"In der Magengegend" habe er die in letzter Sekunde verlorene Pole Position auf dem Nürburgring gespürt, bekannte ein nur gedämpft euphorischer Tom Kristensen vor 14 Tagen nach dem Qualifying. Der empfindliche Magen des Dänen hätte auch heute schonender behandelt werden können - wenngleich die Enttäuschung über die verpasste Pole Position wohl weniger groß war als noch vor dem sechsten Saisonlauf in der Eifel: Schonend war Kristensen auf einen erneut in seiner Qualifying-Topform befindlichen Jamie Green vorbereitet worden, indem dieser bereits zu Beginn der Session seine spätere Pole-Zeit einfuhr...

Das klare Ziel einer Zandvoort-Pole verpasste man somit erneut - wenn auch in weitaus weniger schmerzhafter Form als 2005: Ebenso wie die Mannschaftsleistung ließ damals die fünfte Position des damals in Audi-Reihen bestplatzierten Mattias Ekström zu wünschen übrig. Nun darf man sich der Niederlage um die Pole Position zum Trotz durchaus als Gewinner fühlen: Mit den Plätzen fünf und sieben liegen die Mercedes-Titelrivalen Bruno Spengler und Bernd Schneider deutlich hinter Kristensen in Reihe eins, mit Blick auf die Mannschaftsleistung setzt Audi jenen Aufwärtstrend fort, wie er sich bereits in den letzten Rennen andeutete.

Die Leistung erreichte in Abt-Reihen mit Plätzen zwei, drei, vier und sechs ein Niveau, wie man es aus der Vergangenheit nur vom HWA-Quartett gewohnt war. Während Heinz-Harald Frentzen zwar anders als zwei Wochen zuvor sicher in die letzte Session kam, jedoch auch angesichts eines zu schwammig abgestimmten A4 DTM nur mit Einschränkungen glänzen konnte, erhält das seit jeher schlagkräftige Duo aus dem diesmal viertplatzierten Ekström und Kristensen mit Martin Tomczyk Verstärkung: Konnte der junge Bayer in den letzten Monaten nur selten die Ergebnisse der drei Trainingssessions im Qualifying umsetzen, so scheint ihm der Nürburger Podestplatz jenes Selbstvertrauen zurückgegeben zu haben, dessen es für die Umsetzung seines Potenzials bedarf.

Die Startaufstellung bietet für Abt-Audi eine komfortable Fülle an rennstrategischen Möglichkeiten, um Kristensen im wieder erstarkten A4 DTM mit seiner harmonischen Abstimmung den Meisterschaftsträumen wieder ein Stück näher kommen zu lassen. Derweil erschienen auch Performance und Setup der Audi-Jahreswagen um Nuancen gelungener als die der Jahreswagenkonkurrenz: Als einziger Pilot eines 2005er-Fahrzeugs und erstmals in dieser Saison zog Phoenix-Fahrer Pierre Kaffer in die letzte Session ein und landete auf Platz acht, nachdem er Titelanwärter Bernd Schneider durchaus Paroli bieten konnte. Timo Scheider landete einer widerborstigen Hinterachse zum Trotz auf Platz elf, gefolgt von Christian Abt.

"Die Teamleistung ist toll - das ist überhaupt keine Frage", bilanzierte Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich, sah jedoch ein Ärgernis: "Ich habe es nicht so toll gefunden, dass Bruno Spengler so aus der Box gefahren ist, dass er Tom in seiner schnellen Runde vor der Kurve vor das Auto gefahren ist." Kristensen selbst schränkte ein: "Ob mich das die Pole gekostet hat, ist schwer zu sagen, aber ich war natürlich etwas verblüfft."

Und während Mattias Ekström trotz eines vierten Startplatzes zugibt, dass er "nicht noch schneller hätte fahren können", und Vanina Ickx "heute feiern kann, denn ich bin nicht Letzte", macht sich im Abt-Audi-Lager für das morgige Rennen ein gewisser Optimismus breit, den Martin Tomczyk stellvertretend in Worte fasst: "Den einen Mercedes an der Spitze werden wir auch noch los..."