In Zandvoort habe ich mein bisher bestes und stärkstes Wochenende in der DTM erlebt. Es war wie ein Wunder - vor allem am Freitag und am Samstag hat einfach alles perfekt funktioniert. Wie ich von anderen hörte, hat es das noch nie gegeben: In allen drei Trainingssessions und im Qualifying an der Spitze - das ist schon etwas Besonderes.

Die Bestzeit im ersten freien Training habe ich noch ganz wertfrei zur Kenntnis gekommen. Am Nachmittag stand für uns wie gewohnt der Long Run im Vordergrund. Als wir auch hier die Bestzeit erringen konnten, keimten bei mir Hoffnungen auf, auch wenn ich auf die Zeit nach wie vor nicht allzu viel gegeben habe. Dass ich am Samstagvormittag bei der Vorbereitung aufs Qualifying erneut Bestzeit gefahren bin, war mir beinahe schon unheimlich. Das Auto passte einfach perfekt zur Strecke, die auch zu meinen Favoriten im Rennkalender zählt.

Auf Rekordjagd

Timo kann die Aufregung um sein Duell mit Bruno Spengler nicht verstehen, Foto: Sutton
Timo kann die Aufregung um sein Duell mit Bruno Spengler nicht verstehen, Foto: Sutton

Allerdings haben diese drei Bestzeiten einen gewissen Druck erzeugt. Meine Erwartungen für das Qualifying sind enorm gestiegen - schließlich kamen diese schnellen Zeiten nicht bewusst, sondern eher "einfach so" zu Stande. Auch im Qualifying hat alles perfekt funktioniert und ich konnte nach vier Jahren endlich wieder auf die Pole Position fahren. Am Sonntagmorgen meinte Eki zu mir, ich solle in den letzten Runden des Warm Ups noch neue Reifen aufziehen, damit ich auch da die schnellste Zeit einfahren kann. Aber angesichts des Regens wollte ich kein unnötiges Risiko eingehen. Zudem mussten wir uns auf das Rennen konzentrieren und verschiedene Setups ausprobieren. So wurde es leider nichts mit fünf Mal P1.

Mattias, Martin und ich haben vorher den Start besprochen, damit wir uns gegenseitig nicht behindern und alles sauber abläuft. Danach waren wir wie ein D-Zug unterwegs und konnten das Geschehen kontrollieren. Wir brauchten uns keine Sorgen zu machen, da uns nur Audis im Nacken hingen - und von denen ging keine Gefahr aus. Doch ab Beginn der Boxenstoppphase wurde es schwieriger: Mein zweiter Boxenstopp kam aus meiner Sicht zu spät - was mich einige Plätze gekostet hat.

Dann lief ich mit Spengler auf Martin und Alexandre auf: Martins Reifen waren vier Runden älter als meine und bereiteten ihm einige Probleme. Irgendwann hatte ich die Möglichkeit, Spengler zu überholen. Es war ein schönes Duell, und wenn es ums Podium geht, dann wird die Gangart auch mal härter. Aber es war eine gesunde Härte im Spiel - da gibt es für mich keinen Grund zur Diskussion. Kurz vor der Ziellinie habe ich getan, was für uns als Team das Beste ist. Alexandre und mir war klar, wie in einer solchen Situation zu handeln ist.

Taktik-Spiele auch bei Mercedes

Was die Kritiker unserer Teamstrategie nicht beachtet haben: Auch Mercedes hat Spielchen gespielt. So hingen wir lange hinter Paul Di Resta, Mathias Lauda und Susie Stoddart fest. Mercedes versuchte offensichtlich uns aufzuhalten und auf diese Weise Bruno Spengler näher an die Spitzengruppe zu bringen. Di Resta wurde urplötzlich um zwei oder drei Sekunden langsamer, so dass Martin vor mir gezwungen war, früher als geplant an die Box gefahren. Nur so konnte er zumindest diesem Überrundungswahnsinn entgehen. Zudem war es meiner Meinung nach unnötig, Susie Stoddart nach ihrem Reparaturstopp direkt vor Eki auf die Strecke zu schicken.

Am Ende musste sich Timo in den Dienst Audis stellen, Foto: Sutton
Am Ende musste sich Timo in den Dienst Audis stellen, Foto: Sutton

Dennoch kann ich es verstehen, dass die Fans enttäuscht sind. Ich vergleiche es allerdings immer mit einem Fußballspiel: Dort gibt es Stürmer, Mittelfeldspieler und Verteidiger - es kann nicht jeder Tore schießen. Uns ging es darum, dass Mattias und Martin die größtmögliche Punktezahl einfahren und zwischen sie und Bruno Spengler so viele Audis wie möglich kommen. Ich finde es auch schade, wäre ich doch auch gerne ein erstes Mal aufs Podium gekommen - den Speed hätte ich gehabt. Aber Motorsport ist nun einmal kein Einzel-, sondern ein Teamsport.

Unglücklich war, dass wir weniger als eine halbe Runde Zeit hatten zu reagieren, nachdem Mattias erst in der letzten Runde an Spengler vorbeikam. Am Ende wollen wir alle Meister werden, deshalb ist es gut, dass ein solches Teamplay bei uns funktioniert. Bei Audi ist man in einem solchen Moment nicht der "gute Junge" - man bekommt seine Unterstützung später teamintern zurück. Fest steht, dass es bis dahin ein perfektes Rennen war und das spannendste, das ich bisher erlebt habe.