Das Ausharren in der Warteschleife prägte lange Jahre die Formel-1-Karriere Mika Häkkinens, das Warten wird auch in der DTM zu einer kennzeichnenden Beschäftigung des Finnen: Ein Ende des Wartens auf den Durchbruch war für Häkkinen 2006 mit einer mageren Bilanz von drei Podestplätzen nicht absehbar, ein nicht enden wollendes Warten auf ein Bekenntnis zum DTM-Engagement hat er seinen Fans in langen Monaten des Grübelns verordnet. 18 Rennen nach seinem ersten und bislang letzten DTM-Sieg mehren sich die Zweifel am DTM-Potenzial des einstigen Formel-1-Doppelweltmeisters. Ganze 20 Prozent unserer Leser sahen den 38-jährigen in einer aktuellen Umfrage vor einem dritten DTM-Jahr, das für ihn den Durchbruch in die Sphären der Titelkandidaten bereithält. Mika Häkkinen begegnet jenen Phänomenen, wie sie bereits seine Zeit in der Königsklasse des Motorsports prägten...

Das Gefühl, unterschätzt zu werden

Sechs Jahre in der Warteschleife überstand Mika Häkkinen einst unbeschadet: Nach seinem Formel-1-Debüt 1991 ging der Finne bei 95 Grand Prix leer aus, bevor er nach Jahren im vorderen Mittelfeld beim Finalrennen 1997 erstmals die oberste Stufe des Podiums erklomm. Ein Debüttriumph, der jedoch kaum zur Reputation Häkkinens beitrug: Angesichts eines kollisionsbedingt schwächelnden Jacques Villeneuves sowie eines Teamkollegen David Coulthard, der die Stallorder von McLaren-Teamchef Ron Dennis bereitwillig befolgte, waren die Starqualitäten Häkkinens noch längst nicht unter Beweis gestellt.

Die teaminternen Kämpfe gegen David Coulthard kosteten Häkkinen Kraft, Foto: West
Die teaminternen Kämpfe gegen David Coulthard kosteten Häkkinen Kraft, Foto: West

Dass McLaren-Mercedes 1998 mit dem Gewinn beider WM-Titel der Durchbruch gelang, hatte kaum jemand zu prognostizieren gewagt - nicht zuletzt wegen der fahrerischen Besetzung: Weder Coulthard noch Häkkinen sprach man weltmeisterliche Qualitäten zu, der kurze Flirt der britisch-deutschen Allianz mit Michael Schumacher verstärkte den Eindruck, dass man auch McLaren-intern Zweifel an den WM-Qualitäten seines Fahrerduos hegte. Auch acht Saisonsiege und einen WM-Titel später sahen die F1-Beobachter Mika Häkkinen von der Klasse eines Michael Schumacher noch entfernt.

Die Titelverteidigung 1999 änderte am allgemeinen Bild von Häkkinen kaum etwas - dass der damals 30-Jährige trotz der verletzungsbedingten Zwangspause für Michael Schumacher in einer allgemein chaotischen zweiten Saisonhälfte Nerven zeigte und sich am Ende nur mühsam gegen dessen Wasserträger bei Ferrari, Eddie Irvine, durchsetzen konnte, minderte den Glanz des zweiten Titels. Erst 2000, als Mika Häkkinen nach einem durch technische Pannen missglückten Saisonstart eine fulminante Aufholjagd zeigte und so den zunächst im Titelkampf enteilten Michael Schumacher arg in Bedrängnis brachte, erwarb sich der Finne endgültig jenen Ruf, der ihm in der DTM zunächst vorauseilte. Doch längst hatte der teaminterne Kampf gegen David Coulthard an den Kraftreserven genagt...

Das Gefühl, mehr zu verdienen

2005 schien eine erfolgreiche DTM-Karriere des Finnen bereits vorgezeichnet, Foto: DTM
2005 schien eine erfolgreiche DTM-Karriere des Finnen bereits vorgezeichnet, Foto: DTM

Und wenngleich sich Mika Häkkinen zu F1-Zeiten mit Eigenlob und allzu selbstbewussten Statements zurückgehalten hatte, schien teamintern mehr und mehr durch, dass er selbst nie Zweifel daran hegte, zum kleinen Kreis der Ausnahmekönner zu gehören: Ein wenig neidisch schielte der Blondschopf zu seinem langjährigen Konkurrenten Michael Schumacher - konnte dieser sich doch der unangefochtenen Nummer-1-Stellung bei Ferrari sowie den treuen Diensten eines deutlich schwächeren Nummer-2-Piloten sicher sein.

Dass Teamkollege Coulthard beim Österreich-Rennen 1999 seinen zweiten Rang nicht an abgeben musste, nachdem der Schotte eine teaminterne Startkollision und damit das Ende seiner realistischen Siegchancen herbeigeführt hatte, kommentierte Häkkinen als Drittplatzierter auf dem Podest stehend mit einer unmissverständlichen Mimik. Auch die ausgebliebene Stallregie beim Grand Prix von Belgien, den Coulthard nach erneutem "Anklopfen" in der ersten Kurve vor Häkkinen gewann, verärgerte den Finnen auf dem steinigen Weg zum zweiten Titel. Die bedingungslose Gleichbehandlung für den zweifelsohne erfolgloseren und weniger konstanten Coulthard rief beim McLaren-Zugpferd Unverständnis hervor - und stellte wohl auch einen von vielen Gründen des frühen Rücktritts im Jahr 2001 dar.

Das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben

Erste leise Kritik konnte sich Häkkinen 2006 nicht mehr verkneifen, Foto: Sutton
Erste leise Kritik konnte sich Häkkinen 2006 nicht mehr verkneifen, Foto: Sutton

Das Gefühl, mehr teaminterne Zuwendung zu verdienen, überkam den F1-Doppelweltmeister auch in der DTM mehr und mehr. In seiner Rolle als loyales und werbetaugliches Mercedes-Aushängeschild scheute sich Häkkinen zwar, dieses öffentlich zu artikulieren - doch nach dem Qualifying zum neunten Saisonlauf 2006 in Le Mans konnte er sich eine leise Kritik nicht mehr verkneifen: Dass man nicht ihm, sondern dem in der Meisterschaft längst enteilten Teamkollegen Bruno Spengler unter dem Zeitdruck der letzten Minuten einen neuen Reifensatz zugestand, war im Gespräch mit uns Grund genug zu einem recht säuerlichen Kommentar.

Dass für ihn in der DTM ebenso wie in der Formel 1 eine lange Durststrecke mit dem Durchbruch endet, scheint Häkkinen selbst zu bezweifeln: Von Sportchef Norbert Haug beharrlich auch für 2007 in ein HWA-Cockpit geredet, kam der Sieger des DTM-Saisonlaufs 2005 in Spa-Francorchamps ins Grübeln. Mika Häkkinen erinnerte sich glorreicher Formel-1-Zeiten und stieg mit mäßigem Erfolg zu Testzwecken ins Cockpit eines McLaren-Boliden, er ließ Gerüchte um ein Comeback in der Formel 1 - ob im Testcockpit oder am Kommandostand - unkommentiert. Er fragte sich, ob der Kraft raubende HWA-interne Kampf gegen etablierte Größen wie Bernd Schneider und aufstrebende Talente à la Bruno Spengler noch zu gewinnen sein wird - woraufhin Forderungen Häkkinens nach einem vertraglich festgeschriebenen Mehr an Unterstützung und einer verbesserten teaminternen Stellung kolportiert wurden.

So wird es offenbar so manchen Zugeständnisses von Mercedes-Seite bedürfen, um dem zweifachen Familienvater eine langfristige Zukunft in der DTM schmackhaft zu machen - ist das Schicksal Jean Alesis an Häkkinen doch nicht unbemerkt vorüber gegangen: Zunächst als kommender Champion gefeiert, sah sich der Franzose jahrelang mangelnder Unterstützung bei der Umsetzung seiner Setup-Bedürfnisse ausgesetzt. Alesi blieb ebenso wie nach langen Jahren in der Formel 1 ebenso in seiner vergleichsweise langen DTM-Karriere der Durchbruch versagt, die Geduld des Mercedes-Piloten blieb unbelohnt. Die Frage, als wie reißfest sich die Geduldsfäden Mika Häkkinens erweisen, wäre auch im Falle einer Vertragsverlängerung noch nicht beantwortet...