Auch die DTM hatte in der Saison 2006 ihren Kimi Räikkönen: Ausgerechnet im sonst als so kommunikativ und emotional bekannten Jean Alesi fand der schweigsame Finne in Formel-1-Diensten sein Pendant. Versuche, über die Mercedes-Kommunikationsabteilung Interviewtermine mit dem französischen Motorsportveteranen zu vereinbaren, scheiterten regelmäßig, nur durch beharrliches Auflauern im Fahrerlager gelang es gelegentlich, von Alesi wenige - und meist wenig aussagekräftige - Statements zum Rennwochenende zu ergattern. Erst zum Saisonende rang sich Jean Alesi zu einzelnen ausführlicheren Aussagen durch. Mal war der Inhalt scharfe Kritik an den Mercedes-Technikern und ihrer Kooperationsbereitschaft, mal ein flammendes Liebesbekenntnis an die Stuttgarter, denen er auch 2007 treu bleiben wolle...

Nach dem Ende seiner DTM-Karriere nimmt Jean Alesi nun jenes Blatt vom Mund, das ihn im vergangenen Jahr stets begleitet hatte. "Beim Finale bekam ich den Pokal für den besten Privatfahrer. Für einen jungen Piloten mag das ganz nett sein. Mir ist das eher peinlich", bewertet der frühere Formel-1-Pilot gegenüber auto, motor und sport sein nur scheinbar versöhnliches letztes DTM-Jahr, während dessen er sich mit regelmäßigen Punkterängen im Persson-Jahreswagen noch einmal Respekt verschaffte: "2006 bin ich nur gefahren, um meinen Vertrag zu erfüllen. Jetzt ist Schluss. Ein Vorjahresauto kann ich nicht akzeptieren."

Dass allerdings seine Einsätze im Mercedes-Neuwagen zuletzt nur noch bedingt von Erfolg gekrönt waren, kann auch Alesi nicht bestreiten - sah sich jedoch während seiner Zeit bei HWA jenen Umstellungsproblemen ausgesetzt, wie sie auch seinen Ex-F1-Kollegen Heinz-Harald Frentzen und Mika Häkkinen begegneten. "Du kriegst ein Auto, und damit musst du fahren. Das Fenster, in dem du dein Auto abstimmen darfst, ist minimal. Da bist du als Formel-1-verwöhnter Fahrer verloren", charakterisiert der vierfache DTM-Rennsieger die Gründe für die viel diskutierten Schwierigkeiten der Ex-F1-Stars in der DTM aus seinen Sicht, "junge Piloten wie Spengler, Paffett oder Green sind nicht vorbelastet. Die geben einfach Gas."

Neben fulminanten Glanzleistungen wie dem vierten Platz auf dem Nürburgring sind aus dem letzten von fünf DTM-Jahren Jean Alesis auch jene emotionalen Ausbrüche in Erinnerung geblieben, die die Karriere des Franzosen seit jeher kennzeichnen. Sein zunächst rätselhaftes Bremsmanöver auf der Start-/Ziel-Geraden von Barcelona charakterisiert der frühere Mercedes-Pilot heute so: "Mir wurde am Funk gesagt, ich solle Häkkinen vorbeilassen. Es ging um Platz elf. Vorher musste ich bereits Spengler Platz machen. Da sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Ich an der Boxenmauer gebremst, um zu zeigen, was da gespielt wird." Jean Alesi beteuert, eine Gefährdung Mika Häkkinens nicht gewollt zu haben - und dem Motorsport auch künftig treu zu bleiben: Er habe soeben einen Dreijahresvertrag für eine neue Rennserie im Mittleren Osten und Asien unterschrieben. Es werde mit Tourenwagen gefahren...