"Das Ziel ist es, die Meisterschaft zu gewinnen. Ich persönlich halte es für mich realistisch unter die ersten Drei der Meisterschaft zu kommen", hatte Martin Tomczyk zu Beginn der Saison erneut seine altbekannten Zielsetzungen offenbart. Es fiel schwer, sie ernst zu nehmen, schien Tomczyk doch zunächst nahtlos an das Vorjahr anzuknüpfen: An guten Tagen - und als solche konnten 2006 die ersten vier Rennsonntage bezeichnet werden - schaffte es Martin Tomczyk in die Punkteränge; die wahren Lorbeeren ernteten bei den Ingolstädtern jedoch die Teamkollegen. Die Vorstellungen künftiger Champions sahen anders aus.

Wenige Wochen später steht Martin Tomczyk in gänzlich anderem Licht da: Drei Mal in Folge brachte es der Rosenheimer auf das Podest - was außer ihm nur die beiden Meisterschaftsanwärter Bernd Schneider und Tom Kristensen zu Stande brachten. Souverän errang der langjährige Abt-Audi-Pilot in Barcelona seine erste Pole Position seit 2004 und ließ seinen ersten Renntriumph folgen. Die aktuelle Saison steht exemplarische für die radikalen Imagewechsel, die der heute 24-jährige seit seinem DTM-Einstieg im Jahre 2001 immer wieder vollzieht...

2001: Der klassische Rookie

Mit einem Ausfall beim Saisonauftakt in Hockenheim beginnt für Martin Tomczyk das Abenteuer DTM. Ausgerechnet als beim zweiten Saisonlauf ein gewisser Mattias Ekström zum Abt-Audi-Team stößt, wächst Tomczyk erstmals über sich hinaus: Während Teamkollege Laurent Aiello auf dem Nürburgring den ersten Sieg für Abt-Audi einfährt, wird Tomczyk auf Rang vier zweitbester Abt-Pilot - und fährt zugleich die Schnellste Rennrunde. Nach konstanten Punkteplatzierungen bis zur Saisonhalbzeit kommt Tomczyk das gewisse Quäntchen "Anfängerglück" abhanden: Auf weitere Punkte wartet der 19-Jährige vergeblich. Die wechselhaften Vorstellungen eines klassischen Rookies...

Mit dem ersten A4 DTM verschaffte sich Tomczyk 2004 Respekt, Foto: Sutton
Mit dem ersten A4 DTM verschaffte sich Tomczyk 2004 Respekt, Foto: Sutton

2002: Der Rohdiamant

Die zweite Saison beginnt für Martin Tomczyk ebenso wie die erste - mit einem Ausfall. Und erneut ist es das zweite Saisonwochenende, während dessen er zunächst aufzutrumpfen vermag: Nachdem er bereits in Hockenheim das Qualifikationsrennen gewonnen hat, erringt Tomczyk im belgischen Zolder die Pole Position. Dass Tomczyk das Rennen nicht beenden kann, passt zum Rest der Saison: Nur zwei seiner sieben, damals nach altem Formel-1-System nur für die ersten sechs Piloten vergebenen Meisterschaftspunkte sammelt Tomczyk im Hauptrennen. Die übrigen fünf Punkte stammen aus den Qualifikationsrennen - wo Tomczyk wie im Qualifying ein großes Potenzial an den Tag legt, das er im Rennen noch nicht immer umzusetzen vermag...

2003: Pechvogel vs. ewiges Talent

Im folgenden Jahr stellt sich diesbezüglich keine Besserung ein: Erneut blitzt im Qualifying regelmäßig das Talent des jungen Bayern auf, im Rennen jedoch hapert es. Immer wieder wird Martin Tomczyk im Rennen - oftmals auch unverschuldet - in Kollisionen verwickelt; am Ende stehen fünf Ausfälle in zehn Rennen zu Buche. Gemeinsam mit Karl Wendlinger und Peter Terting gehört Tomczyk mit einem Meisterschaftspunkt zu den am wenigsten erfolgreichen Abt-Audi-Piloten. Tomczyk erwirbt sich das Image des Pechvogels - oder alternativ das des "ewigen Talents", das - anders als der mittlerweile auf Rang drei zum erfolgreichsten Abt-Audi-Piloten avancierte Mattias Ekström - sein Potenzial einfach nicht umzusetzen vermag.

2005 folgte die Ernüchterung, Foto: Sutton
2005 folgte die Ernüchterung, Foto: Sutton

2004: Der Champion von morgen?

Die Qualifying-Qualitäten des Martin Tomczyks scheinen auch 2004 immer wieder durch, unter anderem in Form zweier Pole Positions. Doch auch im Rennen stellen sich endlich Erfolge ein: Dem ersten Podestplatz beim zweiten Saisonlauf gesellen sich drei weitere hinzu. Nachdem sich Tomczyk in seinem A4 DTM in Oschersleben die Pole Position gesichert hat, kämpft er mit Teamkollege Tom Kristensen um den ersten DTM-Sieg - ein Duell, das er nach langer Führung nur auf Grund der schlechteren Boxenstoppstrategie verliert. Auch ein Rennen später kann der zweitplatzierte Tomczyk das Tempo des siegreichen Mattias Ekström, bevor er sich beim Saisonfinale als sichtlich stärkster Audi-Pilot mit Bernd Schneider einen Kampf um den Sieg liefert. Der erste Sieg Martin Tomczyks - und in den Augen einiger Optimisten auch der erste Titel - scheinen nur noch eine Frage der Zeit...

2005: Der Überforderte

Sein erfolgreiches Jahr 2004 verklärt Martin Tomczyk in Interviews zur "perfekten Saison" - was angesichts dessen, was folgen sollte, verständlich erscheint. Oftmals nicht einmal ansatzweise kann Tomczyk an seine Performance des Vorjahres anschließen - sein Image als Qualifying-Ass gehört längst der Vergangenheit an. Wenngleich sich die Ausfallquote in Grenzen hält, gelingt Tomczyk im nach wie vor durchaus konkurrenzfähigen Audi A4 nicht ein einziges Mal der Sprung aufs Podest. In der Endabrechnung steht selbst der wenig ruhmvolle DTM-Neuling Teamkollege Allan McNish besser da als er. Martin Tomczyk scheint auf einem Tiefpunkt angelangt zu sein...

2006 erklimmt Tomczyk auch auf dem Podest ungekannte Höhen..., Foto: Audi
2006 erklimmt Tomczyk auch auf dem Podest ungekannte Höhen..., Foto: Audi

2006: Der Konkurrenzfähige

Nachdem Tomczyk noch in der Winterpause nachgesagt worden war, sein Cockpit im Audi-Neuwagen nur auf Grund des sportpolitischen Einflusses seines Vaters Hermann Tomczyk behalten zu haben, hat der 24-Jährige seine Kritiker eines Besseren belehrt: Mit deutlichem Abstand auf Rang fünf hat Martin Tomczyk mittlerweile den vierten Rang in der Gesamtwertung erobert - Platz drei und gar der Vizetitel sind zwei Rennen vor Ende der Saison noch im Bereich des Möglichen.

"Im letzten Jahr hat man gesehen, dass das Auto eindeutig schwieriger zu fahren war. Dieses Jahr ist der A4 DTM nicht mehr so nervös und im Grenzbereich einfacher zu fahren", hatte Tomczyk noch vor wenigen Monaten eingestehen zu müssen, mit dem vergleichsweise komplizierten A4 DTM des Jahres 2005 schlichtweg nicht zurecht gekommen zu sein, "letztes Jahr hatte ich das Problem, dass ich sehr viele unterschiedliche Fahrwerksabstimmungen hatte und mich nie auf eine einschießen konnte."

An derartige, für einen Rennfahrer wenig ruhmvolle Eingeständnisse braucht Martin Tomczyk 2006 gar nicht erst zu denken. Mit seinem ersten Sieg hat Tomczyk die Zweifel an seiner Fähigkeit, einen DTM-Titel zu erringen, zwar nicht ausgeräumt - die letzte Chance, die ihm Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich im Audi-Neuwagen in diesem Jahr einräumte, scheint jedoch eindrucksvoll genutzt. Wohin sich Martin Tomczyks Image 2007 während des vielleicht siebten Jahres im Audi-Neuwagen entwickelt, darf gespannt erwartet werden...