Wie verlief die Saison aus Ihrer Sicht für das Team Abt?
Albert Deuring: Es hat viele Höhen und Tiefen gegeben. Wir haben stark angefangen und zum Ende hin kleine Durchhänger gehabt. Wir haben versucht, diese wieder aufzufangen, damit wir in Hockenheim gut dastehen, doch leider haben wir die Meisterschaft schon ein Rennen früher verloren. Uns wäre es natürlich lieber gewesen, das Ganze noch spannender zu gestalten. Aber es hat nicht sollen sein. Wir haben im Prinzip zwei Fehler bei Tom Kristensen gemacht. Einerseits der technische Defekt in Brands Hatch, andererseits hat er einen kleinen Aussetzer in Barcelona gehabt. Dadurch haben wir die Meisterschaft verloren. Hier ist alles so eng, dass es schon nach nur einem winzigen Fehler schwierig wird, weiter um den Titel mitzufahren. Bernd Schneider ist die ganze Saison konstant gefahren, war stets schnell. Er hat immer Punkte geholt und dazu kann ich ihm nur gratulieren. Mattias hat hingegen viel Pech gehabt: Gleich im ersten Rennen ein technisches Problem und am Lausitzring, als er vorne war, hat sich das Team einen Fehler erlaubt. Er selbst hat nichts von seinem Speed, seinem Kampfeswillen und seiner Fahrzeugbeherrschung verloren. Im Motorsport liegen das Glück und das Leid eng beieinander.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Heinz-Harald Frentzen?
Albert Deuring: Heinz-Harald stand sehr in der Öffentlichkeit und es dauerte eine gewisse Zeit, bis man sich kennen gelernt hatte. Wir versuchen, uns natürlich so schnell wie möglich auf neue Teammitglieder einzustellen, aber das beruht auch auf Gegenseitigkeit. Da er neu hinzugekommen ist, hat er zunächst noch viele Dinge ausprobiert. Das Problem bestand auch darin, dass er in Hockenheim gleich eine super Leistung gezeigt hat, auf das Podium gefahren ist und es im Anschluss nicht mehr so gut gelaufen ist. Er stand dann gleich in der Kritik, obwohl es doch eigentlich menschlich ist, denn jeder muss verstehen, dass man sich erst einmal zurechtfinden muss. Im weiteren Verlauf haben wir versucht, alles etwas umzustrukturieren. Er bekam einen neuen Renningenieur, mit dem er besser zusammen gearbeitet hat. Seitdem brachte er auch konstant seine Leistungen. Die Meisterschaft ist zu eng, da kann man nicht hin und her wechseln, wie man es gerade braucht, sondern man muss sich aufeinander einstellen.

Das Reglement sah Einschränkungen in verschiedenen Bereichen vor. Was waren Ihre Arbeitsfelder?
Albert Deuring: Man muss natürlich ganz klar differenzieren zwischen den 2005er-Autos und den aktuellen Autos. Bei den neuen Autos ist im Prinzip der Entwicklungsspielraum sehr groß. Das heißt, dass die Aerodynamik, also die Außenhaut, zwar die Gleiche ist, man jedoch an der Frontplatte etwas hatte ändern dürfen, ebenso war das Fahrwerk komplett frei. Die Sitzkiste und die Tankkiste waren eingefroren, daran durfte Audi nichts machen, das galt auch für die Crashboxen. Sonst stand Audi im Grunde genommen alles frei und man kann sich noch sehr viel bewegen.

Auch Deuring sieht Unterschiede in den Charakteristiken von A4 DTM und C-Klasse, Foto: DTM
Auch Deuring sieht Unterschiede in den Charakteristiken von A4 DTM und C-Klasse, Foto: DTM

Wie läuft durch die Testlimits die Entwicklung ohne den Fahrer?
Albert Deuring: Audi ist bei der Fahrzeugentwicklung viel auf den eigenen Prüfständen und entwickelt das Auto auf diese Weise weiter. Angefangen beim Dämpferprüfstand über den Windkanal bis hin zu anderen Prüfständen. Man muss jedoch die Testtage, die noch zur Verfügung stehen, effektiv nutzen. Dabei konzentriert man sich auf die wesentlichen Punkte und testet das dann aus.

Mercedes scheint auf den schnellen und Audi auf den langsameren Passagen besser zurechtzukommen. Arbeiten Sie direkt daraufhin?
Albert Deuring: Die Teams versuchen, sich mit den Setups auf die verschiedenen Strecken einzustellen. Man kann pauschal vielleicht sagen, dass uns die mittelschnellen Passagen liegen und Mercedes stark beim Herausbeschleunigen aus den Kurven ist. Mercedes hatte einen besseren Topspeed, aber in diesem Bereich haben wir aufgeholt. Man kann bei den Linien und natürlich beim Setup viel variieren. Früher war die Philosophie anders, aber das ist auch schon ein paar Jahre her. Mittlerweile sind die Autos sehr eng beieinander. Daher gibt es keine unterschiedlichen Philosophien mehr - man versucht, überall schnell zu sein.

Was könnte man technisch ändern, um die Anzahl der Überholmanöver zu erhöhen?
Albert Deuring: Ich glaube, wenn die Sportkommissare zu ihrer alten Regel zurückkehren und nicht so hart bestrafen. Man hat zum Beispiel in Barcelona gesehen, dass das Überholen möglich ist. Aber Mattias Ekström ist für eine Aktion mit einer Durchfahrtsstrafe bestraft worden, wo es völlig unberechtigt war, weil ihn Bernd Schneider geblockt hat. Wenn so bestraft wird, werden die Überholvorgänge natürlich immer weniger, weil man stets die Angst haben muss, dass man bestraft wird. Das ist sicherlich der Hauptaspekt, denn mit den Autos ist das Überholen möglich. Technisch kann man sicherlich auch dazu beitragen, doch dafür müsste man die Aerodynamik reduzieren und somit wieder ein komplett neues Auto bauen. Dies wiederum kostet viel Geld.

Woran liegt es, dass sich die Ex-Formel-1-Fahrer in der DTM so schwer tun?
Albert Deuring: Sie tun sich nicht so schwer. Aber man sieht, dass die DTM auch einen sehr hohen Stellenwert hat - nicht nur die Formel 1 ist top. Sie ist sicherlich hinsichtlich des Marketings top und in den Köpfen der Menschen ist verankert, dass die Formel 1 das Höchste ist. Aber auch bei uns ist es sehr eng - und das macht es selbst für einen Ex-Formel-1-Fahrer nicht so einfach. Auch sie müssen hier lernen und ihre Erfahrungen sammeln, damit sie ganz nach oben kommen.

Zum Freitagstest: Betreibt man dort echte Weiterentwicklung oder doch eher Detailarbeit für das Wochenende?
Albert Deuring: Die Freitagstests sind aus dem Grund entstanden, dass die Testtage während der Saison reduziert wurden. So fährt man ohnehin zur Rennstrecke und hat nicht einen solch großen Aufwand wie bei einem normalen Testtag. Dafür hat man die Entwicklungstesttage reduziert. Es wird bei den Rennwochenenden indirekt weiterentwickelt. Einerseits sammelt man Erfahrungen, andererseits hat man aber auch einige neue Teile dabei, die man hier vor Ort ausprobiert. Aber immer auch im Hinblick auf die Rennperformance. Ich finde das eine sehr gute und kluge Lösung.

Wird das Auto eher auf den Fahrer eingestellt oder muss sich der Fahrer einstellen?
Albert Deuring: Das Reglement ist sehr eng; insofern sind gewisse Gegebenheiten da, auf die sich der Fahrer einstellen muss. Der Fahrer muss mit dem Auto zurechtkommen. Beim Setup hat man einige Variationsmöglichkeiten, mit denen man das Auto dann wieder auf den Fahrer adaptieren kann. Es findet eine gewisse Feinabstimmung statt.

Hat Sie die Performance der Jahreswagen überrascht?
Albert Deuring: Nein, denn es war ja das Ziel des Reglements, mit dem Gewichtsvorteil die Konkurrenzfähigkeit der Jahreswagen zu erhöhen. Es war von der ITR gewollt, dass auch die Jahreswagen ein Wörtchen mitreden können und nicht nur die neuen Autos vorneweg fahren. Das hat gut funktioniert und es macht alles interessanter, da viel mehr Autos vorne an der Spitze mitmischen.