Gary im Glück - so hatten wir im Dezember 2005 nicht ohne Grund getitelt: Der Gewinn des DTM-Titels lag erst zwei Monate zurück, als Gary Paffett privat wie beruflich zu neuen Höhenflügen ansetzte: So gab der Brite kurz vor Weihnachten sowohl seiner Lebensgefährtin Lisa vor dem Traualtar als auch McLaren-Mercedes in Woking das Jawort. Letzteres bedeutete einen Testvertrag, der nach den Wünschen Paffetts im zweiterfolgreichsten Team der Formel-1-Geschichte zum Stammcockpit hätte führen sollen, wollte Paffett doch anders als sein früherer Teamkollege Christijan Albers seine F1-Karriere nicht in "irgendeinem" Team beginnen...

Wäre er doch in der DTM geblieben - so mögen die Gedanken seiner Fans in den vergangenen Wochen ausgesehen haben. Dass auch Paffett ähnliche Gedanken hegte, war durchaus zu erahnen. Während der McLaren-Testfahrten hatte der DTM-Seriensieger zwar solide Leistungen dargeboten, das Team jedoch nicht recht von seinem Speed überzeugen können. Die britische Nachwuchshoffnung Lewis Hamilton im zweiten McLaren-Testcockpit warf seine Schatten voraus. Und dass anders als er selbst neben Hamilton gar Pedro de la Rosa als Kandidat für das zweite McLaren-Stammcockpit für 2007 im Gespräch ist, der in einigen seiner diesjährigen F1-Grand-Prix als Montoya-Ersatz nicht über eine mittelmäßige Performance hinausgekommen war, kann dem ehrgeizigen Paffett ebenso wenig behagen wie das Scheitern des angestrebten Wechsels ins Honda-Testcockpit...

Dennoch vermochte die Meldung unserer britischen Kollegen von Autosport zu überraschen: Gary Paffett liebäugelt mit einer Rückkehr in die DTM - und konnte damit als "Gary Tailor" auf längst vergessenen Spuren des erfolgreichsten Piloten der DTM-Geschichte wandeln...

Mit Vollgas in die Formel 1...

Für Bernd Schneider rentierte sich das DTM-Comeback..., Foto: DTM
Für Bernd Schneider rentierte sich das DTM-Comeback..., Foto: DTM

So kannten auch die 80er-Jahre eine Nachwuchshoffnung, der die DTM bei weitem noch nicht genug war: Als Mitglied des ambitionierten Ford-Youngster-Trios, zu dem sich auch die späteren DTM- bzw. ITC-Meister Frank Biela und Manuel Reuter zählten, war Bernd Schneider 1986 in die DTM eingestiegen. Zwar schnitt insbesondere Reuter im Folgejahr mit dem Gewinn der Vizemeisterschaft im wenig zuverlässigen Ford Sierra deutlich erfolgreicher ab als Schneider, für den auf den 27. Gesamtrang des Vorjahres 1987 Platz 15 unter 38 gewerteten Piloten gefolgt war. Der Speed des Saarländers war dennoch nicht im Verborgenen geblieben, so dass Schneider bereits nach zwei DTM-Jahren - einem weniger als Paffett - den vermeintlichen Höhenflug in die Formel 1 antrat...

Die Notbremse gezogen

Der Wunsch, als deutsche F1-Nachwuchshoffnung die Nachfolge des wenige Jahre zuvor verunglückten Stefen Bellof anzutreten, erfüllte sich für Schneider jedoch von Beginn an nicht. Ist das Qualifying bekanntermaßen auch zu DTM-Zeiten zuweilen nicht das bevorzugte Metier des heute 42-Jährigen, so wurde es ihm 1988 wie 1989 in der Formel 1 zum Verhängnis. Zu schwach präsentierten sich die Zakspeed-Boliden Schneiders, als dass die erfolgreiche Qualifikation für das Rennen seinen Status als Rarität hätte verlieren können. Nach dem gescheiterten Formel-1-Experiment hielt Schneider seine Reputation mit Sportwagen-Einsätzen aufrecht, um nach zaghaften Comeback-Versuchen im Vorjahr 1992 als Mercedes-Stammfahrer in die DTM zurückzukehren...

Knapp die Kurve bekommen

Bilder wie diese wurden 2005 zur Gewohnheit, Foto: Sutton
Bilder wie diese wurden 2005 zur Gewohnheit, Foto: Sutton

Doch ebenso wenig wie Schneiders DTM-Rückkehr ohne Mühen vonstatten ging, dürfte auch ein Comeback Gary Paffetts, das er angesichts seiner Vorbehalte gegen ein weiteres McLaren-Testjahr als "logische Wahl" bezeichnet, keine Selbstverständlichkeit sein. "Ja, die Atmosphäre in der DTM vermisse ich. In der DTM gibt es definitiv eine familiärere Atmosphäre", hatte Paffett uns gegenüber bereits bei seinem Besuch in Brands Hatch im Juli leichte Sehnsüchte geäußert.

Und wenngleich bei Mercedes-Sportchef Norbert Haug weiterhin keine Zweifel an den Qualitäten seiner früheren DTM-Speerspitze bestehen dürften, stellt sich dem Rückkehr in die HWA-Familie so manches Hindernis entgegen - sollte sich Paffett denn tatsächlich endgültig zu einer solchen entschließen. Das diesjährige HWA-Fahrerquartett scheint auch für 2007 gesetzt. Ob sich Paffett Hoffnungen darauf machen kann, dass die Formsache der Vertragsverlängerung für Mika Häkkinen im letzten Moment scheitert, darf bezweifelt werden. Auch die Variante, wonach Paffett das Cockpit des nur bedingt überzeugenden Jamie Green übernähme, erscheint unwahrscheinlich. Käme es daher zur diskutierten Aufstockung der Mercedes-Neuwagenflotte auf fünf Fahrzeuge?

Selbst wenn - ein erfolgreiches Paffett-Comeback würde dennoch keine Selbstverständlichkeit darstellen. Dass der 25-Jährige angesichts seines Titelgewinns 2005 anders als Schneider zu Ford-Zeiten bereits während seiner ersten DTM-Jahre den Gipfel erklommen hatte, muss nicht von Vorteil sein. Und auch sein zuletzt brillanter Nachfolger Bruno Spengler, der noch nach seinem ersten DTM-Titel giert, gäbe 2007 sein Äußerstes, damit sich die Motorsportkarrieren Bernd Schneiders und Gary Paffetts nicht noch ähnlicher werden...