Die DTM erwacht aus ihrem Winterschlaf - folgerichtig dort, wo sie ihn im vergangenen Herbst begonnen hat. Unweit von jenem Wald, wo sich nach der Renaturierung von Clark-Schikane, Ostkurve & Co. nur noch Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, erklingen im Hockenheimer Motordrom zum nunmehr 59. Mal die Motoren der DTM-Boliden. Eine DTM ohne Hockenheimring - mittlerweile so unmöglich wie auch ein Hockenheimring ohne DTM: Nach den finanziellen Eskapaden rund um den Streckenumbau 2003 kämpft der Traditionskurs ums Überleben; Bernie Ecclestones Formel 1 ist für die Streckenbetreiber bestenfalls noch alle zwei Jahre finanzierbar. Umso herzlicher wird die DTM zu ihrem Saisonauftakt empfangen...

Schlaflose Nächte bei der Setup-Suche

So wollen auch die Stammgäste nicht unhöflich sein - und stufen den Hockenheimring auch nach dem Wegfall der einzigartigen Highspeed-Passagen als faszinierendes Asphalt-Mekka ein. "Den Kurs in Hockenheim hält man auf den ersten Blick für recht anspruchslos, aber wenn man sich den Kurven nähert und sie durchfahren muss, merkt man, wie interessant sie sind", bewertet Mika Häkkinen den 4,574 Kilometer langen Kurs, während auch Mitglieder des in Hockenheim leidgeprüften Audi-Clans den Reiz der Strecke hervorheben. Der Zwiespalt beim Erarbeiten der Fahrzeugabstimmung ist dank Motodrom und Parabolika groß wie eh und je:

Seit 2002 stellen die Hockenheimer Geraden keine Längenrekorde mehr auf, Foto: DTM
Seit 2002 stellen die Hockenheimer Geraden keine Längenrekorde mehr auf, Foto: DTM

"Es ist eine schöne Herausforderung, die richtige Abstimmung zu finden. Einerseits sind die Spitzengeschwindigkeiten sehr hoch, andererseits braucht man gute Traktion aus den engen Kehren heraus", berichtet Mattias Ekström und erfährt Zustimmung von Ex-DTM-Pilot Markus Winkelhock: "Charakteristisch sind späte Bremspunkte wie an der Spitzkehre, schnelle Kurven wie am Eingang des Motodroms sowie langsamere Ecken im Motodrom, die für den berüchtigten Setup-Kompromiss zwischen wenig Abtrieb auf den Geraden und mehr Abtrieb im Motodrom sorgen."

Audi vs. Mercedes: Ein böses Erwachen?

So sehr sich die gegenseitige Abschottung der beiden Hersteller bei gemeinsamen Testfahrten eingebürgert hat - Fahrer und Ingenieure entführt sie bei der Bewertung ihrer Fahrzeuge mitunter in Traumwelten. Der Modellwechsel bei der Mercedes C-Klasse sowie die auch für Audi weit gehend freigegebene Entwicklung der Aerodynamik lässt Überraschungen wahrscheinlicher werden als noch 2006: Gelingt dem neuen A4 DTM der Langlauf auf schnellen Geraden besser als seinen Vorgängern, die in Hockenheim so stets wertvolle Überholchancen einbüßten? Hat die neu designte C-Klasse ähnlich gute Allround-Qualitäten wie die alte, die sich im vielseitigen Hockenheim meist von ihrer besten Seite zeigte?

Sehen die Audi-Piloten in Hockenheim auch von der neuen C-Klasse nur die Heckpartie?, Foto: DTM
Sehen die Audi-Piloten in Hockenheim auch von der neuen C-Klasse nur die Heckpartie?, Foto: DTM

"Ich bin zufrieden mit dem neuen Auto, der Test war aus Fahrersicht viel versprechend. Das Auto ist gut zu fahren und gut ausbalanciert", stellt Jamie Green seinem neuen Dienst-Mercedes ein ebenso gutes Zeugnis aus wie Mika Häkkinen: "Das Auto ist im Vergleich zum letzten Jahr, als es ohnehin schon sehr gut war, verbessert worden und noch konkurrenzfähiger." Überzeugt von seinem modifizierten Audi ist auch Martin Tomczyk: "Die Weiterentwicklung, die wir über den Winter gemacht haben, trägt auf alle Fälle Früchte. Das neue Auto ist nochmals einfacher zu fahren; es ist vor allem über die Renndistanz sehr gut zu fahren und auch einfach abzustimmen."

Was den Rosenheimer zum Schluss bringt: "Wir brauchen uns vor Hockenheim nicht mehr zu fürchten." Eine Kampfansage an die Stuttgarter, die dem Renndebüt ihrer neuesten Modellkreation durchaus mit Lampenfieber entgegenblicken dürften: Sollte die neue C-Klasse ausgerechnet in Hockenheim, wo am Wochenende der zehnte Sieg in Folge eingefahren werden könnte, ihrem Ingolstädter Widersacher unterlegen sein, droht auch für den Rest der Saison Ungemach...

Ausgeschlafene Mercedes-Gebrauchte

Nur bedingte Zuversicht herrscht im Audi-Jahreswagenlager, Foto: AUDI
Nur bedingte Zuversicht herrscht im Audi-Jahreswagenlager, Foto: AUDI

Im Gebraucht- und Jahreswagenlager zeichnen sich dagegen deutlichere Tendenzen ab. Waren die Mercedes-Gebrauchtwagen ihren Audi-Pendants 2006 zwar nicht wegen ihrer technischen Gene, dafür jedoch wegen des Erfahrungsvorsprungs ihrer Teams überlegen, so zeigen sich die Piloten der 2005er-Mercedes nun noch zuversichtlicher: "Mein jetziges Auto ist viel besser. Im letztjährigen hatten wir immer Übersteuern. Das ist jetzt zum Glück vorbei", stellt Susie Stoddart fest und kündigt erste Punkteränge an - während es Vanina Ickx und Neuling Adam Carroll auch in Hockenheim schwer mit ihrem eher kompliziert zu handhabenden 2005er-Audi haben dürften.

Nur gedämpfter Optimismus herrscht auch im Audi-Jahreswagenlager. "Das 2006er Auto war schon im vergangenen Jahr ziemlich ausgereift, so dass es kaum Spielraum gab, es im Winter schneller zu machen. Ich fürchte, wir werden es mit dem Vorjahres-A4 gegen die Vorjahres-Mercedes in Hockenheim schwer haben", gesteht Phoenix-Pilot Christian Abt. Das neue Gewichtsreglement könnte den Bayern jedoch schon bald zuversichtlicher stimmen: Nach einem 2006er-internen Sieg dürfte den Kollegen von Mücke und Persson beim Blick auf die neue Kilo-Tabelle ein böses Erwachen drohen...