Nach sechs Jahren vergeblicher Titeljagd in der neuen DTM mag für so manchen DTM-Zuschauer schon der Gedanke an einen Titelträger im Opel-Boliden allzu verträumt angemutet haben. In Folge einer siegreichen Debütsaison 2000, während derer sich die Rüsselsheimer im Duell mit Mercedes oftmals hatten behaupten können, hatte es Opel zahlreicher positiver Ansätze zum Trotz nicht mehr bis an die Spitze der DTM geschafft - und musste sich mit vereinzelten Podestplätzen begnügen. Auch in der alten DTM war dem Engagement der hessischen Traditionsmarke nicht immer Erfolg beschieden. Und dennoch erlebte man nach unermüdlicher Arbeit einen eindrucksvollen Höhepunkt, während dessen man sich vor keinem Gegner zu verstecken brauchte...

Später Blitzeinschlag

Während Erzrivale Ford 1989 mit Mercedes um den Titel kämpfte, den die Kölner schließlich für sich verbuchen konnten, knüpften die beiden Piloten Markus Oestreich und Volker Strycek im Opel Kadett GSi 16V im ersten Jahr der Werksunterstützung an jenes Bild an, das während der ersten Jahre der DTM die Privatiers in ihren Opel Kadett, Ascona, Manta oder Monza abgegeben hatten. Oftmals im hinteren Teil des Feldes oder gar neben der Strecke befindlich mühte sich das Pilotenduo trotz des Handicapsreglements in ihrem frontgetriebenen Kompaktklassewagen meist vergeblich gegen die teils turbobefeuerte Konkurrenz mit Heckantrieb.

Während der ersten Jahre tat man sich insbesondere gegen Mercedes schwer, Foto: Sutton
Während der ersten Jahre tat man sich insbesondere gegen Mercedes schwer, Foto: Sutton

Doch die schon damals zahlreichen Opel-Fans wussten sich auch an den gelegentlichen kleinen Highlights zu erfreuen, die insbesondere Oestreich zu setzen wusste. Mit 79 Meisterschaftspunkten war der frühere BMW-Pilot in der Endabrechnung immerhin in die vordere Hälfte der Tabelle vorgedrungen. Für 1990 erwartete Oestreich ebenso wie die gesamte Opel-Mannschaft, die ihr DTM-Engagement intensivierte, eine weitere Steigerung - und erlebte stattdessen Stagnation. Schon die Verschiebung des Debüt des neuen Opel Omega 3000 24V von Zolder nach Berlin ließ nichts Gutes erahnen: Und in der Tat misslang der Einstand der Opel-Limousine, hinsichtlich seiner Statur zwischen dem vergleichsweise handlichen 190er-Mercedes sowie dem schweren Audi V8 positioniert:

Ein Ausfall sowie ein 21. Platz Oestreichs wurden durch die Ränge 25 und 22 für Klaus Niedzwiedz auf der Berliner Avus auf zweifelhafte Weise abgerundet. Während Erstgenannter am Ende mit einem Meisterschaftspunkt abgeschlagenes Schlusslicht der Tabelle darstellte und sich anschließend aus der DTM zurückzog, war es Niedzwiedz, der auf dem Nürburgring für das Saisonhighlight sorgte: Mit den Plätzen neun und fünf sorgte der vorherige Ford-Pilot auf der Nordschleife jeweils für Punkteränge. Dass Niedzwiedz bei einem turbulenten Saisonfinale in Hockenheim kurzzeitig das Rennen anführte, änderte jedoch kaum etwas an der insgesamt mangelnden Konkurrenzfähigkeit des hinsichtlich seiner Anlagen aus der Serie durchaus viel versprechenden Omega 3000, die es für 1991 zu verbessern galt:

Erst 1995 deutete sich der endgültige Durchbruch an, Foto: Sutton
Erst 1995 deutete sich der endgültige Durchbruch an, Foto: Sutton

Mit einigen Modifikationen unterm Blech, die man mit den Namenszusatz "Evo 500" kennzeichnete, sowie einem auf fünf vergrößerten Fahrzeugkontingent gedachte man, für erste Erfolge zu sorgen - doch auch die Konkurrenz hatte nicht geschlafen: Ohnehin mit einem größeren Fahrzeugfuhrpark ausgestattet bewährten sich die Konzepte des Audi V8 quattro, des BMW M3 sowie des Mercedes 190E so, dass für Opel statt der erwünschten ersten Podestplätze nur die Statistenrolle blieb. Mit ganzen zwei Punkteplatzierungen fiel diese gar noch drastischer aus als zuvor: Bis zum siebten Saisonlauf in Diepholz hatten die Rüsselsheimer warten müssen, bis mit Volker Strycek erstmals ein Opel-Pilot in die punkteträchtigen Top Ten einfuhr; ein sechster Platz des langjährigen Opel-Fahrers Peter Oberndorfers in Singen stellte das bescheidene Saisonhighlight dar.

Die Konsequenz aus den fehlgeschlagenen Versuchen mit Kadett und Omega, wie sie letztlich auch dem Image der zu Beginn der 90er-Jahre auf dem Markt höchst erfolgreichen Rüsselsheimer Marke kaum zu Gute kommen konnten, schien logisch: Für 1992 verzichtete man auf den Versuch, den Omega erneut zu überarbeiten - und zog sich vorerst aus der DTM zurück. Aus dem Hintergrund beobachtete man, wie in der DTM der Unmut über das Klasse-A-Reglement, das nie für vollkommene Chancengleichheit zwischen den Fahrzeugkonzepten hatte sorgen können, wuchs - und zugleich Perspektiven eröffnet wurden: Die für 1993 geplante Adoption eines neuen Klasse-1-Reglements in der DTM, wie es allen engagierten Teilnehmern feste Vorgaben hinsichtlich der Fahrzeugkonzepte gab, konnte auch die Rüsselsheimer überzeugen:

1996 stellte der Calibra V6 das Hightech-Auto schlechthin dar, Foto: Sutton
1996 stellte der Calibra V6 das Hightech-Auto schlechthin dar, Foto: Sutton

Nachdem man ebenso wie Alfa Romeo, Audi, BMW und Mercedes dem Vorhaben zugestimmt hatte, machte man sich an die Entwicklung einer DTM-Version des Sportcoupés Calibra. Doch auch zum Saisonbeginn 1993 kamen die Opel-Fans nicht auf ihre Kosten: Irritiert von den Ausstiegen Audis und BMWs hatte Opel die Entwicklung des Calibra unterbrochen und ließ sich auch nach Wiederaufnahme der Arbeiten Zeit. Nach ausgiebigen Testfahrten debütierte der Calibra V6 erst beim Saisonfinale in Hockenheim, wo er mit einem siebten Platz für Keke Rosberg allerdings sogleich positiv auffiel - und Hoffnungen für 1994 weckte: So gelang es in der Tat, immerhin Alfa Romeo oftmals durchaus Konkurrenz machen zu können - Mercedes hingegen lag mit der neuen C-Klasse außerhalb der Reichweite der Rüsselsheimer.

Hatte bereits 1994 Manuel Reuter beim nicht zur Meisterschaft gehörenden Donington-Gold-Cup mit einem Sieg für Furore gesorgt, so sollte 1995 endlich der lang ersehnte erste "richtige" Opel-Sieg folgen: Tatsächlich bildete sich aus dem vergrößerten Fahrzeugkontingent mit Klaus Ludwig und Manuel Reuter eine Doppelspitze heraus, die das Potenzial des Calibra gelegentlich aufblitzen ließ. Nachdem Ludwig bereits beim Saisonauftakt in Hockenheim mit Rang drei für Freude im Opel-Lager gesorgt hatte, war es an gleichem Orte zum Ende der Saison erneut der dreifache DTM-Meister, der das Potenzial des allradgetriebenen Coupés am besten zu nutzen wusste - das diesmal zum Sieg gereichte: Souverän entschied der Altmeister beide Läufe für sich und düpierte so erstmals die zuvor noch gefürchteten Mercedes C-Klassen deutlich, was Reuter beim vormittäglichen Lauf mit seinem zweiten Rang zusätzlich unterstrich. Auch der dritte Meisterschaftsrang, den Ludwig in der DTM-Wertung für sich verbuchte, dokumentierten einen viel versprechenden Aufwärtstrend - den es für 1996 zu manifestieren galt:

Manuel Reuter sicherte sich 1996 eindrucksvoll den einzigen Opel-Titel, Foto: OPEL
Manuel Reuter sicherte sich 1996 eindrucksvoll den einzigen Opel-Titel, Foto: OPEL

Hatten bereits die ersten Calibra-Jahrgänge kaum noch etwas mit der auf dem sportlich wenig ambitionierten Vectra basierenden Serienversion gemein, so fand das technische Wettrüsten der für 1996 gänzlich in die internationale ITC umgewandelten DTM auch bei den Rüsselsheimern seinen glorreichen und zugleich tragischen Höhepunkt: Mit aufwändigster Elektronik waren Traktion und Abtrieb des 500 PS starken Calibra V6 optimiert worden - und bescherten Manuel Reuter von Beginn an eindrucksvolle Erfolge: Mit einem Auftaktsieg unterstrich der Hesse von Beginn an Titelambitionen, die mit 15 Punkterängen in Folge weiteren Nachdruck erhielten. Auf dem Norisring fand die Opel-Formkurve in Form eines Fünffachsieges einen Höhepunkt, der Mercedes und noch weniger Alfa Romeo etwas entgegenzusetzen hatten.

Wenngleich die Konkurrenz und insbesondere der amtierende Meister Bernd Schneider im Mercedes zum Saisonende deutlich aufholten, war Manuel Reuter der Titel am Ende nicht mehr zu nehmen. Der Opel-Blitz schlug in Folge der zahlreichen Versuche seit 1989 endlich - zum letztmöglichen Zeitpunkt: Noch während der Saison 1996 erklärten Alfa Romeo und Opel angesichts der explodierenden Kosten ihren Rückzug aus der ITC und besiegelten damit das Ende der "alten" DTM. An einem eher betrüblichen Novembersonntag im japanischen Suzuka waren Manuel Reuter und Opel am Ziel angekommen.