"Fuji wird mir immer in Erinnerung bleiben", sagt Bernd Mayländer. Vom Start weg führte er den Japan GP 2007 für 19 Runden an. Viel zu sehen war von dem silbernen Mercedes allerdings nicht - dafür waren die Wetterbedingungen zu schlecht. Nur allzu leicht hätte etwas schief gehen können. Wegen zu starken Regens wurde das Rennen hinter dem Safety Car gestartet. "Ich bin bei Regen 19 Runden am Stück am Limit gefahren", erinnert sich Mayländer. "Es war mein eigenes F1-Rennen."

Am Ende der 19. Runde bog der Safety Car Pilot in seinem CLK 63 AMG an die Box ab und gab den Grand Prix endlich frei. Nach einem Unfall von Fernando Alonso in einem anderen silbernen Auto mit Mercedes-Motor musste Mayländer zwischen Runde 42 und 49 noch einmal ausrücken.

Ähnlich viel zu tun hatten Mayländer und sein Beifahrer Pete Tibbetts in der ersten Saisonhälfte 2010. Die beiden größten Unterschiede waren: die Sicht war selbst im Regen von China viel besser als damals und Mayländer saß am Steuer eines brandneuen Mercedes-Benz SLS AMG Safety Cars. "Es wäre interessant zu sehen, wie viel schneller ich mit dem SLS unter den Bedingungen von Fuji 2007 wäre", stellt Mayländer einen hypothetischen Vergleich in den Raum. "Aus Sicherheitssicht brauchen wir so etwas natürlich nicht noch einmal", schiebt er nach. Aber Rennfahrer bleibt eben Rennfahrer.

An seiner Aussage wird deutlich, wie viel Spaß der ehemalige DTM-Pilot an seinem neuen Arbeitsgerät hat. Zum ersten Mal sah er das Auto kurz vor dessen Weltpremiere auf der Internationalen Automobilausstellung. Im November 2009 gab er erstmals bei Testfahrten im neuen Safety Car Gas. "Der SLS ist ein phänomenales Fahrzeug", sagt Mayländer, der sich stets wie ein kleines Kind auf die Safety Car Proberunden am Donnerstag vor jedem Grand Prix freut. "Die Vorfreude das Auto zu fahren, ist extrem groß - egal ob auf der Straße oder auf der Rennstrecke."

Beim Einsatz in Valencia wurde das Mercedes Safety Car sogar von einem Mercedes überholt..., Foto: Sutton
Beim Einsatz in Valencia wurde das Mercedes Safety Car sogar von einem Mercedes überholt..., Foto: Sutton

Das kommt nicht von ungefähr: "Der SLS ist das schnellste Safety Car, das jemals vor der Formel 1 hergefahren ist." Der Vorgänger vom Typ SL 63 AMG sei auch supersportlich und schnell gewesen, aber der Flügeltürer vertritt eine neue Generation. Das Wichtigste daran: das Auto ist sicher. Schnell, aber einfach zu fahren, auch und gerade in Extremsituationen. Davon gibt es in der F1 genügend.

Mayländer muss darauf achten, dass er selbst bei schwierigsten Bedingungen nicht zu langsam fährt. "Während einer Safety-Car-Phase ist die Geschwindigkeit das Wichtigste", erklärt er. Mayländer muss den Spagat schaffen, das Tempo so zu drosseln, dass keine Gefahr besteht, er aber dennoch schnell genug fährt, damit die F1-Motoren nicht wegen mangelnder Kühlluft überhitzen, die Bremsen nicht zu stark abkühlen und der Reifendruck nicht zu sehr nachlässt.

Das Safety Car sieht oft langsamer aus als es ist. "Ein F1-Fahrzeug ist im Schnitt zwischen 35 und 55 Sekunden schneller pro Runde, je nach Streckenlänge", rechnet Mayländer vor. Grob gesagt könnte ein F1-Bolide das Safety Car spätestens alle drei Runden überrunden. Angesichts dieser Zahlen kommt selbst Mayländer ins Staunen: "Es ist unglaublich, wie schnell ein F1-Fahrzeug ist!"

Dabei hat der Schwabe mit dem SLS in dieser Saison noch mehr Pferdestärken unter der Motorhaube. Das schnellste F1-Safety Car aller Zeiten mobilisiert 571 PS und beschleunigt in nur 3,8 Sekunden auf 100 km/h. Trotzdem ist es ein reinrassiges Serienfahrzeug. Motor, Kraftübertragung, Performancefahrwerk, Keramikbremsscheiben - alles wie bei der Straßenversion.

Die einzigen Unterschiede sind die leistungsstarke Lichtanlage auf dem Dach und die Kommunikationsmittel im Cockpit. Mayländer und Tibbetts stehen per Funk mit der Rennleitung in Kontakt, können auf zwei Monitoren das TV-Bild, die Zeitnahme, die digitalen Flaggensignale, die GPS-Positionen aller Autos und die Bilder der neuen Rückfahrkamera verfolgen. Letztere ist für Mayländer noch Neuland. "Als Rennfahrer hat man immer den Rückspiegel im Kopf", sagt er.

Sein Beifahrer behält das Feld im Auge, er konzentriert sich aufs Fahren. "Ich schaue mehr nach vorne als nach hinten", meint Mayländer und fügt scherzhaft hinzu: "Pete hat mittlerweile so viel Vertrauen zu mir, dass er mehr nach hinten als nach vorne schaut." Ein besonderes Bild bot sich Mayländer zu Saisonbeginn: "Ich habe in den Rückspiegel geschaut und viele Mercedes hinter mir gesehen."

Mehr über das Safety Car lesen Sie in der Juni-Ausgabe des Motorsport-Magazins, Foto: adrivo Sportpresse
Mehr über das Safety Car lesen Sie in der Juni-Ausgabe des Motorsport-Magazins, Foto: adrivo Sportpresse

Mit je zwei Autos von Mercedes GP, McLaren Mercedes und Force India ist das gar nicht einmal so ungewöhnlich - manchmal fährt sogar einer unerlaubt vorbei. Noch schöner ist es für Mayländer aber, wenn er gar nicht zum Einsatz kommt. "Es ist das beste Gefühl, wenn ich in der Boxengasse stehe und das Rennen relaxt anschauen kann." Das sind aus seiner Sicht die besten Rennen - bis es zum nächsten Mal aus dem Funk heißt: "Safety Car Go!"

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