Zum Saisonstart 2008, dem insgesamt 100. Rennen in der Geschichte der neuen DTM, schwelgt insbesondere Mercedes in Erinnerungen: Vor mittlerweile 20 Jahren schrieben die Stuttgarter mit ihrem werksseitigen DTM-Einstieg das erste Kapitel einer Erfolgsgeschichte. Nachdem das Auftaktrennen 2007 mit einem schweren Startcrash, taktischen Wirrungen und einem Doppelsieg eher unkonventionell verlaufen war, setzt insbesondere Mercedes auf die Fortführung alter Hockenheimer Traditionen - zu denen auch der obligatorische Benz-Sieg gehört. Doch nicht nur angesichts der neuen 2008er-Boliden ist die Reise nach Hockenheim eine Fahrt ins Ungewisse...

Altbekannter Asphalt

Die Spitzkehre lädt traditionell zu Überholmanövern ein, Foto: Audi
Die Spitzkehre lädt traditionell zu Überholmanövern ein, Foto: Audi

Während mit Spannung erwartet wird, wie sich die 2008er-Boliden sowie die zahlreichen Änderungen am Sportlichen Reglement bei ihrer Feuerprobe bewähren, gibt es neben zahlreichen Variablen nur eine Konstante: Der altbekannte Hockenheimring. Auf vergleichsweise schnellen 4,574 Kilometern gilt es wie immer, den besten Abstimmungskompromiss zwischen dem berüchtigten Karussell im dritten Sektor sowie der übrigen Strecke zu finden.

"Der Kurs zeichnet sich durch einen Mix aus langsamen und schnellen Kurven aus, zudem aus kurzen und sehr langen Kurven. Fahrerisch ist das auf jeder Runde eine schöne Abwechslung, aber man muss mit seinem Auto auch gut aussortiert sein", bestätigt Vorjahressieger Mattias Ekström. Zwar zeichnen sich die Läufe in Hockenheim meist durch eine hohe Dichte an Überholmanövern aus. "Für mich gibt es aber nur eine Kurve, die sich wirklich anbietet: Es ist die Spitzkehre."

Reglementarische Feuerprobe

Insgesamt gilt es in Hockenheim wie gewohnt 37 Runden zu absolvieren - womit das neu eingeführte Zeitfenster für die beiden Pflichtboxenstopps zwischen den Runden 13 und 25 liegen wird. Taktische Kuriositäten wie im vergangen Jahr sind damit nicht mehr zu erwarten: So war Ekström beim Saisonstart 2007 mit zwei frühen Boxenstopps im Mittelfeld untergetaucht, um am Ende zur Überraschung der meisten Zuschauer ganz an die Spitze gespült zu werden. Mit jeweils zehn Kilogramm Unterschied zwischen den drei Jahrgängen hat sich am Gewichtsreglement nur wenig geändert - anders als beim leidigen Thema Safety-Car-Phasen.

Anders als gemäß der letztjährigen Regelung bleibt die Boxengasse künftig nicht mehr geschlossen, bis das Safety-Car das Feld in der korrekten Reihenfolge sortiert hat. Eine Rückkehr zur bis 2006 bestehenden Regel, die motorsport-magazin.com DTM-Experte Manuel Reuter nur bedingt nachvollziehen kann. "Fädelt sich das Safety-Car nun beispielsweise auf Platz vier oder fünf ein, können die Führenden noch im Renntempo die Boxen ansteuern. Wieso diese unübersichtliche Regelung erneut eingeführt wurde, ist nicht nachvollziehbar", erläutert der frühere Opel-Pilot, der ein erneutes Durcheinander während der Gelbphase durchaus für möglich hält.

Mit Blick auf die mangelnden Erfahrung der Neulinge, aber auch auf die Eingewöhnungsphase der Routiniers an ihre neuen Boliden ist die Gefahr von Berührungen beim Saisonauftakt traditionell erhöht. So konnte auch die neue, "mildere" Boxenstoppstrafe rasch zu ihrem Debüt kommen. Sie sieht vor, dass die von der Rennleitung verhängte Strafzeit eingangs der Boxengasse abgesessen wird, anschließend jedoch noch die Boxencrew zum planmäßigen Boxenstopp angesteuert werden kann.

Ungewisses Kräftependel

Nachdem der letztjährige Audi A4 DTM mit einem Doppelsieg auf der "Mercedes-Strecke" zu Saisonbeginn für einen Paukenschlag sorgte, kehrten beim Saisonfinale mit Jamie Greens Sieg im HWA-Mercedes wieder die gewohnten Verhältnisse ein. Und obwohl sich der komplett neue A4 während der Tests durchaus viel versprechend präsentierte: Auch aus Sicht Manuel Reuters ist es für die Ingolstädter schwer, den Vorjahreserfolg zu wiederholen. "Speziell in Hockenheim und Oschersleben könnte für Audi der gleiche Effekt eintreten, wie ihn Mercedes mit der neuen C-Klasse im vergangenen Jahr erlebt hat."

Mit einem Mercedes-Sieg in Hockenheim endete die Saison 2007 traditionsgemäß, Foto: Sutton
Mit einem Mercedes-Sieg in Hockenheim endete die Saison 2007 traditionsgemäß, Foto: Sutton

So lief im vergangen Jahr der 2007er-Mercedes allen Pole Positions zum Trotz erst beim dritten Rennen auf dem EuroSpeedway Lausitz zur Höchstform auf: "Mit einem komplett neuen Auto ist es während der Anfangsphase der Saison mangels ausreichender Daten immer schwierig, das Optimale aus dem Gesamtpaket herauszuholen." Mit einer zumindest optisch radikal auf Abtrieb fokussierten Heckpartie dürfte auch der neue R14 nicht zu einem Topspeed-Wunder werden, wie es in Hockenheim durchaus nicht unvorteilhaft wäre. Titelverteidiger Mattias Ekström bleibt bescheiden: "Für uns ist es in Hockenheim immer schwer zu gewinnen. Ich gehe davon aus, dass das in diesem Jahr nicht anders sein wird."

Im gegnerischen Lager will derweil insbesondere Vizechampion Bruno Spengler den missglückten Saisonstart von 2007 vergessen machen, der später als schwere Hypothek auf ihm lastete: "Dieses Jahr muss ich von Anfang an viele Punkte holen, denn das ist sehr wichtig für die Meisterschaft." In Reihen der Jahres- und Gebrauchtwagen sind hingegen keine Überraschungen zu erwarten: So ist abzusehen, dass der Audi-Jahreswagen auch in Hockenheim eine härtere Konkurrenz für die Mercedes C-Klasse gleichen Jahrgangs darstellen wird als im letzten Jahr - während es die Gebrauchtwagen von Futurecom TME ohne direkte Konkurrenz von Mercedes doppelt schwer haben.

Debütantin Katherine Legge sieht dieses Schicksal gelassen. Ohnehin ist sie sich noch unschlüssig über ihre Performance. "Erst nach den ersten Rennen weiß ich, was ich in der DTM von mir erwarten kann", gibt sich die Britin für den Anfang bescheiden, setzt sich für den Rest des Jahres jedoch durchaus hohe Ziele: "Die Rennen beenden, in die zweite Session des Qualifyings kommen und vielleicht ein paar Punkte holen..."