Es hätte ein Spaziergang werden können: Von Position drei aus wollte Mattias Ekström mit Leichtigkeit an Tom Kristensen und Timo Scheider vorbeiziehen - was durchaus auch gelang. Auf freier Bahn und mit einem gewohnt schnellen Dienstwagen hätte er souverän den Sieg, und damit den Titel, nach Hause fahren wollen - ein Vorhaben, das in weite Ferne rückte. Ein allzu eifrig übersteuernder Audi A4 DTM machte Ekström das Leben schwer, ließ ihn hinter Jamie Green zurückfallen und seine Rundenzeiten in den Keller purzeln, nötigte ihn zum mühsamen Kampf gegen Bruno Spengler, Bernd Schneider und Co. Dass es dennoch mit Rang drei zum zweiten Titelgewinn reichte, sorgte für ein Gefühls- und Hormonchaos hinter der sonst so coolen Fassade des Schweden.

"Der Druck ist so groß, dass es ein tolles Gefühl ist, über die Ziellinie zu fahren und zu spüren, wie der Druck abfällt", versucht Mattias Ekström, seine Gefühle in Worte zu fassen. Nach Verlassen seines A4 DTM und ersten Gratulationen hatte der Schwede völlig überwältigt auf dem Boden gesessen - und versuchte, sich von der Anstrengung zu erholen: "Nun kann ich die Zeit wieder genießen. Man fährt 10.000 Kilometer im Auto, und dann machen Sekunden den Unterschied zwischen Meister und Zweitem aus. Wenn das jedes Jahr so wäre, würde ich nicht alt..."

Dabei war das eigentliche Rennen, abgesehen von einem allzu sehr übersteuernden Dienstwagen, kaum anstrengender gewesen als gewohnt. "Es war ein normal hartes Rennen, aber wenn all das Adrenalin plötzlich weggeht, ist das ein Gefühl, als hätte man ewig nichts mehr gegessen und getrunken. Die Beine werden weich, und die Gefühle sind extrem", beschreibt Mattias Ekström Chaos im Hormonhaushalt. Überwältigende Bilder spielten sich in den ersten Minuten als zweifacher Champion vor seinem geistigen Auge ab:

"Man denkt an all die Menschen, die tausende Stunden in die Arbeit von Audi und Abt Sportsline investiert haben. Wenn man sieht, wie sich all diese Menschen freuen, nur weil ich es noch über die letzte Runde und zum Titel geschafft habe, ist das unglaublich", gibt der langjährige Audi-Pilot seine Gedanken preis. Als wesentlich aufreibender als die Vorgeschichte seines ersten Titelgewinns 2004 empfand Mattias Ekström - wohl nicht zuletzt angesichts manch kurioser Rennverläufe - den diesjährigen Meisterschaftskampf: "Der Kampf in diesem Jahr war extrem hart. Ich muss auch Bruno und Martin ein großes Kompliment machen. Es ist viel passiert, aber am Ende hatten wir den Triumph verdient."

Doch während sich das Mitleid Ekströms mit Spengler noch in Grenzen hält, tut ihm das Schicksal seines Teamkollegen Martin Tomczyk umso mehr Leid. Wie schon so oft in dieser Saison war der Bayer durch eine frühe Berührung faktisch ins Aus gerissen worden. "Martin und ich werden zusammen richtig feiern. Wir sind zusammen Teammeister geworden. Ich verstehe, dass Martin enttäuscht war. Er ist extrem stark gefahren, besonders in der zweiten Saisonhälfte", zollt er seinem langjährigen Freund und Arbeitskollegen Respekt, "Ich hoffe, dass auch Martin noch einmal ein berühmter DTM-Meister ist - wenn er in Zukunft wieder in die Position kommt, das zu schaffen, werde ich ihn unterstützen."