Wenn Sie auf das Rennen auf dem Norisring zurückblicken, als Sie nach einem Duell mit Christian Abt ausgeschieden sind - was haben Sie empfunden, als Bruno Spengler gewann?
Jamie Green: Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass ich es gewesen wäre, der sein erstes Rennen gewonnen hat, aber im Leben muss man gute und schlechte Tage akzeptieren. Dort war es ein schlechter Tag für mich und ein guter Tag für Bruno. Ich fahre schon seit einigen Jahren mit Bruno zusammen - zuerst in der Formel 3 und jetzt in der DTM. Ich kenne ihn ziemlich gut. Er ist mir sehr ähnlich, wir sind im gleichen Alter und haben natürlich auch gleiche Ziele. Dass er gut fährt, ist für mich schön zu beobachten. Da sind die erfahrenen Fahrer wie Schneider, Kristensen und vorher Ekström, die die guten Resultate einfuhren. Jetzt kommt ein neuer Fahrer, der einen guten Job macht und Rennen gewinnt. Das sind Gründe für mich, optimistisch für die Zukunft zu sein; dass auch ich es schaffen kann. Ich selbst war sehr enttäuscht, aber ich habe mich sehr für Bruno gefreut.

Man sprach stets von einem besonderen Wettbewerb zwischen Bruno Spengler und Ihnen. War es wirklich motivierend für Sie, dass Bruno sein erstes Rennen gewonnen hat?
Jamie Green: Das war es, da sein Sieg zeigt, dass es auch die jungen Fahrer draufhaben. Bisher hatte ich viele Pole Positions und habe gezeigt, dass ich schnell bin. Aber ich hatte bisher noch keinen Sieg - und das ist schließlich mein Ziel. Natürlich hätte ich gerne vor Bruno mein erstes Rennen gewonnen, aber ich habe großen Respekt vor dem, was er erreicht hat. Aber natürlich war es nicht nur enttäuschend, am Norisring nicht gewonnen zu haben - auch dass ich keine Punkte eingefahren habe, war eine Enttäuschung. Ich war bis dahin in der Meisterschaft gut unterwegs. Ich lag auf der dritten Position, nicht allzu weit von Tom Kristensen entfernt.

Wie gehen Sie mit dem größer werdenden Druck um?
Jamie Green: Ich denke, ich muss meine normale Arbeit weitermachen, denn wenn ich mir mehr Druck mache, hilft mir das auch nicht. Ich glaube, dass ich talentiert genug bin, um Rennen zu gewinnen. Ich habe es früher schon geschafft und ich bin mir sicher, dass ich es auch in Zukunft kann. Ich muss einfach hart weiterarbeiten und mein Bestes geben.

Jamie Green glaubt an sein Titelpotenzial, Foto: Sutton
Jamie Green glaubt an sein Titelpotenzial, Foto: Sutton

Ihre Starts waren oftmals im Gespräch, bevor Ihnen auf dem Norisring ein geradezu perfekter Start gelungen ist. Glauben Sie, dass der Bann nun gebrochen ist?
Jamie Green: Mit DTM-Autos konstant gute Starts zu hinzubekommen, ist sehr schwierig. Man kann nie sagen: Jetzt mache ich immer einen guten Start. Ich habe an den Starts gearbeitet, woraufhin sie in den letzten beiden Rennen ziemlich gut waren. Ich weiß, dass ich es kann. Man sieht es auch bei erfahrenen Fahrern wie Schneider - sie haben gute Starts und manche sind auch nicht so gut. So hatte er zum Beispiel in Oschersleben einen eher schlechten Start. Jeder kann es, aber wenn man auf der Pole Position oder in der ersten Reihe steht, steht man sehr im Rampenlicht. Wenn ich auf der vierten oder fünften Position gestanden hätte, wäre es nicht so aufgefallen, wenn der Start nicht so toll gewesen wäre.

Bestehen noch Chancen für die Meisterschaft?
Jamie Green: Es ist nicht unmöglich, aber es wird definitiv sehr hart. Bernd Schneider führt mit 46 Punkten, ich bin mit 19 Punkten derzeit Vierter in der Gesamtwertung. Ich muss mein Bestes geben, konstant fahren und muss in jedem Rennen in die Punkte fahren. Hoffentlich gelingt mir dabei auch der Sieg - und dann werde ich sehen, wo ich am Ende des Jahres stehe.

Könnte es ein innerer Konflikt für Sie werden, einerseits das erste Rennen gewinnen zu wollen, andererseits aber möglicherweise Bernd Schneider unterstützen zu müssen?
Jamie Green: Alles war ich tun kann, ist, meine Leistung zu bringen. Es kann dazu kommen, aber dann werde ich als Teamplayer machen, was zu diesem Zeitpunkt richtig ist.

Würden Sie Schneider von sich aus helfen?
Jamie Green: Ich bin niemand, der andere freiwillig gewinnen lässt, schließlich bin ich Rennfahrer. Aber manchmal muss man wissen, dass es nicht die richtige Zeit für einen selbst ist.

Was bedeuten für die jüngeren und weniger erfahrenen Piloten die limitierten Testtage?
Jamie Green: In der DTM haben wir nicht viel Zeit, die wir auf der Strecke verbringen können. Insofern ist es hart für alle neuen Fahrer in der DTM, nicht nur für die jungen. Als Beispiel kann man Mika Häkkinen nehmen. Er hatte ebenfalls nicht so viel Zeit, sich an das Auto zu gewöhnen. Das ist kompliziert, auch wenn man erfahren ist. Wenn man keine Erfahrung hat, braucht man Zeit, um das Auto kennen zu lernen - und das macht die DTM zu einer Herausforderung. Wenn man wie ich früher Formel 3 gefahren ist, oder wie Mika, Frentzen und Alesi Formel 1, und dann in die DTM kommt, ist das ein komplett anderer Fahrstil. Es kostet Zeit, das zu erlernen und das limitierte Testen macht es nicht einfacher.

Sie ließen in einem früheren Interview bereits einmal einen Vergleich mit Gary Paffett anklingen. Glauben Sie, dass Ihre Karriere einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte?
Jamie Green: Ich hoffe es. Gary ist ein Jahr älter als ich und war drei Jahre in der DTM, er gewann die Meisterschaft in seinem dritten Jahr. Er war vorher Formel-3-Meister. Wir haben einen ähnlichen Hintergrund und bisher ähnliche Resultate. Was mir noch fehlt, sind DTM-Siege und die DTM-Meisterschaft. Das sind meine Ziele für die Zukunft.