Steve, nach Platz sechs beim Grand Prix der Türkei war die Enttäuschung bei Renault F1 groß, nach Rang sieben in Kanada ist sie weiter gestiegen. Ist das Ausdruck Ihrer gewachsenen Erwartungshaltung?
Steve Nielsen: In Montreal haben wir noch einmal schmerzvoll lernen müssen, wie du in der Saison 2010 einen Grand Prix zu bestreiten hast: Alles entscheidet sich mit deinem Ergebnis im Qualifying sowie der Qualität deines Starts und deiner Boxenstopps. Wir haben am vergangenen Wochenende im Qualifikationstraining nicht das Maximum aus dem R30 herausgeholt. Dadurch wurde die Aufgabe im Rennen größer, als sie hätte sein müssen.

Robert Kubica war nur einer von drei Fahrern, die das Top-Ten-Qualifying mit den härteren Prime-Reifen bestritten - in der Hoffnung dadurch einen Vorteil im Rennen zu erhalten. Aber es kam anders...
Steve Nielsen: Fast alle anderen Teams hatten zu dem ein oder anderen Zeitpunkt im Rennen ebenfalls mit ihren Reifenentscheidungen zu kämpfen. Gleichzeitig gelang es ihnen aber, den Reifenverschleiß besser unter Kontrolle zu halten. Wir wissen, dass unser Auto schnell ist und sich stetig verbessert. Nach einem Wochenende wie in Kanada kann der nächste Grand Prix gar nicht schnell genug kommen, damit du die erlittene Enttäuschung vergessen machen kannst.

Vom Saisonbeginn an ist das Renault F1 Team sehr gut in Schwung gekommen. Kann dieses Momentum aufrechterhalten werden?
Steve Nielsen: Der Grand Prix von Kanada war der achte von 19 Saisonläufen. Wir sind bislang insgesamt gut unterwegs, ein Rennen kann daran grundlegend nichts ändern. Wir arbeiten eindeutig in die richtige Richtung, der R30 ist gleichermaßen schnell wie zuverlässig - auch wenn wir am vergangenen Wochenende nicht das Maximum aus unserem Auto herausholen konnten. Es liegen noch elf Rennen vor uns und wir entwickeln den R30 kontinuierlich weiter. Ich bin sicher, dass wir in Valencia ein besseres Ergebnis erzielen werden.

Robert Kubica bekam wieder Lob, Foto: Bridgestone
Robert Kubica bekam wieder Lob, Foto: Bridgestone

Tröstet es Sie, dass Mercedes in puncto WM-Platzierung kein Kapital herausschlagen konnte?
Steve Nielsen: In zwei der drei vergangenen Qualifyings waren wir schneller als beide Mercedes. Und obwohl die Dinge am Sonntag nicht für uns liefen, machten die Silberpfeile nur zwei Punkte auf uns gut. Der Schaden hielt sich also in Grenzen. Unser Rückstand auf sie beträgt nun 29 Punkte. Mit dem neuen Punktesystem und der Menge an noch ausstehenden Grand Prix haben wir allen Grund optimistisch zu sein, dass wir diese Lücke noch schließen können. Wir werden in Valencia wieder einige Neuentwicklungen am Auto haben, von denen wir uns eine weitere Verbesserung unserer Leistungsfähigkeit versprechen.

Wie groß ist die logistische Herausforderung, nach Kanada die Autos auf den Großen Preis von Europa vorzubereiten?
Steve Nielsen: Um ehrlich zu sein, war der schwierige Teil der, von der Türkei aus direkt gen Montreal zu starten. Die kommende Woche sollte deutlich entspannter werden, denn uns werden drei oder vier Tage zu Verfügung stehen, in denen wir die R30 in Enstone neu aufbauen können. Vor Kanada hatten wir dafür nur zwei Tage. Das Team ist gut eingespielt, deswegen sollte das kein Problem darstellen.

Was rechnen Sie sich für den Grand Prix von Europa aus?
Steve Nielsen: Wir reisen sehr optimistisch nach Valencia. Robert Kubica beeindruckt uns weiterhin mit seinen herausragenden Leistungen. Er quetscht auch den letzten Tropfen Performance aus dem Auto. Vitaly Petrov kann sein Rennen mit den Strafen, Boxenstopps und Blauen Flaggen unter der Rubrik 'Erfahrungen sammeln' einordnen. In der Türkei hat er gezeigt, dass er unter den richtigen Bedingungen absolut konkurrenzfähig ist. Auch wenn er es jetzt vielleicht noch nicht so sieht: Auch Grands Prix wie der kanadische tragen positiv zu seiner Entwicklung als Grand Prix-Pilot bei.