Trotz des in wesentlichen Teilen eingefrorenen Reglements verneinen es die beiden Cheftechniker von Abt-Audi und HWA-Mercedes unisono, sich eine Erweiterung ihrer technischen Spielwiese zu wünschen. Und auch was die angestrebte Erleichterung von Überholmanövern in der DTM angeht, geben sich Albert Deuring und Gerhard Ungar bescheiden: Zwar läge es nahe, angesichts der ohnehin wieder zur Weiterentwicklung freigegebenen Aerodynamik, wie sie der Modellwechsel im Hause Mercedes fordert, die "aerodynamische Revolution" zu Gunsten überholfreundlicherer Fahrzeuge zu fordern - aus Sicht der beiden Techniker wäre dies jedoch nur bedingt sinnvoll:

"Es wird immer darüber geredet, dass die Fahrzeuge weniger Abtrieb haben sollen, weil man dann näher zum Gegner aufschließen und besser überholen kann. Doch ich weiß nicht, ob das der bessere Weg wäre", zweifelt HWA-Cheftechniker Gerhard Ungar uns gegenüber am Sinn solcher Bemühungen, während sein Abt-Kollege Albert Deuring einstimmt und die Tragweite der dafür nötigen Änderungen vor Augen führt: "Technisch kann man sicherlich auch dazu beitragen, doch dafür müsste man die Aerodynamik reduzieren und somit wieder ein komplett neues Auto bauen. Dies wiederum kostet viel Geld."

Passend zu seinen verständlichen finanziellen Bedenken hat Deuring sogleich auch ein äußerst preiswertes, weil kostenloses Mittel parat, die Zahl der Überholmanöver zu erhöhen: "Die Sportkommissare sollten zu ihrer alten Regel zurückkehren und nicht so hart bestrafen. Man hat zum Beispiel in Barcelona gesehen, dass das Überholen möglich ist. Aber Mattias Ekström ist für eine Aktion mit einer Durchfahrtsstrafe bestraft worden, wo es völlig unberechtigt war", nennt Deuring im Gespräch jenen Faktor, den er zugleich als "Hauptaspekt" sieht: "Wenn so bestraft wird, werden die Überholvorgänge natürlich immer weniger, weil man stets die Angst haben muss, dass man bestraft wird."

Gilt es, den Piloten die "Furcht" vor Überholmanövern zu nehmen? Gerhard Ungar stimmt dem psychologischen Aspekt zu, sieht jedoch weniger die Sportkommissare als vielmehr die Streckenlayouts als Hindernisse. "Das Wichtigste ist, dass die Strecken die richtigen Charakteristiken aufweisen. Man sieht schließlich, welche die Strecken sind, auf denen überholt wird. Hockenheim ist hierfür eine recht gute Strecke - und ganz speziell der Norisring", nennt Ungar die Leib- und Magenstrecken seiner HWA-Mercedes und stimmt zugleich ITR-Chef Hans Werner Aufrecht zu. Jenes Arbeitspensum, das ein völliges Umkrempeln der Aerodynamik mit sich brächte, hat sich Aufrecht vermutlich selbst beschert - im Bestreben, die Betreiber einschlägiger Kurse zur Änderung des Streckenlayouts zu bewegen...