bekannte Aussage "Fernando is fast than you, confirm you understood the message?" vier Mal wiederholt.

Das Urteil besagt deshalb: "Für den WMSC ist dadurch klar, dass eine Stallregie angewendet wurde, die einen Verstoß gegen den Artikel 39.1 des Sportlichen Reglements darstellt." Damit sei das Ergebnis des Rennens beeinflusst worden. Der WMSC akzeptiere jedoch, dass in den vergangenen Jahren einige Beispiele als Teamorder angesehen werden könnten. Dies habe Ferraris Herangehensweise beeinflussen können. Aus diesem Grund soll die Regel neu überdacht werden.

Die Anklage der FIA

Die Aussage Ferraris, dass Alonso schneller als Massa gewesen sei, ließ sich in den Augen der Anklage nicht bestätigen. Kurz vor dem Funkspruch hätten beide Fahrer ihre Motorendrehzahl verringert, Alonso habe diese danach aber wieder erhöht. "Alonso profitierte also in den Momenten vor dem Überholmanöver von einem Leistungsvorteil über Felipe Massa."

Die Anklage schlug deshalb drei Strafen vor: Die Strafe von 100.000 Dollar beizubehalten, eine 5-Sekunden Zeitstrafe für Alonso und einen Abzug der Fahrer- und Teampunkte für den Deutschland GP - allerdings auf Bewährung für den Rest der Saison. Ohne weiteres Vergehen wäre die Strafe zurückgezogen worden.

Die Strafe von Hockenheim bleibt bestehen, Foto: Sutton
Die Strafe von Hockenheim bleibt bestehen, Foto: Sutton

Angesichts der Unklarheit rund um das Stallregieverbot unterstützt der WMSC die Strafe der Rennkommissare von Hockenheim, verschärft diese jedoch nicht. "Während der Anhörung wurde klar, dass die Fahrer nicht bestraft werden sollten", heißt es in der Urteilsbegründung der FIA. "Angesichts der Unklarheiten in den Regeln wäre eine Erhörung der Strafe nicht angebracht."

Die Ferrari-Verteidigung

Ferrari baute seine Verteidigung auf den bereits bekannten Aussagen auf: Das Team habe Felipe Massa nur Informationen gegeben, auf deren Basis er sich freiwillig dazu entschieden habe, Fernando Alonso im Sinne des Teams vorbeizulassen. Aus diesem Grund handele es sich nicht um eine Stallregie, da vom Team kein Befehl an Massa gegeben wurde, Alonso vorbeizulassen.

Gleichzeitig habe man damit verhindert, dass die beiden Teamkollegen kollidierten. Zudem betonte Ferrari, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen "Stallregie" und "Teamstrategie und Taktik" gebe. In Hockenheim habe es sich um "Teamstrategie und Taktik" gehandelt. Da zum besagten Zeitpunkt der Funksprüche noch 18 Runden zu fahren waren, sah Ferrari auch keine Beeinflussung des Rennergebnisses.

In seiner Verteidigung führt Ferrari drei Beispiele potenzieller Stallregie auf, die zu keiner Bestrafung führten: Den Deutschland GP 2008 (als Heikki Kovalainen Lewis Hamilton 9 Runden vor Ende kampflos passieren ließ), den Türkei GP 2010 (als Mark Webber und Sebastian Vettel kollidierten, weil Webber den Deutschen nicht passieren ließ) und noch einmal den Türkei GP 2010 (als Lewis Hamilton und Jenson Button vom Team angewiesen wurden, "Benzin zu sparen", was als Stallregie interpretiert werden könnte). Dabei erhielt Ferrari Unterstützung von Peter Sauber und Frank Williams, die jeweils einen Brief schrieben, in dem sie das Risiko einer Kollision darlegten.

Ferrari habe die 100.000 Dollar Geldstrafe nicht verstanden, sich aber im Sinne des Sports dazu entschlossen, nicht gegen die Entscheidung der Stewards in Berufung zu gehen - auch um nicht neben der WMSC-Untersuchung zusätzlich eine Berufungsverhandlung zu haben. "Ferrari erklärte, dass jede zusätzliche Strafe ungerecht wäre", heißt es in der FIA-Urteilsbegründung.

"Die Entscheidung der Rennkommissare veränderte das Rennergebnis nicht, was zweifelsohne einen gewissen Grad an Realismus zeigt, gerade angesichts der anspruchsvollen Natur der Regel und der Schwierigkeiten, sie durchzusetzen", heißt es weiter.