Neugierige Zeitgenossen kommen bei ITR-Tests seit jeher nur bedingt auf ihre Kosten. Die jüngsten Testfahrten in Oschersleben bildeten keine Ausnahme: Zwischen der Ankunft eines DTM-Boliden in der Box und dem Schließen des Rolltores verging meist kaum ein Wimpernschlag, die Piloten pendelten flüchtig zwischen Boxengebäude und Team-Truck. Nur wenige DTM-Protagonisten fassten den Mut, Aufnahmegeräten und Mikrofonen näher als eine Fahrzeuglänge zu kommen.

Deutlich leichter als das Sprechen fiel den DTM-Piloten das eifrige Kilometersammeln, ermöglicht auch durch weit gehend defektfreie Fahrzeuge. 4286 Runden und damit rund 17.000 Kilometer - einen von verschiedenen Audi-Fahrern pilotierten Testträger noch gar nicht eingerechnet - absolvierten die 20 DTM-Piloten in vier Tagen. Doch wer darauf hoffte, dass die Zeitenlisten für sich sprechen, wurde wie gewohnt enttäuscht...

4-mal A4 - 4 große Fragezeichen

Die neue C-Klasse blieb auffällig unauffällig, Foto: DTM
Die neue C-Klasse blieb auffällig unauffällig, Foto: DTM

Die Audi-Boliden machten ihrem Namen alle Ehre: An vier Testtagen nahm viermal ein A4 DTM Position eins ein. Schien bereits die erste Tagesbestzeit von 1:22.990 Minuten eher kryptisch, da die meisten Akteure ohnehin mehr ihren Longrun- denn ihren Qualifying-Speed ausloteten, so wollte auch Tom Kristensen seine neue Bestmarke von 1:22.808 Minuten am zweiten Testtag nicht überbewerten. "Wenn man den Daten glauben darf, dann sieht es ja nicht schlecht aus. Aber Oschersleben war schon immer eher eine Audi-Strecke und Test ist nun mal nur ein Test", blieb der Däne im Exklusivgespräch mit uns realistisch.

Kristensens Einschätzung, Audi habe mit dem neuen A4 bei allem Rätselraten dennoch ein "gutes und schnelles Auto" gebaut, dürfte auch Mattias Ekström zustimmen. Zwar verfehlte der Schwede, der am Donnerstag gemeinsam mit Martin Tomczyk Kristensen und Timo Scheider ablöste, mit seiner Bestzeit des dritten Testtages die vom Dänen durchbrochene 1:23er-Marke. Damit unterschied er sich jedoch nicht von den Piloten der neuen C-Klasse. Erst am letzten Testtag brannte Mika Häkkinen eine 1:22.939 in den Asphalt - tags zuvor reichte es dem Finnen, die persönliche Bestzeit von Paul di Resta im 2005er-Mercedes um zwei Tausendstelsekunden zu unterbieten, um tagesschnellster Mercedes-Pilot zu werden...

Am letzten Testtag wurden die Zeitenlisten schließlich völlig ad absurdum geführt. Mit Alexandre Prémat im Phoenix-Audi fuhr ausgerechnet ein Jahreswagenpilot die schnellste Zeit des gesamten ITR-Tests - und zeigte, dass die Neuwagen beider Lager ihre Möglichkeiten längst nicht ausschöpften. "Mercedes dürfte mit dem neuen Auto Vorteile haben, da sie es komplett neu bauen konnten", zeigte so auch Kristensen Respekt vor der laut Spengler "gut laufenden" C-Klasse, der zunächst bedingt durch die Formgebung der neuen Serien-C-Klasse eine nicht optimale Aerodynamik nachgesagt worden war. Derweil bezeichnete Abt-Technikchef Albert Deuring ausgerechnet den zweiten Testtag mit Abt-Audi-Doppelführung als "so lala" - was allerdings nicht zuletzt am umgebauten Kurs lag...

Eine 4- für die Streckenarchitekten

"Wir hatten einige Schäden und Defekte durch die umgebaute Schikane. Mit der ersten Kurve sind wir alle nicht glücklich", führte Deuring fort. So konnten den Streckenumbau lediglich die gelungenen Bemühungen um die Sicherheit, realisiert durch vergrößerte und teils asphaltierte Auslaufzonen, vor einem "mangelhaft" retten. Die neue 90-Grad-Kurve nach Start und Ziel sollte für mehr Überholmanöver in der Motorsport Arena führen - doch im Rahmen der ITR-Tests fiel sie bei den Piloten durch:

Nicht nur Susie Stoddart haderte mit der neuen Kurve, Foto: DTM
Nicht nur Susie Stoddart haderte mit der neuen Kurve, Foto: DTM

"Sie haben zu viel Geld dafür ausgegeben. Ich denke nicht, dass man hier besser überholen kann", zeigte sich auch Susie Stoddart wenig begeistert, der in der neuen Passage ebenso wie Mathias Lauda Missgeschicke unterliefen: "Dort ist der Curb so hoch, dass ich mir das Auto beschädigt habe. Aber man muss dort drüberfahren, um schnell zu sein." So verstrich die Fahrzeit des Österreichers bei Reparaturarbeiten in der Box. Mit nur 132 Runden spulte Lauda im 20-köpfigen Fahrerfeld die wenigsten Kilometer ab und wurde nicht zuletzt von den Debütanten deutlich überboten.

4 Neulinge - und ein Nordire

Das Privileg der vier Gebrauchtwagenpiloten, bedingt durch die reglementarische Beschränkung auf zwei Fahrzeuge je Marke, Jahrgang und Testtag theoretisch volle vier Testtage im eigenen Auto bestreiten zu können, nutzte Paul di Resta am meisten. Mit 285 Runden erfuhr sich der 20-jährige Schotte im 2005er-Mercedes den Titel des zweitfleißigsten Testers hinter Martin Tomczyk - und hinterließ nicht nur im Team einen guten Eindruck. Für diesen sorgte nicht nur auf Grund seiner Gesamtbestzeit auch Phoenix-Pilot Alexandre Prémat, während seine Audi-Jahreswagenkollegen Lucas Luhr und Mike Rockenfeller ein rundenreiches und problemloses Testprogramm abspulten.

War das Erscheinen jener vier Debütanten beim ITR-Test schon seit langem klar, so präsentierte sich der zweite Futurecom-TME-Audi bis zuletzt als Fahrzeug mit sieben Siegeln. Erst am dritten Testtag ließ sich Teamchef Dr. Colin Kolles zur Bestätigung seiner Neuverpflichtung hinreißen - nachdem sein nordirischer Schützling Adam Carroll bereits zwei Testtage bestritten hatte. Längst hatte der 24-Jährige da bereits die 2005er-Fahrzeuge gegenüber der britischen Presse als "Gefahr für alle" ausgemacht - ist doch nach dem ITR-Test in Oschersleben nichts ausgeschlossen...