Geht es um das Technische Reglement, insbesondere jedoch die Europäisierung der DTM, so sind die Stimmen, die die ITC als warnendes Beispiel nennen, bis heute nicht verklungen. Doch während die DTM von einer Kostenexplosion im Bereich der Technik weiter entfernt ist denn je, scheint es schon allein die Fügung des Schicksals zu sein, die ein allzu hastiges und häufiges Verlassen der deutschen Grenzen bislang verhinderte: Oftmals langsamer und holperiger, als es den ITR-Verantwortlichen lieb war, gingen bislang Europäisierung und die Planung außereuropäischer Ausflüge vonstatten.

Die Planungen von Gastrennen in Moskau und Dubai verliefen im Sande, der wertungsfreie Lauf in Schanghai 2004 wird im Nachhinein hauptsächlich mit einem Gullydeckel assoziiert, dessen Eigenleben nicht nur Bernd Mayländers Mercedes CLK übel aufstieß... Die Wertungsläufe auf der früheren DTM-Traditionsstrecke Zolder 2002, im portugiesischen Estoril 2004 sowie im belgischen Spa-Francorchamps 2005 brachten es nicht zu einer Neuauflage; der Spott der Piloten über den "Micky-Maus-Kurs" im italienischen Adria wollte auch beim zweiten Gastspiel 2004 nicht abreißen. Auf eine Sondergenehmigung der französischen Behörden, die ein Stadtrennen in Avignon ermöglicht hätten, wartete man 2005 trotz anfänglich gegenteiliger Signale vergeblich.

2001 verließ die neue DTM erstmals Deutschland - hier mit Ziel Zandvoort, Foto: Sutton
2001 verließ die neue DTM erstmals Deutschland - hier mit Ziel Zandvoort, Foto: Sutton

So erlebte die DTM eher unfreiwillig eine Europäisierung in Trippelschritten - die jedoch trotz oder gerade wegen jener Launen der DTM-Geschichte nun zum Erfolg zu kommen scheint. Im tschechischen Brünn brachte es die DTM ebenso wie auf dem österreichischen A1-Ring zu erfolgreichen Gastauftritten; die Niederlande sind mit Zandvoort schon seit 2001 fest im Rennkalender etabliert. Verzögert, aber umso konsequenter konnte die DTM in der abgelaufenen Saison die für die vertretenen Marken weitaus wichtigeren europäischen Kernmärkte in Angriff nehmen:

Gemessen an den berechtigten Zweifeln an der Überholfreundlichkeit des Kurses sowie der Zuschauerkapazitäten würde das erste Rennen in Brands Hatch zum Erfolg; die neue Motorsportbegeisterung der Spanier schlug sich in Barcelona in gezählten 42.000 Zuschauern nieder. Auch das Gastspiel in Le Mans übertraf die gedämpften Erwartungen - und fällt 2007 dennoch aus dem Rennkalender: Zur Freude der Ingolstädter, die auf dem Circuit Bugatti ihr wohl bitterstes Rennen des Jahres erlebten, behagte den Streckenbetreibern der Blick auf die Einnahmen nicht. Französischer Ersatz für 2007 war in Form von Magny-Cours schnell gefunden; mit Mugello deckt die DTM auch den letzten westeuropäischen Volumenmarkt ab. Ergebnis ist die Rekordzahl von fünf Auslandsrennen - womit die seit langem angestrebte Quote von 50 Prozent nur knapp verfehlt wird...

Mugello - DTM im Alfa-Land

Zuletzt wurden bei Testfahrten DTM-Boliden in Mugello gesichtet, Foto: Audi
Zuletzt wurden bei Testfahrten DTM-Boliden in Mugello gesichtet, Foto: Audi

Die italienische Traditionsstrecke, die mit ihrem Debüt am 15. Juli zu den bewährten Auslandseinsätzen in Barcelona, Brands Hatch und Zandvoort hinzustößt, ist in der DTM-Welt keine Unbekannte: Bei respektabler Resonanz von jeweils 35.000 Zuschauern stellte sich die ITC bereits 1995 und 1996 den kritischen Augen der Tifosi. Der in Ferrari-Eigentum befindliche Kurs nördlich von Florenz, der schon im Rahmen der Saisonvorbereitung 2005 für Testfahrten herhalten musste, dürfte nicht nur einer weiterhin hartnäckig in die DTM geschriebenen dritten Marke mit Sitz in Mailand behagen:

So unterlag Mercedes zu ITC-Zeiten bei vier Läufen nur einmal dem Lokalmatadoren Alfa Romeo - zwei der drei Mercedes-Siege gingen auf das Konto Bernd Schneiders. Die Konkurrenz aus Ingolstadt dürfte dies indes kaum beunruhigen. Die vergleichsweise enge, sich über 5,245 Kilometer erstreckende Asphaltbahn in der Toskana hält mehr als nur genug Kurven bereit: Sollte Audi die traditionelle, leichte Topspeedschwäche auch 2007 nicht überwunden haben, dürfte der aufmerksame Blick in den Rückspiegel für die Fahrercrew nur auf der langen Start-/Ziel-Geraden unumgänglich sein...

Magny-Cours - Neuanfang in der Provinz

Die ITC-Läufe in Magny-Cours ernteten nur mäßige Resonanz, Foto: Porsche
Die ITC-Läufe in Magny-Cours ernteten nur mäßige Resonanz, Foto: Porsche

Dass das Magny-Cours-Wochenende nicht auf den Mugello-Termin fällt, darf bereits als guter Ansatz gewertet werden - fiele der Qualifying-Samstag doch sonst auf den französischen Nationalfeiertag. Dies wiederum hätte wohl manch stolzen Franzosen dazu gebracht, die DTM mit jenem Wegschauen zu strafen, wie es ihr schon 1995 und 1996 in Magny-Cours entgegengebracht wurde: Nur 12.000 bzw. 16.000 Zuschauer verfolgten zu ITC-Zeiten die vier Läufe, die Mercedes gegen Alfa Romeo und Opel mit einem 3:1 für sich entschied. 2007 erwartet den DTM-Tross eine nur geringfügig modifizierte Strecke:

Mit 4,411 Kilometern würde Magny-Cours in seiner Grand-Prix-Version zu den längeren im Kalender gehören; der Streckencharakteristik fehlt es weiterhin an eindeutigem Charakter: An Abtrieb und Motorleistung werden jeweils durchschnittliche Anforderungen gestellt. Ob die DTM in Magny-Cours einen würdigen Le-Mans-Ersatz gefunden hat, bleibt abzuwarten: In Formel-1-Kreisen ruft der Kurs ebenso wie die zahlreichen Kuhweiden der Bourgogne in der Regel kaum mehr als ein Gähnen hervor - das dann von einem Schmunzeln begleitet wird, wenn die F1-Abteilung von Audi-Sponsor Red Bull eine ihrer regelmäßigen PR-Parodien auf Strecke, Land und Leute zum Besten gibt...