Amerika. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das dachte sich auch Andreas Wirth, der lieber in den USA als in Europa sein Motorsportglück suchte. Bereits seit gut 15 Jahren reist der junge Deutsche regelmäßig in die Staaten. Zuerst in ein Ferienhaus seiner Eltern, dann als Rennfahrer in der Formel BMW USA, Formel Atlantic und der Champ Car Serie. "Die Mentalität der Menschen war mir also bekannt, als ich mich zu diesem Schritt entschieden habe", sagt uns Andreas, dem auch die etwas andere Art US-Motorsport gefällt.

"In Europa wird der Motorsport eher von der Politik, Kontakten und Geld bestimmt", kennt er die Schlüsselwörter im hiesigen Motorsport. "Das Talent spielt nicht immer die entscheidende Rolle." Natürlich brauche man im Rennsport überall Geld, aber in Amerika könne man noch mehr mit Talent erreichen als in Europa. Trotzdem wusste er vor seinem Wechsel über den großen Teich nicht, ob es klappen würde. "Zum Glück ging der Plan auf." Zumindest mit den ersten Schritten.

Die machte er in der Formel BMW USA, in die er nach einer verkorksten Saison in der deutschen Formel BMW wechselte. "Das war ein blöder Zufall", erinnert er sich. Bei einem Test in Hockenheim erfuhr er von der amerikanischen Serie, wofür er sich sofort begeistern konnte. "Allerdings war das keine einfache Sache: Ich befand mich im dritten Lehrjahr meiner Ausbildung und war noch nicht einmal alt genug, um in Amerika ein Leihauto zu bekommen." Er wagte es dennoch. "Das hat sich ausgezahlt. Ich habe die Formel BMW USA gewonnen und dadurch die Chance bekommen, für ein Atlantic-Team zu testen." Quasi das nordamerikanische Pendant zum F1-Test des Formel BMW-Weltfinalsiegers. Nur so kam er zu seinem Atlantic-Cockpit für die Saison 2005. Denn Geld, um sich ein Cockpit zu kaufen, hatte er nicht. "Ich musste kämpfen."

Bis zwei Rennen vor Saisonende kämpfte er sogar so gut, dass er noch Chancen auf die Meisterschaft in der Formel Atlantic hatte. "Leider habe ich mir bei einem ganz dummen Unfall drei Rückenwirbel gebrochen." Damit war das Jahr gelaufen. Der Kontakt zum Forsythe Team war seit seinem Belohnungstest für den Sieg in der Formel BMW USA nie abgerissen, jetzt sollten sich die Kontakte auszahlen: Wirth durfte 2006 für Forsythe starten. Sein Ziel war klar: "Ich bin angetreten, um die Meisterschaft zu gewinnen." Aber ab dem Wochenende in Toronto ging es bergab. Unfälle, äußere Einflüsse und technische Defekte warfen ihn im Titelkampf zurück.

Andreas Wirth will bald wieder jubeln., Foto: Sutton
Andreas Wirth will bald wieder jubeln., Foto: Sutton

Bei den letzten beiden ChampCar-Saisonläufen gab es zumindest eine kleine Entschädigung für das Pech in der zweiten Formel Atlantic-Saison. Wirth durfte für Dale Coyne zwei ChampCar-Rennen bestreiten. "Es sagt schon etwas aus, dass er nicht den Gewinner oder den Zweiten der ChampCar Atlantic Serie gefragt hat, sondern mir, dem Dritten, das Cockpit angeboten hat", sagt Andi stolz. Das neue Auto war Neuland für ihn, aber er hatte auch noch nie so viel Spaß an einem Rennen. "Das ganze Rennen hat so viel Spaß gemacht - es war einfach nur geil!" Das Adrenalin peitschte durch seinen Körper, die Müdigkeit und Anstrengung verflogen. "Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll - wenn man in so einem Auto drin sitzt, gibt es nichts anderes mehr."

Doch auf den Adrenalinkick folgte die kalte Dusche. Wirth bekam trotz aller guten Hoffnungen kein ChampCar-Cockpit für die Saison 2007. Stattdessen musste er sich mit der Rolle des Testfahrers und gelegentlichen Demonstrationsfahrten begnügen. "Damit ich nicht einroste, habe ich ein paar F3-Testtage eingelegt und bin viel Kart gefahren", sagt er. "Alles um rein popometermäßig fit zu bleiben." Auch in diesem Jahr hat Wirth schon einige Testtage hinter sich. Darunter auch welche in einem DTM-Boliden von Audi. Wie es weitergeht, weiß er noch nicht - wie so viele junge Fahrer zu dieser Jahreszeit. "Ich hoffe, dass es klappt, aber ich bin sicher, dass ich dieses Jahr in einem Cockpit sitzen werde." Nur die Rennserie ist noch offen. "So viel Pech wie letztes Jahr kann ich aber nicht noch mal haben." Dennoch drückt er jeden Tag fest die Daumen. Schaden kann das nicht, auch wenn er so gern im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist.