Während der selbst ernannte "créateur d'automobiles" in der Formel 1 aller Voraussicht nach zum zweiten Mal zum "créateur du champion" avanciert, könnten die Franzosen auch in der DTM als "Meistermacher" hervortreten - allen voran jene, die den Circuit Bugatti vor mehr als 40 Jahren planten und errichteten. Dass sich die Spannung im Titelkampf angesichts eines Vorsprungs von 18 bzw. 19 Punkten Bernd Schneiders auf Tom Kristensen und Bruno Spenglers mittlerweile in Grenzen hält, ist keine Neuigkeit. Dass Kristensen und Spengler jedoch auf dem Circuit Bugatti einen gewissen Erfahrungsvorsprung aufweisen können, stellt auch für Schneider einen kleinen Unsicherheitsfaktor dar - fällt das Streckenlayout doch durchaus nicht in die Kategorie 08/15:

So teilt sich die 4,18 Kilometer lange Le-Mans-Kurzversion zwar die Start-/Ziel-Passage mit der legendären Langversion Circuit de la Sarthe, auf eine Schikane sowie die bekannte reifenähnliche Dunlop-Brücke folgt jedoch Asphalt gewordene Eigenständigkeit: Drei aufeinander folgende 180-Grad-Kurven mit unterschiedlichen Radien bergen so manche Überholmöglichkeit, die zweite Streckenhälfte mit ihren charakteristischen Kurvenkombinationen lassen bei der Erarbeitung des Setups genügend Möglichkeiten für Fehlgriffe.

Brüder im Geiste: Le-Mans-Siegerwagen Audi R10 TDI & der Audi A4 DTM, Foto: Audi
Brüder im Geiste: Le-Mans-Siegerwagen Audi R10 TDI & der Audi A4 DTM, Foto: Audi

"Dieser Teil ist technisch sehr anspruchsvoll. Hier ist es saumäßig schwierig, eine gute Linie zu finden. Mit dem DTM wird es genauso sein - hier kann man viel Zeit gewinnen, aber eben auch verlieren", bestätigt Ex-Mercedes-Pilot Markus Winkelhock uns gegenüber die Raffinesse insbesondere der letzten Kurven - und macht neben der Möglichkeit erfolgreicher Ausbremsmanöver auch besondere Tücken wie kaum bis gar nicht einsehbare Kurven sowie überhöhte Kerbs aus, die im Falle eines Missgeschicks Siegträume mit scharfen Karbonscherben platzen lassen können.

Audi

An guten Omen mangelt es bei den Ingolstädtern nicht: Von den beiden jüngsten Siegen über die altbekannten Le-Mans-Triumphe Tom Kristensens bis hin zur Namensgebung des Kurses nach dem Gründer einer heutigen Audi-Konzernschwester... "Ich behaupte, Le Mans ist für Audi eine Heimstrecke. Deshalb sind wir aufgefordert, eine gute Leistung zu zeigen", spielt Abt-Teamchef Hans-Jürgen Abt auch auf die im Audi-Lager weit verbreitete Vermutung an, wonach die mit verschiedensten Kurvenkreationen aufwartende Strecke gut zur Charakteristik jeglicher A4-DTM-Generationen passt.

Circuit Bugatti und Circuit de la Sarthe teilen sich die das Start-/Ziel-Areal, Foto: Sutton
Circuit Bugatti und Circuit de la Sarthe teilen sich die das Start-/Ziel-Areal, Foto: Sutton

Doch wenngleich das Abt-Quartett zuletzt mit einer hervorragenden fahrerischen Mannschaftsleistung insbesondere im Qualifying aufwarten konnte, die Regenschwäche etwas gelindert scheint und es auch an guten Rennstrategien nicht mangelte - allein aus eigener Kraft wird Audi die Chancen in Fahrer- und Teamwertung nicht wahren können. Auch die möglicherweise entscheidende Zehntelsekunde wird den Ingolstädtern nach dem Wegfall des Gewichtsvorteils nicht mehr "geschenkt" werden.

So erscheinen die Einzelleistungen der Piloten gerade angesichts der jüngsten Vorstellungen interessanter als das letzte Aufbäumen im Titelkampf: So wird Mattias Ekström beweisen müssen, nach seinem überzeugenden Rennspeed in Barcelona endgültig an seine Form der vergangenen beiden Jahre anschließen zu können; Heinz-Harald Frentzen muss seinen zaghaften Aufwärtstrend im Sinne seiner DTM-Zukunft manifestieren. Christian Abt, Pierre Kaffer und Frank Stippler steht die zweitletzte Chance bevor, die optimierungsbedürftige Bilanz von bislang nur einem Punkterang zu verbessern.

Sehen wir Bernd Schneider schon in Le Mans in Titelpose?, Foto: DTM
Sehen wir Bernd Schneider schon in Le Mans in Titelpose?, Foto: DTM

Mercedes

"Die Strecke mit den vier Haarnadelkurven ist für uns Fahrer bestimmt sehr fordernd. Ich habe mich gut vorbereitet und will aufs Podium", gibt sich Mika Häkkinen im Vorfeld des neunten Saisonlaufs kämpferisch. Ebenso wie Jamie Green will der Finne in Le Mans nach einer enttäuschenden Saison in Le Mans retten, was zu retten ist - und würde sich umso mehr Respekt verschaffen, sollte es ihm ausgerechnet auf einem auch ihm völlig unbekannten Kurs gelingen, die aktuellen Speerspitzen Bernd Schneider und Bruno Spengler endlich einmal zu übertrumpfen.

"Ein Mercedes-Sieg in Le Mans wäre deshalb für uns die beste Lösung und genau die streben wir an", gibt Sportchef Norbert Haug zwar die übliche Kampfansage aus. Ein eher konservatives und sicherheitsbedachtes Agieren Bernd Schneiders und des HWA-Teams wäre in Le Mans allerdings keine Überraschung - hat es für Mercedes doch durchaus auch seinen Reiz, den Schlagzeilen eines möglichen Audi-Sieghattricks mit einem eigenen vorzeitigen Gewinn beider Meisterschaftswertungen Randspaltencharakter zu verleihen...

Im Jahreswagenlager gibt es dagegen mehr Luft nach oben: Zwar ist Persson der inoffizielle Titel des erfolgreichsten Jahreswagenteams im Grunde längst sicher; doch nach den Querelen um Jean Alesi sowie der zuletzt mageren Ausbeute Alexandros Margaritis' täte das Team gut daran, trotz der für die 2005er-C-Klasse möglicherweise schwierigen Strecke an die zuweilen beeindruckende Performance von Saisonbeginn und -mitte anzuknüpfen. Derweil hat das Team Mücke noch realistische Chancen auf den Rang der zweitbesten Jahreswagenmannschaft vor der Ingolstädter Konkurrenz - und könnte damit seinen Teil zum Stuttgarter Traumergebnis in der Meisterschaftstabelle beitragen...