Der Stuttgarter DTM-Stammbaum gleicht einer Sternenwanderung: Von der Fronthaube auf den Kühlergrill wanderte der weltberühmte Dreizack 2002 im Zuge des Modellwechsels beim Mercedes CLK, um sich 2004 beim Debüt der DTM-C-Klasse erneut auf der Haube wiederzufinden. Die zweite Generation der C-Klasse trägt den Stern - ebenso wie die Serienmodelle der sportiven "Avantgarde"-Ausstattung - fortan wieder im voluminösen Kühlergrill durch die DTM-Welt. Ebenso individuell wie bei der Platzierung des Sterns zeigte sich seit 2000 jeder Stuttgarter DTM-Bolide, was Fahrzeugcharakteristik, Stärken und Schwächen anging...

2000 - 2001: Der Trendsetter

Der erste CLK leitete den Stuttgarter Siegeszug in der DTM ein, Foto: Sutton
Der erste CLK leitete den Stuttgarter Siegeszug in der DTM ein, Foto: Sutton

Es schienen nicht die besten Voraussetzungen zu sein, ein dominantes Auto auf die Räder zu stellen: Nach den ausufernden Technik-Experimenten der alten DTM blieben dem ersten CLK der neuen DTM technische Spielereien, wie sie einst auch von Mercedes ausgereizt worden waren, reglementarisch versagt. Und dennoch gelang den Stuttgartern mit dem CLK der ersten Generation ein großer Wurf: Ein vergleichsweise langer Radstand trug zu einem unproblematischen Fahrverhalten bei, die Setup-Arbeit mit dem 2000er-CLK hielt für die Piloten keine unangenehmen Überraschungen bereit. So erschien es logisch, dass Mercedes die beiden Läufe des Debütwochenendes in Hockenheim für sich entschied.

Zum Spaziergang wurde der Weg zum Titel für Bernd Schneider dennoch nicht: Dank schierer Motorleistung hielt Opel mit dem Astra Coupé die Meisterschaft lange offen - und zog am Ende mit acht Siegen in 16 Rennen noch mit den Stuttgartern gleich. Erst 2001 avancierte der CLK zum automobilen Dominator. Zwar schrumpfte der Vorteil des langen Radstands reglementarisch bedingt zusammen, die behutsame Weiterentwicklung des CLK zahlte sich jedoch aus: Mit einer besseren Leistungsentfaltung des V8-Aggregats brauchten sich die CLK-Piloten fortan auch auf langen Geraden nicht mehr vor ihren Opel-Kollegen zu fürchten. Die ansonsten wenig konkurrenzfähige zweite Astra-Generation trug ihren Teil zum Durchmarsch Bernd Schneiders und seiner AMG-Truppe bei: Acht Siege in zehn Rennen sowie sechs Pole Positions demonstrierten die Performance des ersten CLK, der Mercedes 16 Siege in 26 Läufen sowie drei von vier möglichen Titeln einbrachte.

2002 - 2003: Der Spätstarter

2003 dominierte der CLK die DTM-Welt, Foto: Sutton
2003 dominierte der CLK die DTM-Welt, Foto: Sutton

Nach zwei Jahren der Schneider-Dominanz, angesichts zuletzt erschreckend schwacher Opel sowie eines insgesamt noch wenig konstanten Abt-Audi-Teams schienen die Kräfteverhältnisse auch mit der völligen Neuentwicklung des CLK zementiert. Doch der Schein trog: Ausgerechnet auf ihrer Hockenheimer Hausstrecke erlebten die Stuttgarter mit ihrem neu gestylten CLK eine erste Pleite - der Doppelsieg der Abt-Audi deutete jene Kräfteverhältnisse an, die über weite Teile der Saison 2002 galten. Verglichen mit dem TT-R war der Vorsprung des CLK bei der Motorleistung geschrumpft, das aerodynamische Konzept hatte dem des nur behutsam weiterentwickelten Abt-Audi zunächst kaum etwas entgegenzusetzen.

Die gelungene Test- und Weiterentwicklungsarbeit während der Saison, der folgende Aufwärtstrend sowie der Teamtitel stellten für die Stuttgarter nur einen schwachen Trost für eine insgesamt enttäuschende Saison 2002 dar. Erst im Jahr darauf stellte der CLK sein volles Potenzial unter Beweis: Mit so mancher aerodynamischen Anleihe am TT-R, insbesondere jedoch einer ausgeklügelten Gewichtsverteilung avancierte der 2003er-CLK zum dominantesten Boliden der neuen DTM. Sieben Pole Positions und neun Siege an zehn Rennwochenenden sorgten für den souveränen Titelgewinn ebenso wie für eine aufpolierte Langzeitbilanz der zweiten CLK-Generation: Mit 10 von 20 möglichen Pole Positions sowie 14 Siegen in 20 Rennen übertraf das Renn-Coupé trotz eines enttäuschenden Debüts am Ende alle Erwartungen.

2004 - 2006: Der Langläufer

2004 wusste die C-Klasse nicht immer zu überzeugen, Foto: Sutton
2004 wusste die C-Klasse nicht immer zu überzeugen, Foto: Sutton

Zwar befand Bernd Schneider nach dem ersten Test der neuen C-Klasse, die Unterschiede zum letzten CLK seien beim Fahren nicht größer als die Differenzen zwischen 2002er- und 2003er-CLK - doch der amtierende DTM-Champion sollte sich irren: Nach einem souveränen Saisoneinstand 2004, der für Gary Paffett und Christijan Albers zwei Siege bereithielt, zeigte sich, dass der Viertürer die Rolle des Allrounders weit weniger gut ausfüllen konnte als sein zweitüriger Vorgänger. Weiterhin mit dem kraftvollsten V8-Aggregat gesegnet, avancierte die 2004er-C-Klasse in ihrem Topspeed-fokussierten Aero-Kleid zwar zum souveränen Langläufer auf Geraden und schnellen Streckenpassagen, ihre Schwächen offenbarte die Limousine jedoch auf langsamen Streckenteilen:

So gab in der Meisterschaft am Ende die raffiniertere Aerodynamik des Audi A4 DTM den Ausschlag zu Ungunsten der C-Klasse, die auf aerodynamisch fordernden Kursen wie Oschersleben, Zandvoort und Brünn während der zweiten Saisonhälfte eine lange Durststrecke erlebte. Ebenso wie der zweite CLK lief auch die C-Klasse erst in ihrer zweiten Saison zur Hochform auf: Mit acht Siegen in elf Rennen stellte man eine gelungene Weiterentwicklungsarbeit der Ingenieure unter Beweis, die der C-Klasse auch vor langsameren Streckenteilen den Schrecken nahm; bevorzugt im Regen wurde der mechanische Grip der C-Klasse eindrucksvoll vor Augen geführt. Die vergangene Saison rundete die Erfolgsbilanz der optisch mittlerweile etwas angejahrten Limousine ab. Mit 19 Triumphen in 31 Rennen, 18 Pole Positions in 31 Qualifyings sowie fünf von acht möglichen Meisterschaftstiteln brauchte sich die C-Klasse vor ihren zweitürigen Vorgängern nicht zu verstecken.

2007: Der Undurchsichtige

Das veränderte Styling erfordert aerodynamisch einen Neuanfang, Foto: Mercedes
Das veränderte Styling erfordert aerodynamisch einen Neuanfang, Foto: Mercedes

Ein erstes Pressebild der neuen C-Klasse veröffentlichten die Stuttgarter anlässlich der Vertragsverlängerung für Mika Häkkinen. Im portugiesischen Estoril drehte ein Bolide in der Silhouette des neuen Mittelklasse-Benz in tarnendem Schwarz seine Runden, das der Ingolstädter Konkurrenz den neugierigen Blick auf aerodynamische Neuerungen erschweren soll - obwohl diese angesichts fortgeschrittener Entwicklungsarbeiten ohnehin kaum noch kopiert werden könnten. Wie viel neue C-Klasse zweieinhalb Monate vor Saisonstart bereits im neuen Kohlefaserkleid steckt, vermag kaum jemand einzuschätzen.

Mit einem gewachsenen Radstand sowie kürzeren Karosserieüberhängen legt die Serienversion der C-Klasse ihrem DTM-Pendant veränderte Eckdaten in die Wiege, die einen aerodynamischen Neuanfang erfordern. Ob dieser besser gelingt als 2002 und 2004, als die Meisterschaftstrophäe nach Ingolstadt ging, steht noch in den Sternen - jenen, die weit oberhalb von Kühlergrill und Fronthaube leuchten...