Liebe Motorsport-Magazin.com-Leser,

besser hätte der Zeitpunkt für meine erste Kolumne an dieser Stelle kaum sein können: Am vergangenen Wochenende war ich mit dem Formel 3 Cup im Rahmen des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring unterwegs. Die Atmosphäre rund um dieses legendäre Rennen kann ich mit einem Wort beschreiben: Unglaublich! Das Gefühl, vor so vielen Fans und Zuschauern Rennen zu fahren, ist unbeschreiblich. In meiner ersten Saison im Formel 3 Cup sind die Tribünen auf anderen Strecken zwar auch gut gefüllt, aber das lässt sich mit dem Spektakel am Nürburgring einfach nicht vergleichen. Viele Fans fragen sich, wie wir Rennfahrer auf diese Atmosphäre reagieren und heute möchte ich euch dazu einmal einen Einblick geben.

Grundsätzlich bekommen wir das Treiben auf den Tribünen gar nicht so richtig mit, wenn wir Rennen fahren. Als Pilot bist du voll fokussiert und blendest so ziemlich alles drum herum einfach aus. Was passiert gerade auf der Strecke, wo liegt der richtige Referenzpunkt, wie reagiert das Auto - du konzentrierst dich nur darauf. Es gibt aber trotzdem eine Situation, wo du im Augenwinkel manchmal mitbekommst, was abseits der Strecke passiert: Wenn du Richtung Start/Ziel und Haupttribüne einbiegst, erahnst du gelegentlich die vielen Blitzlichter, ausgelöst durch Kameras, auf den Tribünen - das sieht dann schon ziemlich spektakulär aus.

Marvin gewann sein 4. Saisonrennen am Nürburgring, Foto: F3V
Marvin gewann sein 4. Saisonrennen am Nürburgring, Foto: F3V

So richtig genießen kann ich die Atmosphäre vor allem während der Auslaufrunde. Ganz ehrlich: Wenn du im Formel-Auto sitzt, nach rechts und links schaust und die vollen Tribünen siehst, ist das es eine unglaubliche Motivation. Nach Rennende realisierst du dann wirklich, wie viele Leute dir gerade beim Rennfahren zuschauen - das schaue ich mir natürlich am liebsten vom Podium aus an... Am Nürburgring war das zweimal der Fall: Im ersten Rennen wurde ich Zweiter, der zweite Lauf wurde wegen des schlechten Wetters leider abgesagt, aber das dritte Rennen konnte ich gewinnen. Es war mein vierter Sieg im achten Rennen und zum sechsten Mal stand ich auf dem Podest - besser könnte es in meinem ersten Jahr in der Formel 3 kaum laufen.

Meine Erfolge am Nürburgring waren umso schöner, weil wir diese riesige Begeisterung all der Motorsport verrückten Fans hautnah spüren konnten. Klar, der Fokus der Fans lag vorrangig auf den Boliden, die bei den 24 Stunden am Start waren, aber auch unser Formel-3-Fahrerlager war richtig gut besucht. Wir waren übrigens im historischen Fahrerlager untergebracht, also an gleicher Stelle wie die Formel-1-Stars vor vielen, vielen Jahren. Das war ein cooles Gefühl, aber unsere Mechaniker waren nicht so froh: Sie mussten unsere Autos den ganzen Weg von dort bis hin zur Startaufstellung und wieder zurück schieben - bei den Fan-Massen war das keine einfache Aufgabe.

Marvin fährt für Top-Team Lotus im Formel 3 Cup, Foto: F3V
Marvin fährt für Top-Team Lotus im Formel 3 Cup, Foto: F3V

Für uns Fahrer war es natürlich super, im Rahmen der 24 Stunden fahren zu können, weil sich viele der Fans auch für unseren Formelsport interessieren und bei uns reinschnupperten. Viele fragten mich nach Autogrammen und Fotos und natürlich nahm ich mir gern die Zeit, den Wünschen nachzukommen. Es ist für mich immer wieder ein tolles Gefühl zu sehen, dass sich die Fans für den Sport und meine Person interessieren. Im Vergleich zu meinen Kart-Zeiten ist das Interesse der Fans viel größer geworden.

Die häufigste Frage, die mir die Fans immer wieder stellen, ist: 'Wann sehen wir dich in der Formel 1?' Ich kann euch sagen: Das ist eine ganz schön knifflige Frage und nicht einfach zu beantworten. Ich finde es zwar super, dass mir die Leute den Weg in die Formel 1 überhaupt zutrauen, aber vielen Anhängern fehlt verständlicherweise dieser hintergründige Einblick ins Motorsport-Business. Viele sehen nur die Formel 1, aber nicht die schwierigen Schritte dorthin. Ich versuche, ihnen dann den Weg zu erklären und was alles dahinter steckt. Ich kann ja nicht lügen und behaupten, dass ich in drei oder vier Jahren auf jeden Fall in der Formel 1 fahre - auch, wenn das keine Lüge sein muss, aber es gibt ja keinen festen Zeitplan.

Jetzt konzentriere ich mich erst einmal auf die laufende Saison. Nach drei Rennwochenenden - Oschersleben, Spa-Francorchamps und Nürburgring - innerhalb von vier Wochen gibt es eine kleine Verschnaufpause. Weiter geht es vom 7. bis 9. Juni am Sachsenring, wo ich als Führender der Meisterschaft hinreise. Ich hoffe, dass es weiter so gut für mich läuft und werde euch auf jeden Fall von meinen Erlebnissen berichten.

Bis bald