Schon am Donnerstagnachmittag pilgerte eine Gruppe unerschrockener DTM-Fans ins Fahrerlager des EuroSpeedway. Während in der Boxengasse die Aufbauarbeiten in vollem Gange waren, konnten sich die Fans an der Würstchenbude neben dem Parc Fermé verköstigen - Bernie Ecclestone wäre aus allen Wolken gefallen. Und wenn dann ein Fahrer den Weg von der Box zur Teamhospitality zurücklegte, war er sofort von Autogrammsammlern und Fotofreunden umringt. Kaum hatte der Fahrer die Tür ins Innere durchschritten, löste sich die Menschentraube im Nu in beide Richtungen auf - aber nicht am Samstagnachmittag.

Die offizielle Mercedes Autogramm- und Interviewstunde zieht hunderte von Fans an - keine Chance für Fahrer, Teammitglieder oder Journalisten, um aus der Hospitality in die Freiheit zu entkommen. "Es ist doch schön, wenn sich die Fans so für einen interessieren und mit einem identifizieren", hat sich Ralf Schumacher schon an die Fantrauben gewöhnt. Wie alle seine Kollegen bedeutet dies für ihn Fleißarbeit, und zwar schon eine Viertelstunde bevor die Fans von allen Seiten aufmarschieren.

Susie Stoddart, Paul di Resta und Maro Engel sitzen schwer beschäftigt an einem Tisch nahe am Eingang, vor ihnen liegt je ein dicker Stapel Autogrammkarten im Telefonbuchformat. "Ich habe meine Unterschrift schon angepasst", scherzt Maro. "Früher war da noch so ein Schnörkel dabei." Jetzt ist alles effizienter angelegt. "Dadurch spare ich bei jeder Unterschrift acht Hundertstel", lacht er. Ein glücklicher Fan kommt jedoch in den Genuss einer Karte mit der alten Unterschrift: die zirkelt Maro mit seinem Filzschreiber für uns zum Vergleich auf sein Portraitfoto.

Die Vorarbeit reicht jedoch nicht aus: einmal draußen bei den Fans angekommen, gilt es noch viel mehr Mützen, T-Shirts, Jahrbücher und ganze Fotoalben zu signieren. Drinnen flimmert derweil rot-weißes Konfetti über die Plasmabildschirme - der FC Bayern München wird gerade für den 21. deutschen Meistertitel geehrt, Oliver Kahn tauscht sein Trikot mit Schiri Markus Merk, Franz Beckenbauer vergisst sämtliche TV-Pflichten und Ottmar Hitzfeld vergießt die letzten Tränchen als Bayern-Trainer. Es hat also auch seine Vorteile, Gefangener in einer Hospitality zu sein - nur raus kommt man eben nicht.

Das wäre kein Problem gewesen, wenn der Regen später oder das Gewitter früher gekommen wären. Während des Qualifyings überlegte es sich der Wettergott noch und entlud die dunklen Wolken erst nach dem Zeittraining - vielleicht schickte er den Regen auch nach Oschersleben, um dort Michael Schumacher beim Zweiradfahren zu erleben. Kaum ist die Autogrammstunde vorbei, regnet es jedoch wie aus den berüchtigten Eimern. Dabei war die erste Sturmwarnung am Freitagabend umsonst durch das Fahrerlager geschallt - der Sturm blieb aus. Jedenfalls am EuroSpeedway. Statt Blitz und Donner gab es einen Brief von Max Mosley. Da wären wir gerne irgendwo weit entfernt davon eingesperrt gewesen - ohne den Brief versteht sich.

Der zweite Regen des Tages bedeutet auch die zweite Zwangsgefangennahme: diesmal gefangen in der Audi-Hospitality. Draußen flüchten sich Fans unter den Vorbau eines Teamtrucks, flitzen Teammitglieder hin und her - wer als Erster am Eingangscounter anschlägt, hat gewonnen. Das Wettrennen zur Box und wieder zurück wird nach einigen Minuten in der Schwierigkeit erhöht: 300 Meter Hürdenlauf - mit Sprung über Absperrbänder und den Wassergraben vor dem Hospi-Eingang. Selbst eine Rutscheinlage mit Kniefall fehlt nicht. Die schirmlosen Gefangenen wollen schließlich unterhalten werden.