Gestandene Sieger- und Meisterfahrzeuge - nach dem Opel-Ausstieg degradiert zum Feldauffüller. Vier Fahrzeuge, die vor zwei Jahren um den DTM-Titel kämpften und noch 2005 für Achtungserfolge in den Punkterängen sorgten - pilotiert von Tourenwagenanfängern und eingesetzt von teils wenig erfahrenen Teams. Hätten sich die beiden Audi A4 DTM sowie die zwei Mercedes C-Klassen des Jahrgangs 2004 verbal verständlich machen können, hätten sie wohl für einen Platz im Automuseum plädiert, anstatt eine dritte DTM-Saison auf sich zu nehmen. Erlebten die vier automobilen Senioren vor dem wohl verdienten Ruhestand dennoch einen würdigen Abgang?

Die Piloten

Der zahlende Holländer, der Österreicher mit dem großen Namen und die beiden Quotenfrauen - Kritiker der DTM sahen in der Besetzung der vier Gebrauchtwagen Olivier Tielemans, Mathias Lauda, Vanina Ickx und Susie Stoddart gefundenes Fressen. Während Laudas Ruf 2005 nach eher schwachen Ergebnissen in der GP2-Serie weiter gelitten hatte, konnten die finanzielle Mitgift Tielemans sowie der gewünschte Marketingeffekt des weiblichen DTM-Duos Ickx und Stoddart kaum abgestritten werden. Für das 2004er-Quartett galt es, sich die Reputation zunächst hart zu erarbeiten - was dem einen mehr gelang als dem anderen...

So gelang es Futurecom-TME-Pilot Olivier Tielemans vielmehr, den Kreis seiner Kritiker rasch zu erweitern - die sich schließlich auch im eigenen Team befanden: Mit durchschnittlichen Leistungen im Qualifying und einer schwachen Performance im Rennen schien der 21-jährige Tielemans dem Bild vom klassischen Paydriver zu entsprechen - und sorgte für eine teaminterne Panne, als er auf dem EuroSpeedway Lausitz eine Kollision mit Teamkollegin Ickx provozierte. Auch juristische Schritte konnten das vorzeitige Ende der DTM-Karriere des Niederländers nicht verhindern. Zwar kann die Entscheidung des Teams, einen unerfahrenen und möglicherweise noch lernfähigen Piloten nach bereits drei Rennen auszutauschen, durchaus kritisch betrachtet werden - am Ende zahlte sie sich jedoch aus.

Susie Stoddart wusste im Rennen von Beginn an zu überzeugen, Foto: Sutton
Susie Stoddart wusste im Rennen von Beginn an zu überzeugen, Foto: Sutton

Nach der Verpflichtung von Nachfolger Jeroen Bleekemolen schien bei Futurecom TME ein anderer Wind zu wehen: Mit Platz 14 vor Mathias Lauda und Susie Stoddart landete der Niederländer in Brands Hatch auf Anhieb einen Achtungserfolg; auch auf dem Norisring avancierte Bleekemolen zum erfolgreichsten Piloten eines 2004er-Fahrzeugs. Die Tatsache, dass Bleekemolen zwar einen fliegenden, jedoch ebenfalls einen zahlenden Holländer darstellte, dessen Sponsor nach zwei Rennen die Zahlungen ans Team einstellte, führte jedoch zu einer Neubesetzung des DTM-Schleudersitzes: Mit Ex-Formel-1-Pilot erhielt Bleekemolen einen würdigen Nachfolger, der in den Qualifying wiederholt seinen Speed aufblitzen ließ, im Rennen jedoch vom Pech verfolgt schien...

Nach einem Motorradunfall übernahm Thed Björk, seines Zeichens amtierender Schwedischer Tourenwagenmeister, das zweite Audi-Ruder - und stellte wie seine beiden Vorgänger eine Messlatte für Vanina Ickx dar. "Es sehr hilfreich für mich, mich mit Jeroen Bleekemolen und Nicolas Kiesa - und nun mit Thed Björk - zu vergleichen. Es ist immer interessant, einen sehr schnellen Teamkollegen zu haben, denn dann hat man einen Maßstab, an dem man sich orientieren kann", sah die Belgierin in der Fülle an Tielemans-Nachfolgern durchaus auch Positives - wenngleich ihre eigenen Schwächen damit umso offensichtlicher wurden: Oftmals um mehr als nur ein paar Zehntel wurde sie von Bleekemolen, Kiesa und Björk distanziert, das Abonnement letzter Plätze in Qualifying und Rennen vermochte sie während der gesamten Saison nicht zu kündigen...

"Auch zum Ende der Saison kann ich nicht sagen, dass das Auto und ich hundertprozentig zusammengewachsen sind - und das wäre schließlich das Ziel", gibt die Belgierin offen zu - und moniert den Mangel an Testfahrten mit ihrem Team. Das Damenduell konnte damit nur an Susie Stoddart gehen, die als Fernziel bereits ihren ersten DTM-Sieg ausgibt. Die überzeugende Rennperformance sollte der Schottin dabei nicht im Wege stehen: Beachtliche fünf Mal gelang es Stoddart, im Vierkampf der 2004er-Piloten als Siegerin hervorzugehen. Eine Baustelle stellt für Stoddart allerdings nach wie vor das Qualifying dar - was Mathias Lauda nur allzu gut kennt...

Olivier Tielemans geriet rasch auch teamintern in die Kritik, Foto: DTM
Olivier Tielemans geriet rasch auch teamintern in die Kritik, Foto: DTM

"Es war bisher meine Schwäche, in der einen Runde alles aus den Reifen herauszuholen. Nun habe ich im Bereich des Qualifyings stark aufgeholt", resümierte Lauda seine Lernfortschritte, die sich mit den Startplätzen zwölf und zehn in Zandvoort und Barcelona eindrucksvoll bemerkbar machten. Seine erste - und vermutlich nicht letzte - DTM-Saison hat der rennfahrerischen Entwicklung ebenso wie dem Image Mathias Lauda gut getan, wenngleich die Konstanz im Rennen nicht immer begeisterte.

Die Qualifyings

Dass ein 2004er-Mercedes des Persson-Teams beim Zeitfahren einen 2005er-Benz des Teams Mücke schlug, war zum Leidwesen der Berliner durchaus keine Seltenheit. Die Erfahrenheit der Truppe um Ingmar Persson verhalf Mathias Lauda zu besagten deutlichen Formsteigerungen im Qualifying, während sich die Qualifying-Schwäche des Mücke-Teams teilweise auch in den Ergebnissen Susie Stoddarts spiegelte. Auch für Ickx und Tielemans stellte das Team angesichts seiner Unerfahrenheit während der ersten Saisonhälfte keine große Hilfe dar - bis sich die Fortschritte bei der Debütantenmannschaft Futurecom TME in der zweiten Saisonhälfte insbesondere am Samstag bemerkbar machten:

Die zunächst noch skeptisch betrachteten, weil unerwartet guten Rundenzeiten Bleekemolens, Kiesas und Björks während der Trainingssession bestätigten sich während der zweiten Saisonhälfte im Qualifying regelmäßig. Die tendenzielle Überlegenheit des A4 DTM der Generation 2004 im Vergleich zur C-Klasse gleichen Baujahrs bildete sich so zunehmend auch wieder in den Ergebnissen ab - was im Rennen seltener gelang.

Mathias Lauda sorgte für die Qualifying-Highlights der Gebrauchtwagen, Foto: Sutton
Mathias Lauda sorgte für die Qualifying-Highlights der Gebrauchtwagen, Foto: Sutton

Die Rennen

Der Titel des erfolgreichsten 2004er-Fahrzeugs ging im Rennen acht Mal an Mercedes - was nicht nur Resultat des Rennpechs bei Nicolas Kiesa und Thed Björk war. Auch Vanina Ickx bestätigt den zunächst mühsamen Lernprozess ihres Teams: "Wir hatten in der Anfangsphase wiederholt Probleme bei den Boxenstopps oder der Strategie. Aber nun sehe ich deutliche Verbesserungen, das Team wird besser und besser", resümiert die Belgierin, deren Team von der Abgeklärtheit der Persson-Mannschaft naturgemäß noch weit entfernt ist:

So wussten die Rennstrategen des Teams ebenso zu überzeugen wie die Boxencrew - was Mathias Lauda auf dem Nürburgring dazu verhalf, gleich drei Fahrzeuge neueren Jahrgangs hinter sich zu lassen. Auch das Team Mücke leistete sich im Rennen keine nennenswerten Schwächen, konnte jedoch nicht verhindern, dass das Bild von der generellen Performance der 2004er-Fahrzeuge eher zwiespältig ausfiel: So gelangen den Piloten zwar insbesondere im Mercedes-Gebrauchtwagen Achtungserfolge. Diese waren jedoch nicht zwingend mit Siegen im Kampf gegen die Jahreswagen gleichzusetzen:

Selbst Susie Stoddarts neunter Platz beim Finalrennen in Hockenheim, die beste Platzierung eines Gebrauchtwagens der Saison, ging ausfallbereinigt nicht mit dem Triumph über einen Jahres- oder gar Neuwagen einher. In zehn Rennen ließen die Gebrauchtwagenpiloten in den Endabrechnungen nur neun Kollegen mit jüngerer automobiler Ausstattung hinter sich; bei vier Rennen landeten die Jahres- und Neuwagen gar geschlossen vor dem 2004er-Quartett. So machten sich die Entwicklungssprünge zwischen 2004er- und 2005er-Generation während der gesamtem Saison bemerkbar - sprach vor der Saison 2005 doch noch niemand von eingefrorenen Reglements und festgelegter Aerodynamik-Homologation...