Am Ende nur ein Startplatz, aber immerhin zwei Zehntelsekunden und ein unausgeglichenes Fehlerkonto: Paul di Resta und Timo Scheider trennte beim gestrigen Qualifying trotz ähnlicher Ergebnisse einiges. Während der zweitplatzierte Schotte ein Qualifying ohne Zwischenfälle erlebte, blieb der drittplatzierte Meisterschaftsführende nach einem folgenschweren Fehler in Kurve eins nur mit Anstrengung in Schlagdistanz. "Die Startaufstellung hätten wir uns nicht besser wünschen können - sie bietet einige Brisanz", stellt Manuel Reuter fest. Brisanz sieht der motorsport-magazin.com DTM-Experte insbesondere auf Audi-Seite gegeben.

Risikofaktor Motorwechsel

So bezahlte Timo Scheider seine Flugeinlage über den Curb der ersten Kurve sowie den folgenden harten Aufschlag mit einem außerplanmäßigen Motorwechsel - ein Risikofaktor in vielerlei Hinsicht. "Das bringt nicht unbedingt Ruhe ins Team, und auch Timo wird dadurch nicht entspannter. Bei einem Motorwechsel kann man sich immer einen kleinen Fehler einbauen. Das größere Problem ist aber, das für den Austausch der gesamte Vorderwagen auseinander gebaut werden muss", gibt Reuter zu bedenken. "Es ist leicht passiert, dass der Frontsplitter anschließend wenige Millimeter verschoben ist. Und wir haben gesehen, wie kritisch Hockenheim in aerodynamischer Hinsicht ist."

Zum Testen der neuen Kombination aus V8-Aggregat und Fahrzeug bleiben Scheider und seiner Abt-Mannschaft nur 20 Minuten: "Wenn es im Warm-up nun nicht optimal für Timo läuft, bringt das zusätzliche Hektik ins Spiel." Während der finalen Aufwärmsession wird sich zeigen, ob die vorgestern so viel versprechende Performance des Audi-Piloten wiederholt werden kann: "Speziell Timo war am Freitag während seiner Long Runs auf einem eigenem Level - diese Pace konnte sonst niemand fahren. Auch im Frühjahr ist er ein gutes Rennen gefahren."

Nuancen entscheiden

Di Resta gibt sich gewohnt abgeklärt, Foto: DTM
Di Resta gibt sich gewohnt abgeklärt, Foto: DTM

Trotz der zuletzt konstant guten Starts von Timo Scheider: Im Duell der Nervenstärke sieht Manuel Reuter einen leichten Vorsprung für den Mercedes-Piloten. "Paul di Resta ist mental im Vorteil. Er steht vor Timo, weiß, was er kann und dass 'nur' gewinnen muss. Er hat einen Formel-1-Test hinter sich, ist mental im Hoch und spürt keinen Druck", gibt der frühere Opel-Pilot zu bedenken. Während sich Scheider inmitten des HWA-Quartetts befindet, hat di Resta sein Team geschlossen im Rücken. "Dennoch wird von Timos und Pauls Teamkollegen niemand eingreifen. Ich hoffe, dass hart, aber gesittet zur Sache geht."

Das Wetter, die besseren Boxenstopps, eine reibungslose erste Runde sowie Nuancen bei der Fahrzeugabstimmung: Entscheidend sind laut Reuter die kleinen Faktoren - und das fehlerlose Durchfahren der ersten Kurve über alle 37 Runden hinweg. Eine rote Linie am Kurvenausgang soll ein allzu ausgiebiges Nutzen der Auslaufzonen verhindern. "Ich gehe davon aus, dass die rote Linie in der Startphase außer Kraft gesetzt ist", kündigt Reuter an. "Für den weiteren Rennverlauf wissen die Fahrer, dass sie beim ersten Überfahren der Linie eine Verwarnung, beim zweiten Mal eine Durchfahrtsstrafe bekommen. Ich hoffe, dass die Rennleitung konsequent ist."