Im Gegensatz zu so manch ermüdendem Testfreitag lohnte sich die Reise nach Nürnberg bereits heute: Gewohnt geheimnisvolle Zeitenlisten wurden gewürzt mit mysteriösen Vorfällen und einer Offenbarung, die die DTM-Welt trotz all ihrer Logik überraschte. Der Norisring machte seinem Ruf alle Ehre.

Geheimnisvoller Asphalt

Wer sich bereits am Donnerstag zu Fuß oder auf dem Motorroller mit dem Streckenverlauf des Norisrings bekannt machen wollte, befand sich in größter Gefahr - der Untergang drohte. Auf einem neu asphaltierten Teil der Dutzendteich-Kehre hatte sich offenbar bedingt durch starke Regenfälle ein zwei mal zwei Meter großes - und ebenso tiefes - Loch aufgetan. So begann der Freitag um 6:00 Uhr mit einem Großeinsatz der Bauarbeiter, die den Kurs pünktlich zum Beginn der Tests auch für DTM-Boliden mit Rädern der üblichen 18-Zoll-Größe wieder passierbar machten. Verschollen im Norisring - wäre das Loch während des Rennens entstanden, hätten die Schlagzeilen nur allzu gut zum bisher unkonventionellen Saisonverlauf gepasst...

Geheimnisvolle Performance

Gary Paffett auf dem Weg zum erneuerten neuen Streckenteil..., Foto: DTM
Gary Paffett auf dem Weg zum erneuerten neuen Streckenteil..., Foto: DTM

Weit konventioneller als der Zustand des Asphalt präsentierten sich die Zeitenlisten während des ersten Tests am Vormittag: Zwischenzeitlicher Regen sowie eine ungemein schmutzige Strecke hielten Mercedes nicht davon ab, in Nürnberg gleich zu Beginn mit den gewohnten Ergebnissen aufzutrumpfen. In 49.411 Sekunden markierte Bruno Spengler die vorläufige Bestzeit und führte ein Stuttgarter Führungsquartett an, das Paul Di Resta, Mika Häkkinen und Bernd Schneider komplettierten. Und während Alexandre Prémat auf Rang fünf zum besten Audi-Piloten avancierte, sorgten Tom Kristensen und Mattias Ekström auf den Plätzen neun und zehn für die einzigen Top-Ten-Plätze des Abt-Audi-Quartetts am gesamten Freitag.

"Wir haben viel an der Abstimmung gearbeitet und einen guten Rhythmus gefunden. Die Abstimmung für das Rennen stimmt schon", spielte Mattias Ekström zwar an, dass die Freitagszeiten insbesondere mit Blick auf Erfolg oder Misserfolg der Longrun-Abstimmung kaum eine Rolle spielen. Wie jedoch die auch am Nachmittag deutlich besseren HWA-Zeiten Hinweis auf eine nicht minder gelungene Rennabstimmung bei Mercedes sein sollen, konnte auch Timo Scheider nicht erklären. Stattdessen zeigte sich der Lahnsteiner skeptisch: "Wir tun uns im Moment alle schwer und müssen herausfinden, wo wir uns verbessern können." Und nachdem Martin Tomczyk angab, den Grund für den Rückstand in den Zeitenlisten zu kennen und beheben zu können, scheint es im Abt-Audi-Lager durchaus mehrere Baustellen zu geben.

Weniger im Lager Stuttgarter Jahres- und Gebrauchtwagen, dafür jedoch ausgerechnet bei den 2007er-Mercedes machte sich die reichhaltige Sammlung an Daten gelungener Setups der vergangenen Jahre positiv bemerkbar, wie Mika Häkkinen am Abend zufrieden feststellte. Auf Bruno Spenglers Tagesbestzeit von 48.967 Sekunden verlor zwar auch der Finne am Nachmittag fast zweieinhalb Zehntelsekunden - lag damit aber noch immer drei Zehntelsekunden vor Martin Tomczyk als tagesschnellstem Piloten eines aktuellen A4 DTM. Die generellen Performance-Fortschritte der Neuwagen zeigen sich auch im Jahresvergleich: Trotz der widrigen Streckenbedingungen wurden die Freitagszeiten von 2006 bereits unterboten.

Offenbarung ohne Geheimnisse

Eine Audi-Pressekonferenz um 16:00 Uhr mit Christian Abt verlängerte den in Nürnberg ohnehin gut gefüllten Terminplan der Medienvertreter - und sorgte bereits bei Bekanntgabe des Termins für Spekulationen. Das Gerücht um einen Rückzug des 40-jährigen Bayern aus der DTM verbreitete sich rasch, bevor es sich wenig überraschend bestätigte: Die entwaffnend ehrlich genannten Gründe für den Rücktritt des DTM-Charakterkopfes zum Saisonende ließen kaum Raum für weitere Fragen: Es ist die Perspektivlosigkeit Abts in seiner nunmehr dritten Jahreswagensaison, die dem Kemptener den Rückzug sinnvoll erscheinen ließen.

Christian Abts Pressekonferenz sorgte für Emotionen, Foto: DTM
Christian Abts Pressekonferenz sorgte für Emotionen, Foto: DTM

"Welche Ziele soll ich mir noch setzen?", fragt Christian Abt nach einer achtjährigen DTM-Karriere mit allen Höhen und Tiefen zu Recht. Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich würdigte den wohl am meisten polarisierenden Piloten im Fahrerfeld: "Wenn man die Menschen auf der Straße fragen würde, wer ihnen zur DTM einfällt, würde mit Sicherheit oft Christian Abt genannt - weil er so ist, wie er ist. Aus meiner Sicht hat er die DTM stark mitgeprägt." In Zeiten von Diskussionen um zu viel Rennstrategie und zu wenige Überholmanöver wird Christian Abt für die Fans ein großer Verlust sein.

Meteorologisches Geheimnis

Vorerst hat sich allerdings auch Abt den Eigenheiten seines "Wohnzimmers" zu stellen, die gerade im Regen umso tückischer werden können. Mit Blick auf die Wetterprognosen für das Wochenende nutzte so mancher Pilot nicht ohne Grund die wenigen feuchten Minuten, um erste Eingewöhnungsrunden auf Regenreifen zu drehen. Schmutz, rutschige Fahrbahnmarkierungen, ständig wechselnde Streckenbeläge - bei Regen würde der Norisring auch am Sonntag zur unberechenbaren Rutschbahn. Die Tradition der chaotischen Rennen am Dutzendteich wäre so schon gesichert...