Die mittelfränkische Stadt Nürnberg, die vor rund 800 Jahren ihre Stadtrechte erhielt, strahlt Tradition aus - auch in der DTM. Der erstmals 1947 im Rahmen von Motorradrennen befahrene Norisring gehört seit 1984 beinahe regelmäßig zum festen DTM-Repertoire. Ein gewisses Grundmaß an Chaos ist sowohl auf als auch neben der Strecke seit jeher garantiert:

"Ich freue mich darauf - der Norisring ist eine Hassliebe", charakterisiert Rosberg-Teamchef Arno Zensen für uns den Norisring, "zum Arbeiten eine Katastrophe, aber ansonsten ist es ein sehr schönes Rennen." Auch abseits von Boxengasse und Fahrerlager geht es auf dem Norisring eher altertümlich zu: Ein Kanal aus Leitplanken umrahmt die breite, aus gewöhnlichen Verkehrsstraßen zusammengesetzte Strecke, Auslaufzonen werden vergeblich gesucht. Berührungen mit gegnerischen sowie Mauern und Leitplanken sind wie immer programmiert.

Die Bodenwellen vor der Grundig-Kehre provozieren Verbremser, Foto: Audi
Die Bodenwellen vor der Grundig-Kehre provozieren Verbremser, Foto: Audi

So gilt es erneut insbesondere für die DTM-Debütanten, den Anspruch der im Grunde nur aus zwei 180-Grad-Kurven, einer Schikane sowie drei Vollgaspassagen bestehenden Strecke nicht zu unterschätzen: Auch dieses Jahr erwarten die Piloten deutliche Bodenwellen sowie unterschiedliche Bodenbeläge, die neben dem Fahren auch die Fahrzeugabstimmung erschweren. Die 74 Runden auf der nur 2,3 Kilometer langen Strecke provozieren Überrunden und rufen so auch mit Blick auf den zweckentfremdeten Einsatz von Jahres- und Gebrauchtwagen möglicherweise die Rennstrategen auf den Plan...

Audi

"Der Norisring ist für uns ein großes Heimrennen. Wir werden alles versuchen, die Punkte, die Tom (Kristensen) in Brands Hatch verloren hat, zurückzuholen", blickt Abt-Teamchef Hans-Jürgen Abt auf den bevorstehenden fünften Saisonlauf. Anders als vor einem Jahr reisen die Ingolstädter mit dem Rückenwind zweier Siege nach Nürnberg - und nehmen die Aufgabe, die magere Bilanz beim Heimrennen aufzubessern, nun möglicherweise mit weniger mentalem Druck in Angriff.

Auf ein solches Bild könnte Frentzen in diesem Jahr gut verzichten, Foto: Sutton
Auf ein solches Bild könnte Frentzen in diesem Jahr gut verzichten, Foto: Sutton

Ebenso wie im vergangenen Jahr, als der Däne überraschend die Pole Position eroberte, sollte ein Erfolg für den nach wie vor in Topform befindlichen Tom Kristensen auch diesmal im Bereich des Möglichen liegen - falls sich der erstmals seit Hockenheim verschwundene Gewichtsvorteil nicht bemerkbar macht, auf den nun insbesondere die Jahres- und Gebrauchtwagen auf der Stop-and-go-Strecke hoffen dürfen.

Derweil könnte Mattias Ekström ebenso wie in Brands Hatch von mentalen Belastungen befreit hervorstechen. "Für mich persönlich ist es ein schönes Gefühl, einmal nicht mit dem Druck zum Norisring zu kommen, um die Meisterschafts-Führung kämpfen zu müssen", blickt der Schwede voraus, der seinem skandinavischen Teamkollegen und Titelanwärter wertvolle Schützenhilfe leisten könnte.

Die häufigen Safety-Car-Phasen steigern die Bedeutung der Taktik, Foto: Sutton
Die häufigen Safety-Car-Phasen steigern die Bedeutung der Taktik, Foto: Sutton

Mercedes

Des Gewichtsnachteils entledigt gedenken die Stuttgarter, in Folge zweier Niederlagen die zuletzt etwas in den Schatten des Audi A4 DTM geratene Performance der Mercedes C-Klasse neu aufblitzen zu lassen. "Der Norisring ist eine interessante Rennstrecke und die Atmosphäre ist großartig. Hier gibt es gute Überholmöglichkeiten und viele spannende Zwei­kämpfe", prognostiziert Mika Häkkinen, der das Maß an Zweikämpfen im vergangenen Jahr in Form einer unverschuldeten Kollision mit Teamkollege Jamie Green auf eher unangenehme Weise zu spüren bekam.

Das Crash-Chaos förderte 2005 einmal mehr die rennstrategischen Talente der Mercedes-Mannschaft zu Tage: Während Pole-Setter Kristensen infolge einer misslungenen Taktik bis auf Rang sieben zurückfiel, brachte man Gary Paffett mithilfe einer ungewöhnlichen, jedoch umso gelungeneren Strategie erfolgreich durch das von gelben Flaggen geprägte Durcheinander.

"Es wird keine Überraschung sein, wenn das Feld nach dem ersten Qualifying–Abschnitt vom Ersten bis zum 20. um nicht mehr als eine halbe Sekunde getrennt sein wird", deutet Mercedes-Sportchef Norbert Haug die Leistungsdichte an, wird doch ein teaminternes Datenchaos bei der Abstimmung auf dem Norisring ebenso traditionsgemäß hart bestraft...