Mercedes als Inhaber aller DTM-Rekorde - ein Blick in die Statistiken offenbart für die Stuttgarter in 15 DTM-Jahren mit Werksbeteiligung eine Bilanz, wie sie in den ersten Jahren der Mercedes-Einsätze kaum zu erwarten war. Zwar präsentierten sich die Rennversionen des Mercedes 190E von Beginn an siegfähig, der Durchbruch in Form des ersten Titels gelang jedoch erst 1992 - bevor man jene Erfolge schon im Jahr darauf wieder der Konkurrenz überlassen musste:

Die allmähliche Herantasten an Fahrelektronik wie ABS, ASR sowie dem erst Jahre später in Serien-Mercedes eingeführten aktiven Fahrwerk konnte die Konkurrenzfähigkeit der 190er-Mercedes nur bedingt aufrecht erhalten - die sechs Übergangsversionen der betagten Mittelklasselimousine, die notdürftig an das neue, einheitliche Klasse-1-Reglement angepasst worden waren, hatten es gegen die Neuentwicklungen von Alfa Romeo schwer. Mit insgesamt acht Siegen von Roland Asch und Bernd Schneider konnte Mercedes das Titelrennen bis zum vorletzten Saisonlauf offen halten - dass sich schließlich Nicola Larini in seinem 155 TI vorzeitig zum Meister krönte, stellte jedoch keine Überraschung dar...

(6) C wie Champion

1994 hatte das Warten ein Ende: Zum Saisonstart kamen die Mercedes-Piloten in den Genuss der DTM-Version der neuen C-Klasse, mit der die Stuttgarter auch in der Serie mit sportiven Ausstattungen sowie einem skurrilen Hellgelb in der Farbpalette mehr Sportlichkeit und Frische demonstrieren wollten. Zwar hielt Mercedes weiterhin am Heckantrieb fest, obwohl Alfa Romeo 1993 von den Vorteilen des Allradantriebs gezehrt hatte, mit einem sequentiellen Getriebe, aerodynamisch günstigen Verkleidungen des Unterbodens sowie einer verstellbaren Gewichtsverteilung lotete man jedoch die technischen Möglichkeiten aus.

Juan-Pablo Montoya kam 1996 zu einem Gasteinsatz, Foto: Sutton
Juan-Pablo Montoya kam 1996 zu einem Gasteinsatz, Foto: Sutton

Ebenso wie das Serienpendant wurde auch die DTM-C-Klasse zum Erfolg: Zwar gingen die beiden Siege beim Saisoneinstand in Zolder an Alfa-Pilot Alessandro Nannini, doch schon zwei Wochen später beim Heimrennen in Hockenheim bescherten Kurt Thiim und Jörg an Ommen der C-Klasse ihren ersten Doppelsieg. Insgesamt verbuchten die nur evolutionär weiterentwickelten Alfa Romeo mehr Siege, in der Endabrechnung jedoch schlug zum dritten Mal die Stunde Klaus Ludwigs: Mit drei Rennsiegen sowie einer hohen Konstanz distanzierte der damalige DTM-Rekordmeister Alfa-Speerspitze Nicola Larini um beträchtliche 72 Meisterschaftspunkte. Opel kam in der ersten Saison mit dem neuen Calibra nur eine Nebenrolle zu - und konnte den neuen Protagonisten Mercedes auch 1995 nicht beeindrucken:

Im mittlerweile in DTM und ITC aufgespaltenen Rennspektakel verbuchten die Rüsselsheimer ganze zwei Rennsiege, mit fünf Triumphen konnte auch Alfa Romeo nicht wesentlich mehr gegen die Übermacht der C-Klasse ausrichten. Der Stuttgarter Beitrag zum allmählich ausufernden technischen Aufrüsten bestand in jenem Jahr in einer tragenden Rohrrahmenkonstruktion, mithilfe derer die Nachteile des Heckantriebs auch diesmal nicht sichtbar wurden - was insbesondere Bernd Schneider bewies. Mit elf Rennerfolgen gelang dem Saarländer endgültig der Durchbruch, die Titel in DTM und ITC stellten die logische Folge dar. Die Markentitel Mercedes' sowie die Teamtitel von AMG demonstrierten abschließend die Stuttgarter Dominanz.

Gemeinsam mit Bernd Schneider dominierte Mercedes 2001, Foto: Sutton
Gemeinsam mit Bernd Schneider dominierte Mercedes 2001, Foto: Sutton

Von dieser jedoch war 1996 nicht mehr viel übrig geblieben: Der revolutionären Modulbauweise der neuesten C-Klasse-Version zum Trotz, die mit ihren in kürzester Zeit abnehmbaren Front- und Heckteilen auch in der neuen DTM in ähnlicher Form zum Einsatz kommt, hatte Opel die letzte Runde der Technikschlacht gewonnen: Zehn Rennen lang wartete der amtierende Meister Schneider auf seinen ersten ITC-Saisonsieg, um im Folgenden immerhin den Meisterschaftskampf gegen Opel-Zugpferd Manuel Reuter lange offen halten zu können. In den letzten Monaten der alten DTM/ITC wusste Mercedes gleichwohl zumindest die italienische Konkurrenz hinter sich zu lassen, Bernd Schneider avancierte beim Saisonfinale im japanischen Suzuka zum letzten Rennsieger der ITC.

Dreieinhalb Jahre später eröffnete der ITC-Vizemeister der Saison 1996 das Kapitel der neuen DTM mit zwei Siegen in Hockenheim: Mit dem Zweitürer CLK, in der Serie technisch auf der C-Klasse basierend, in der DTM-Version jedoch reglementgemäß ohne Gemeinsamkeit mit der Straßenversion, knüpften sowohl die AMG-Techniktruppe um Gerhard Ungar als auch Bernd Schneider nahtlos an alte Erfolge an. Mit seinem alten Rivalen Manuel Reuter im topspeedstärkeren, jedoch schwieriger abzustimmenden Opel Astra Coupé lieferte sich Bernd Schneider erneut ein Duell um den Titel, das schließlich Schneider souverän für sich entschied. Abgerundet wurde ein gelunges Einstandsjahr durch Erfolge von DTM-Altmeister Klaus Ludwig - auf dem Sachsenring gelangen dem Routinier zwei letzte Siege.

Die Neuauflage des CLK musste sich 2002 Audi geschlagen geben, Foto: Sutton
Die Neuauflage des CLK musste sich 2002 Audi geschlagen geben, Foto: Sutton

An der teaminternen Vormachtstellung Bernd Schneiders war auch im folgenden Jahr nicht zu rütteln: Zwar eroberten Marcel Fässler, Peter Dumbreck und Uwe Alzen ihre ersten DTM-Siege, die Konstanz des Saarländers blieb jedoch unerreicht. Mit einem behutsam, aber insbesondere auf Antriebsseite erfolgreich weiterentwickelten CLK kam Schneider in den Genuss des unbestritten stärksten Fahrzeugs der Saison 2001: Während sich die technische Aufholjagd bei Abt-Audi erst allmählich bemerkbar machte, hatte Opel auf der gelungenen Basis des Vorjahres nicht aufbauen können - ausnahmslos bei allen Rennen musste sich der jeweils beste Pilot der Rüsselsheimer gleich mehreren CLK-Piloten geschlagen geben.

Die Vormachtstellung im Vergleich zu Opel änderte sich im Jahr darauf nicht wesentlich - dafür jedoch das Kräfteverhältnis zwischen Abt-Audi und Mercedes: Der neu entwickelte Zweitürer, der mit seiner Kohlefasersilhouette die Optik der zweiten Generation des CLK übernahm, präsentierte sich verglichen mit dem Abt-Audi TT-R zur Verwunderung der Zuschauer unterlegen - vier von fünf ersten Saisonrennen gingen an Audi-Pilot Laurent Aiello. Dass Bernd Schneider auf dem Norisring in der letzten Runde einen sicher geglaubten Sieg nach einem Fahrfehler an den Franzosen übergab, war der passende Abschluss einer durchwachsenen ersten Saisonhälfte. Erst ab dem sechsten Saisonlauf wandte sich das Bild: In der zweiten Hälfte des Schlagabtauschs entschied Mercedes vier von fünf Rennen für sich, Schneider befand sich auf dem Weg zum vierten DTM-Titel - wäre da nicht das 2002 eingeführte Punktesystem nach Formel-1-Vorbild gewesen...

Gary Paffett führte auch die neue C-Klasse zu Meisterschaftsehren, Foto: DTM
Gary Paffett führte auch die neue C-Klasse zu Meisterschaftsehren, Foto: DTM

Während sich 2003 bei Abt-Audi die Alterserscheinungen des TT-R bemerkbar machten, verlief die Saison für Mercedes ähnlich überlegen wie das Jahr 2001 - einen erneuten Durchmarsch Bernd Schneiders verhinderte jedoch der Youngster Christijan Albers: Der Niederländer, nach dem Rückzug Uwe Alzens erst seit Saisonbeginn in die mittlerweile in HWA umbenannte AMG-Mannschaft aufgerückt, lieferte sich ein bis zum Finalrennen packendes Titelduell mit dem Altmeister, das jener in einem kuriosen Hockenheim-Rennen, während dessen beide Meisterschaftskontrahenten mit Reifenschäden zu kämpfen hatten, knapp für sich entschied.

Nach der Wiedereinführung des Limousinenformats in die DTM feierte 2004 die mittlerweile auch in der Serie runderneuerte C-Klasse ihr Comeback - und konnte an die beeindruckenden Einstandserfolge ihres Vorgängers zehn Jahre zuvor zunächst nicht anknüpfen: Zwar wurde Bernd Schneider, der sich gemessen an seinen eigenen Maßstäben eher im Formtief befand, im Titelkampf würdig durch das Youngster-Duo Albers und den jungen Briten Gary Paffett vertreten. Im Laufe der Saison stellten sich jedoch zunehmend die Nachteile jener Entscheidung heraus, im Zuge derer man weniger auf Abtrieb denn auf Topspeed setzte: Insbesondere in der zweiten Saisonhälfte schlug Mattias Ekström im Audi A4 DTM Profit aus der abtriebsorientierten Auslegung seines Dienstwagens und verwies Paffett und Albers auf die Gesamtränge zwei und drei. Die Stuttgarter Revanche ließ im vergangenen Jahr bekanntlich nicht lange auf sich warten - auch die neue C-Klasse wurde von Gary Paffett zum Champion geadelt...