Ist es von Vorteil oder von Nachteil für dich, dass die Saison bisher sehr ungewöhnlich verläuft?
Paul Di Resta: Für mich persönlich ist es natürlich eine tolle Saison, wenn man sich ansieht, was wir mit einem zwei Jahre alten Auto erreicht haben. Wir haben nach wie vor theoretisch die Chance, die Meisterschaft zu gewinnen. Auch wenn es immer schwieriger wird - ich liege in Schlagdistanz. Insgesamt hoffe ich einfach, dass wir unsere Arbeit so erfolgreich fortsetzen können wie bisher und ich während des Saisonendspurts noch das eine oder andere Mal aufs Podium komme.

Inwieweit ist es bereits schwieriger als zu Beginn der Saison in Oschersleben, im 2005er-Fahrzeug unter die Top 3 zu fahren?
Paul Di Resta: Natürlich wird das nicht leichter, weil die Neuwagen ihr Potenzial von Rennen zu Rennen mehr ausschöpfen. Audi und Mercedes-Benz können ihre 2007er-Autos weiterentwickeln, sie kommen sichtlich vorwärts und stagnieren in ihrer Performance nicht. Wir hingegen müssen uns mehr oder weniger mit Feintuning begnügen, da ein Fahrzeug nach zwei Jahren im Renneinsatz nicht mehr soviel Entwicklungspotenziale bietet.

Alle Beobachter sind beeindruckt von deinen fahrerischen Leistungen, zum anderen fällt jedoch auch die verglichen mit 2006 höhere Konkurrenzfähigkeit der Gebrauchtwagen auf. Würdest du gar Mathias Lauda zustimmen, der den 2005er-Mercedes fast für so stark wie die C-Klasse von 2006 hält?
Paul Di Resta: Die drei Fahrzeuggenerationen liegen in ihrer Performance in der Tat ziemlich eng zusammen. Sicherlich spielt auch das geringere Gewicht der 2005er-Autos eine Rolle, aber die Basisgewichte sind bei Jahres- und Gebrauchtwagen nicht allzu verschieden. Auch durch die Zusatzgewichte hat sich der Gewichtsabstand zwischen 2006er- und 2005er-Bolide im Saisonverlauf nicht wirklich verändert. Insgesamt bin ich daher überzeugt, dass die AMG Mercedes C-Klasse 2006 nach wie vor stärker ist als sein Vorgänger - sonst hätte ihn Mercedes-Benz in dieser Form nicht auf die Strecke gebracht.

Wo siehst du auf deiner Seite nach einem Großteil deiner Debütsaison noch Verbesserungspotenzial?
Paul Di Resta: Da gibt es Einiges. Gerade als Debütant passieren einem immer wieder Missgeschicke, auch wenn die meisten von ihnen für die Zuschauer nicht so offensichtlich sind. Ich hoffe immer, dass ich dadurch nicht zu viele Hundertstel verschenke, aber mittlerweile spüre ich, dass ich in einem sehr guten Rhythmus bin. Letztlich lernt jeder Fahrer, nicht nur in der Debütsaison, Runde für Runde wieder Neues dazu.

Paul Di Resta will sich in der DTM für die Formel 1 empfehlen, Foto: DTM
Paul Di Resta will sich in der DTM für die Formel 1 empfehlen, Foto: DTM

Zeitweise warst du wiederholt in Berührungen oder Unfälle in der ersten Runde verwickelt. Glaubst du, dass einige Kollegen zu aggressiv agieren?
Paul Di Resta: Zandvoort hat gezeigt, dass die Rivalität zwischen Audi und Mercedes-Benz sehr groß ist. Es ist immer schwierig, in der Startphase solche Zwischenfälle zu vermeiden, auch wenn jeder weiß, dass Podestplätze nicht in der ersten Kurve eingefahren werden. Das ist schwer zu analysieren.

Und wie schätzt du das Zweikampfverhalten in der DTM verglichen mit der Formel 3 ein?
Paul Di Resta: Letztlich sind es die gleichen Fahrer. Im Tourenwagensport gab es schon immer mehr Berührungen als in den Formelklassen; da ist die DTM keine Ausnahme. Aber es ist schon schade, wenn ich drei Mal ohne eigenes Verschulden in Unfälle verwickelt werde und mein Rennen dadurch mehr oder weniger schon beendet ist. Letztlich kann man da aber trotzdem nur nach vorne schauen.

Du gibst den Titelgewinn unverändert als Ziel aus - aber wärest du auch mit einem fünften oder sechsten Platz im Gesamtklassement zufrieden?
Paul Di Resta: Am Ende wäre ich wohl auch mit einem Gesamtrang in den Top 5 zufrieden. Aber natürlich will man als Rennfahrer immer mehr, und insofern kämpfe ich um den Titel, solange mir die mathematische Chance bleibt.

Könntest du dir eine längere Tourenwagenkarriere nach dem Vorbild Bernd Schneiders vorstellen?
Paul Di Resta: Natürlich, aber mein persönliches Ziel bleibt ganz klar die Formel 1. Momentan genieße ich aber jede Minute, die ich in der DTM verbringe, zumal man in der DTM viele Dinge lernen kann, die auch in der Formel 1 nützlich sein können. Aber ich bin erst 21 Jahre alt. Da bleibt mir noch genug Zeit für Herausforderungen abseits der DTM.

Inwieweit hast du Kontakt zu anderen bekannten britischen und schottischen Fahrern wie David Coulthard?
Paul Di Resta: Insgesamt eher weniger. Mit David Coulthard habe ich mal einige Worte gewechselt. Am wichtigsten ist für mich mein Cousin Dario Franchitti, ich tausche mich oft mit ihm aus. Jeder hat zwar seine eigene Rennkarriere und muss seine eigenen Fehler machen, aber er kann mir durchaus Tipps geben.