Die viel zitierte Unruhe in der vermeintlich besinnlichen Vorweihnachtszeit bekommen zunehmend auch die DTM-Piloten - und solche, die es werden wollen - zu spüren: Bescherte man dem 20-köpfigen Fahrerkreis vor Jahren noch bevorzugt bereits im Rahmen der der Essen Motor Show ein gewichtiges Vorweihnachtsgeschenk in Form eines DTM-Cockpits, scheinen sich mittlerweile Zitterpartien bis weit über den Jahreswechsel hinaus eingebürgert zu haben. So mancher Fahrer mag sich an seine Kindheit und damit an die früheren "Reisen nach Jerusalem" erinnert fühlen...

Zwar bleibt es den Anwärtern auf einen DTM-Boliden erspart, um eine Stuhlreihe aus viel zu wenigen Schalensitzen zu kreisen - dafür jedoch scheinen sich die Gespräche so mancher Vertragsverhandlung mehr und mehr im Kreis zu drehen. Selbst bei vermeintlich banalen Vertragsabschlüssen wartet die DTM-Welt weiterhin auf ihre Vollendung sowie die öffentliche Bestätigung. Wir fassen zusammen, wer bereits in Jerusalem angekommen ist, wer noch einen weiten Weg vor sich hat - und wer von selbigem schon abgekommen scheint...

Reise nach Ingolstadt

Was Personalfragen angeht, so wähnte sich Audi bereits nach dem Saisonende oft unfreiwillig in den Schlagzeilen. Und auch nach aktuellem Stand warten die Ingolstädter mit einem Kuriosum auf: Nachdem man den Vertrag mit Mattias Ekström schon im Dezember letzten Jahres bis einschließlich 2008 verlängert hatte, ist es ausgerechnet der am wenigsten erfolgreiche Neuwagenpilot der abgelaufenen Saison, der sich seines Cockpits im 2007er-Fahrzeug auch juristisch am sichersten sein darf. Ein Zustand, der mit der Formsache der Vertragsverlängerungen für die 2006 zur Hochform aufgelaufenen Tom Kristensen und Martin Tomczyk an Ironie verlieren wird.

Timo Scheider dreht weiterhin Runden um den Stuhlkreis..., Foto: AUDI
Timo Scheider dreht weiterhin Runden um den Stuhlkreis..., Foto: AUDI

Derweil muss sich Timo Scheider weiterhin mit der altbekannten Zitterpartie um das vierte Abt-Audi-Cockpit plagen. Zwar gibt es trotz gegenteiliger Äußerungen Christian Abts im DTM-Fahrerkader der Ingolstädter keine echte Alternative zum konstanten Lahnsteiner, der seine Topleistungen früherer Opel-Jahre im Audi-Jahreswagen noch zu optimieren wusste. Und auch angesichts der insgesamt negativen Erfahrungen mit routinierten Quereinsteigern à la Allan McNish, Rinaldo Capello und Emanuele Pirro dürfte das Pendel selbst im Zweifelsfall zu Gunsten Scheiders ausschlagen. Zeit will man sich dennoch lassen...

Noch weniger Gewissheit herrscht derweil im Jahreswagenlager: Dass sich Christian Abt bei allen Kontroversen auf und neben der Strecke ein sichtlich besseres Bewerbungszeugnis ausstellte als Pierre Kaffer und Frank Stippler, ist keine neue Erkenntnis. Ersatz für die mutmaßlich ausgebooteten Kaffer und Stippler sowie den höchstwahrscheinlich beförderten Scheider bietet sich reichlich an: Neben den überzeugenden Futurecom-TME-Teilzeitpiloten Nicolas Kiesa und Thed Björk, die aus eben solchen Ambitionen von Beginn an kein Geheimnis machten, bezieht Audi laut motorsport aktuell auch die Porsche-Sportwagenpiloten Mike Rockenfeller und Lucas Luhr in die Überlegungen ein. Auch Jeroen Bleekemolen wäre eine überlegenswerte Option - hinge dem Niederländer nicht noch das Hinterherfahrer-Image aus Opel-Zeiten an.

Reise nach Stuttgart

Wider Erwarten dürften Lauda und Stoddart weiterhin einen Gebrauchtwagen steuern, Foto: Sutton
Wider Erwarten dürften Lauda und Stoddart weiterhin einen Gebrauchtwagen steuern, Foto: Sutton

Gesprächiger als sein Kollege Dr. Wolfgang Ullrich präsentiert sich seit Wochen Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Von Bruno Spengler über Mika Häkkinen bis hin zu Susie Stoddart - laut Haug sind die Vertragsverlängerungen hier bereits per Handschlag beschlossene Sache. Weit wackeliger als die Abschlüsse mit Spengler und Bernd Schneider erscheint dennoch weiterhin das dritte DTM-Jahr für Mika Häkkinen: Mit jüngsten Zitaten heizte der Finne vage Befürchtungen der DTM-Fans an, wonach Häkkinen in einer Rückkehr in die Formel 1 mehr Reiz sehen könnte als im HWA-Neuwagen - wenngleich er seine neue Rolle in der F1 wohl eher außerhalb des Cockpits fände.

Derweil rückt das viel zitierte Comeback Gary Paffetts ebenso wie die Frage näher, wo in HWA-Reihen Platz für den DTM-Champion von 2005 wäre. Die simpelste Lösung eines HWA-Fahrerquintetts würde vermutlich durch die Vorbehalte Audis gegen den Einsatz von jeweils fünf Neuwagen torpediert, zumal es den Herren der Ringe deutlich schwerer fiele, eine adäquate Besetzung für das fünfte Cockpit zu finden... Im Falle eines finnischen Bekenntnisses zur DTM gebietet daher schon allein die Logik den Abschied Jamie Greens aus dem HWA-Neuwagenquartett.

Ähnlich nebulös wie bei Audi gestaltet sich auch bei Mercedes die Zusammenstellung des 2006er-Kaders: Neben dem zuletzt streckenweise brillanten Alexandros Margaritis dürfen nach der jüngsten Fahrersichtung in Estoril laut motorsport aktuell auch Daniel La Rosa und der Meister der F3 Euroserie Paul di Resta mit Plätzen im Jahreswagen rechnen. Mathias Lauda und Susie Stoddart sollen hingegen bei den spanischen Tests vom Weg nach Jerusalem abgekommen sein - und auf ein Jahr im 2005er-Gebrauchtwagen zusteuern...