Die Weihnachtszeit ließ noch vier Monate auf sich warten - und dennoch standen sich Audi und Mercedes im vergangenen Jahr beim siebenten Saisonlauf auf dem Nürburgring mit ihren liebevollen Geschenkideen in nichts nach: Im Höhenrausch der hügeligen Eifellandschaft mit ihren zahlreichen Nadelwäldern vermissten Ingolstädter wie Stuttgarter zwar Weihnachtsdekoration und - trotz teilweise winterlicher Temperaturen - Schnee; dennoch gaben sie sich ihrem jeweiligen Hauptrivalen gegenüber spendabel...

Das Startplatzgeschenk

Nachdem Audi - ebenso wie Opel - in den drei Testsession am Freitag und Samstag zu überzeugen wusste, schnürte die Audi-Mannschaft um Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich unerwartet ein ganz besonders großes Geschenkpaket für Mercedes. Der Inhalt: Die erste Startreihe. Im Qualifying reichte Audi bei weitem nicht an jene Performance heran, wie man sie noch am Vortag offenbart hatte. Überraschend fuhr Mattias Ekström nur einen dritten Startplatz ein, während sich der zweitbeste Audi-Pilot, Tom Kristensen, mit Rang sechs begnügen musste. Die C-Klasse-Piloten präsentierten sich insbesondere in der Super Pole wesentlich überzeugender: Während der Meisterschaftsführende Gary Paffett die Pole Position errang, komplettierten Mika Häkkinen und Bernd Schneider jenen Erfolg mit den Plätzen zwei und vier.

Nicht nur Frentzen wunderte sich über den Ablauf des Starts, Foto: DTM
Nicht nur Frentzen wunderte sich über den Ablauf des Starts, Foto: DTM

Bescherung an der weißen Linie

Dem sechsten Saisonsieg für Mercedes schien so zunächst nicht allzu viel im Wege zu stehen - zumal das Wetter den Stuttgartern in die Hände spielte: Angesichts eines Regenschauers unmittelbar vor dem Start sowie der entsprechend feuchten Strecke, die insbesondere eingangs der Mercedes-Arena zu Drehern und Unfällen einlud, entschied sich die Rennleitung verständlicherweise für einen Start hinter dem Safety-Car. Weniger verständlich gestaltete sich in den Augen vieler Piloten seine Handhabung:

"Ich hätte mich gefreut, wenn ich gewusst hätte, wie wir starten", sprach der von Platz zehn aus startende Heinz-Harald Frentzen seinen Kollegen aus der Seele. Sein Vordermann Christian Abt verschlief in Unkenntnis des Zeitpunkts der Startfreigabe den Start, von Rang neun an taten sich somit von Beginn an mehrere Lücken auf. Derweil setzten sich Pole-Setter Gary Paffett und Mika Häkkinen souverän von Mattias Ekström ab, der später auch von Bernd Schneider passiert wurde. Es sollte nicht das letzte Mal in jener Saison sein, dass Mercedes seinen Regenvorteil voll ausspielte...

Ekström nahm das Geschenk seines Rivalen jubelnd entgegen, Foto: DTM
Ekström nahm das Geschenk seines Rivalen jubelnd entgegen, Foto: DTM

Doch wenngleich zumindest ein Sieg Gary Paffetts realistisch gewesen wäre, wollte man sich in Mercedes-Reihen höflicherweise für das Audi-Geschenk des Vortages revanchieren: Nachdem Mattias Ekström bei zunehmend trockenerer Strecke Bernd Schneider und Mika Häkkinen, durch dessen Verbremser beim vermeintlichen Gegenangriff auch Tom Kristensen dankend eine Positionsverbesserung entgegennahm, sorgte Gary Paffett für den Höhepunkt der reichen Bescherung: Nicht zum ersten Mal überfuhr der junge Brite nach Absolvieren des zweiten Boxenstopps die weiße Linie am Boxenausgang. Eine Drive-through-Penalty sowie eine Audi-Doppelführung waren die Folge.

Die Verteidigung derselben stellte für die beiden Skandinavier eine Routineübung dar: In ihren auf trockener Strecke wieder zur gewohnten Form auflaufenden A4 DTM fuhren Ekström und Kristensen zu einem souveränen Doppelsieg - der zugleich für den Schweden die Übernahme der Meisterschaftsführung bedeutete. Gary Paffett, Mika Häkkinen und Bernd Schneider begnügten sich mit den Plätzen drei bis fünf, Allan McNish im Audi-Neuwagen fuhr mit Platz sechs die vierte Punkteplatzierung in Folge ein. Die Ränge sieben und acht gingen an die übrigen Piloten der 2005er-Mercedes Jean Alesi und Jamie Green, die noch im Qualifying eine Pleite erlebt hatten.

Die Aufteilung der Punkteränge unter den beiden Erzrivalen Audi und Mercedes, wie sie heute naturgemäß nicht ungewöhnlich ist, rief noch vor einem Jahr verbitterte Minen im Fahrerlager hervor - präziser gesagt: Im Opel-Lager. Wie schon bei den ersten Saisonläufen waren die Rüsselsheimer leer ausgegangen; sie hatten das in den Testsessions offenbarte Potenzial nicht umzusetzen gewusst. Ein misslungenes Duell Manuel Reuter gegen Stefan Mücke, das im Kiesbett endete, ein Festhängen Heinz-Harald Frentzens im Mittelfeldverkehr, eine misslungene Taktik sowie ein ebenso misslungener Boxenstopp für Laurent Aiello sowie eine Durchfahrtsstrafe für Marcel Fässler hatten eine weitere Nullrunde zur Folge - und somit ein Trostgeschenk für so manchen Mercedes-Piloten...