Ein großer Stein ist mir beim Saisonfinale vom Herzen gefallen - auf dem Hockenheimring habe ich endlich den lang ersehnten Sprung aufs Podium geschafft. Nachdem ich den ersten Podestplatz in den letzten Rennen immer wieder knapp verpasst habe, freue ich mich umso mehr, dass es mir beim Saisonfinale noch gelungen ist. Doch die beiden Tage zuvor empfand ich wie die Fahrt auf einer Achterbahn.

Beim ersten Freitagstest verteilte das Team wie gewohnt verschiedene Aufgaben unter uns vier Fahrern. Da wir bereits vom Saisonauftakt ein Basis-Setup hatten, mussten wir nur minimale Änderungen an den Fahrzeugen vornehmen. Für das zweite freie Training stand eigentlich der Long Run an - allerdings nicht für mich. An meinem Audi war ein technisches Problem aufgetreten, das wir in den 85 Testminuten ausmerzen mussten. Ein Rückschlag, den ich verkraften konnte, denn wenn einer meiner Teamkollegen gute Zeiten fährt, übernehme ich einfach seine Einstellungen. Ich kann meinen Fahrstil auch auf ein fremdes Setup gut einstellen.

Gleich mehrfach mussten Timo Scheider und seine Crew auf Fehlersuche gehen, Foto: Sutton
Gleich mehrfach mussten Timo Scheider und seine Crew auf Fehlersuche gehen, Foto: Sutton

Am Samstagmorgen ging es darum, das Fahrzeug auf das Qualifying und eine schnelle Runde abzustimmen. Zu Beginn hat das recht gut funktioniert, allerdings war ich am Ende nicht mehr ganz so zufrieden mit meinem Boliden. Es war in den nächsten Stunden für mein Team und mich nicht ganz einfach, bei der Abstimmungsarbeit noch die richtige Richtung zu finden - das war mehr ein Schuss ins Blaue.

Trotz alledem konnten wir im Qualifying unsere Performance auf den Punkt bringen - meine Zeit, die bis auf Position zwei reichte, hat sogar mich überrascht. Ich hatte zwar durchaus erwartet, dass wir Audi-Piloten weit vorne stehen werden. Aber dass wir zu dritt so eng beisammen an der Spitze standen, war ein fantastisches Gefühl. Das war die beste Ausgangsposition, die wir für den Kampf um den Meisterschaftstitel haben konnten. Allerdings war ich nach dem Warm Up mit Blick auf meine Fahrzeugperformance nicht mehr ganz so optimistisch. Dass mir der Long Run vom Freitag gefehlt hat, habe ich bei der Fahrt mit dem schweren Boliden festgestellt. An meinem Fahrzeug stellte das Team erneut ein mechanisches Problem fest. Wir hatten viel zu wenig Topspeed - und suchten vergeblich nach dem Grund.

So hatte ich ohnehin schon ein eher schlechtes Gefühl für den Nachmittag, doch noch schlimmer wurde es, als ich auf meinen beiden Installation-Laps auf dem Weg in die Startaufstellung weitere Probleme beim Handling bemerkte. Da dachte ich schon: Das Rennen wird für mich eine große Katastrophe. Zum Glück konnten mich meine Jungs jedoch schnell beruhigen: Ein schleichender Plattfuß war die Ursache. Da die Reifen in der Startaufstellung ohnehin gewechselt werden, waren das Problem und damit auch mein Pessimismus aus der Welt.

Mein Start war wenig später sehr gut; ich kam ohne Wheelspin von meinem Startplatz weg und schaffte es sogar, an Tom vorbeizuziehen. Allerdings traf ich in einem schlechten Winkel auf die erste Kurve und konnte dadurch viel weniger Schwung auf die Gerade mitnehmen als Tom. Er versuchte, mit seinem Geschwindigkeitsüberschuss in der zweiten Kurve wieder in Führung zu gehen - für mich verwunderlich, da die Reihenfolge zwischen uns Audi-Piloten zu diesem Zeitpunkt eigentlich geklärt war. Anschließend fuhren wir auf die Haarnadel zu, wo es, auch auf Grund des Überholversuchs von Tom, zu einem regelrechten Stau kam. Wir fuhren zu dritt nebeneinander - so konnte sich niemand sauber in der Spitzkehre einfädeln.

In dieser Situation habe ich nur auf Martin geschaut, um ihm nicht ungewollt im Weg zu stehen. Deswegen musste ich die Strecke über die Curbs verlassen und bin sogar hinter die Ludwig-Teller ausgewichen. Vorerst war damit der Weg für Martin frei - doch als ich der Grasnarbe immer näher kam, musste ich zurück auf die Strecke. Leider konnte ich im toten Winkel nicht sehen, dass sich neben Martin auch Jamie Green befand. Als ich zurück auf den Kurs kam, war die Strecke für uns Drei zu schmal: Martin war mitten im Sandwich aus mir und Jamie eingeklemmt, sein Bolide wurde in Mitleidenschaft gezogen - eine Situation, die ich leider nicht verhindern konnte. An Gary Paffetts Unfall konnte man sehen, was passiert wäre, wenn ich die Grasnarbe noch erwischt hätte. Martin sagte mir nach dem Rennen, dass mich an diesem Vorfall keine Schuld traf.

Zeitweise schirmte Timo Scheider Mattias Ekström nach hinten ab, Foto: Audi
Zeitweise schirmte Timo Scheider Mattias Ekström nach hinten ab, Foto: Audi

Während der folgenden Runden zeigte sich die Performance meines A4 DTM. Als ich kurz darauf auf Eki auflief, war ich zwar schneller, wusste aber,dass es galt, ihn gegen Spengler und Schneider nach hinten abzuschirmen. Wir haben über das ganze Jahr hinweg als Team so perfekt zusammengearbeitet, dass es für mich selbstverständlich war, so zu handeln. Später bog Eki zu seinem ersten Boxenstopp ab; ich hatte damit freie Fahrt und konnte mir einen Vorsprung erarbeiten, der mich nach meinem ersten Boxenbesuch vor Eki auf die Strecke brachte. Die Strategie des Teams war perfekt - und so lag ich am Ende des Rennens vor Paul Di Resta, Eki und Bernd Schneider. Die letzten Runden waren für mich eine neue Herausforderung:

Zum einen musste ich mich nach vorne orientieren, zum anderen aber auch das Geschehen im Rückspiegel verfolgen. Als ich in der letzten Runde sah, dass Eki genügend Vorsprung vor Spengler hatte, kam bei mir allmählich die Vorfreude aufs Podest auf. Richtig groß wurde die Freude, als ich auf die Start/Ziel-Gerade einbog und sicher sein konnte, dass ich auf dem Podium stehen werde. Zuletzt hatte es mich ziemlich genervt, immer wieder jemanden erklären zu müssen, warum und weshalb es schon wieder nicht für einen Podestplatz gereicht hat. Als ich gemeinsam mit Eki als neuem Meister auf dem Podium stand, wusste ich, wofür wir das ganze Jahr über gearbeitet hatten. Zum Ende hin hatte Mattias stark unter Druck gestanden - doch wie stark, habe auch ich erst realisiert, als er sich im Parc fermé auf den Boden setzen musste.

Auch für 2008 stehe ich bei Audi unter Vertrag - die Details werden in den nächsten Tagen und Wochen noch geklärt. Das Willi-Weber-Management hatte zuvor angefragt, ob ich bei der A1GP für das Team Deutschland antreten will - ein Angebot, das ich vor ein paar Tagen abgelehnt habe. Zunächst muss ich meinen Umzug hinter mich bringen, dann werde ich vielleicht das eine oder andere Kartrennen bestreiten. In einigen Wochen stehen bei Audi bereits die ersten Testfahrten an, bei denen ich hoffentlich ins Lenkrad greifen darf. Die Wintermonate werden eine sehr intensive Zeit, die noch härter sein kann als die Rennsaison...