Mit Kombiheck und 140 Turbodiesel-PS fährt der typische und meistverkaufte Audi A4 in der Auslieferungshalle eines Audi-Händlers vor. Mit 420 V8-Benziner-PS, ausgestellten Kotflügeln, Sportfahrwerk, Schalensitzen sowie Karboneinlagen im Cockpit erfreut ein Audi RS4 seinen Käufer. Beide zitierten und durchaus reizvollen Versionen des Audi A4 haben gleichermaßen wenig mit dem Audi A4 DTM gemein...

Ebenso wie die Mercedes C-Klasse setzt der Audi A4 DTM das Technische Reglement der DTM um - und stellt so ein durchaus komplexes Werk der Ingenieurskunst im Tourenwagenbau dar. Lernen Sie mit Audi-Pilot Pierre Kaffer und der adrivo Sportpresse alle Facetten der komplexen Technik der DTM-Tourenwagen kennen! Pierre Kaffer gibt Ihnen schon jetzt einen Vorgeschmack.

Ein absolutes Hightech-Auto

Nicht selten wurde die DTM in der Vergangenheit für ihre technische Distanz zu den optisch ähnlichen Serienfahrzeugen kritisiert. Und doch offeriert die DTM auch auf Grund ihres vollkommen eigenständigen Technischen Reglements für Piloten und Ingenieure ebenso wie für die Zuschauer ihren besonderen Reiz. "Ein DTM-Auto ist ja ein absolutes Hightech-Auto. Immer wieder die Balance zwischen der Aerodynamik und dem Mechanischen zu finden, ist sehr kompliziert und schwierig", charakterisiert Pierre Kaffer den Zwiespalt im Umgang mit einem DTM-Boliden.

Die Balance zwischen aerodynamischem und mechanischem Setup stellt dabei für jeden Piloten einen Tanz auf dem Drahtseil dar, verleiten doch selbst die wenigen aerodynamisch einstellbaren Elemente zum Highspeed-Trimm. "Das Auto hat für einen Tourenwagen sehr viel Downforce, insofern muss man immer abschätzen: Liegt das Unter- oder Übersteuern am Setup im aerodynamischen Bereich oder am Setup der Mechanik des Autos? Deshalb ist das Auto sehr, sehr komplex", tut Kaffer kund und stellt die zahlreichen mechanischen Elemente im Bereich des Fahrwerks heraus, die ebenfalls Raum für Setup-Experimente geben - und so wiederum zu einer Abstimmung in Richtung eines maximalen Abtriebs - d.h. einer maximalen Geschwindigkeit insbesondere in langsamen Kurven - verführen...

Ein Hightech-Auto im Zeitraffer

Ob aerodynamisch im Bereich der Flügel oder mechanisch im Bereich des Fahrwerks - ein DTM-Fahrzeug offeriert laut Pierre Kaffer zahlreiche technische Reize - denen es teilweise auch zu widerstehen gilt. So bietet sich im Rahmen eines DTM-Rennwochenendes kaum eine Gelegenheit, alle technischen Möglichkeiten eines DTM-Boliden zu studieren. Vielmehr gilt es auch für Kaffer, sich auf ein kleines Setup-Fenster zu konzentrieren:

Der 2005er-A4 unterscheidet sich deutlich von seinem Vorgänger, Foto: Audi
Der 2005er-A4 unterscheidet sich deutlich von seinem Vorgänger, Foto: Audi

"Es ist uns im Team bekannt, dass ein solches Hightech-Auto nur in einem kleinen 'Window' funktioniert - in diesem ist es sehr schnell", schließt Kaffer allzu große Abstimmungsabenteuer während der Rennwochenenden aus und verweist auf die Kooperation mit dem Team: "Es ist immer sehr hilfreich, wenn die Ingenieure einem beistehen und sagen 'Wir kommen jetzt langsam aus dem Bereich hinaus, in dem das Auto funktioniert', obwohl der Fahrer dies in diesem Moment vielleicht noch nicht ganz spürt."

Gerade angesichts der zahlreichen Setup-Möglichkeiten eines DTM-Boliden ist es während des DTM-Wochenendes von besonderer Bedeutung, sich in konstruktiver Kooperation mit den Ingenieuren zu üben, die auch im Falle anhaltender Schwierigkeiten aussagekräftige Daten parat haben - so zum Beispiel den grafischen Vergleich der eigenen Runde mit der des Teamkollegen. "Man spielt mit den Flügeln, man spielt mit der aerodynamischen Balance, man spielt mit dem Sturz [der Reifen], man spielt mit Federn, man spielt mit Dämpfern. Das Ganze ist sehr komplex - fast wie in der Formel 1", stellt Kaffer das Abstimmungslabyrinth dar, das sich einem jeden DTM-Piloten auf dem Weg zum Punkte- oder Siegerfolg stellt.

Ein Hightech-Auto im Wandel

So sehr ein DTM-Bolide auch in seinem jeweiligem Erscheinungsjahr dem Stand der Technik entsprochen haben mag - die Fortschritte im Bereich des automobilen und motorsportlichen High-Techs schreiten unaufhörlich voran. Den Unterschied zwischen einem Audi A4 der Generation 2004 und einem des Jahrgangs 2005 vermag Pierre Kaffer beim Fahren laut eigener Aussage problemlos zu verspüren - selbst wenn für ihn keinerlei optische Anhaltspunkte zur Unterscheidung der verschiedenen Fahrzeuggenerationen bestünden. "Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen; das 05er-Auto ist im Vergleich zum 04er-Auto für mich natürlich ein Riesenschritt gewesen, das war auch eine völlige Neuentwicklung des Fahrzeugs", bekundet Kaffer.

"Das ganze Auto ist eben schneller, man kann es nicht beschreiben", versucht der DTM-Debütant des Jahres 2005 den alljährlichen und - zumindest bis zum vergangenen Jahr - auf Grund des Technischen Reglements kaum gebremsten technischen Fortschritt der DTM-Boliden in Worte zu fassen, "das Auto ist schneller, der Motor ist besser, das ganze, komplette Auto ist weiterentwickelt worden, auch im Bereich der Aerodynamik und des Mechanischen." Angesichts der Tatsache, dass sich für die Teams und Piloten der Jahreswagen nur wenige Verbesserungsmöglichkeiten darbieten, setzt Pierre Kaffer bei der Erarbeitung der optimalen Abstimmung auf Details: "Wir sind immer noch bemüht, das Auto mit Feintuning weiter nach vorne zu bringen."

Ein Hightech-Auto auf dem Prüfstand

Der Motor blieb von der Einfrierung des Reglements unberührt, Foto: Audi
Der Motor blieb von der Einfrierung des Reglements unberührt, Foto: Audi

Unabhängig davon, inwieweit das Potenzial eines älteren Fahrzeugs bereits ausgereizt worden ist, stehen für Fahrzeug und Pilot regelmäßige Testfahrten auf dem Programm - während derer es nur scheinbar wenig zu tun gibt. "Es ist so, dass das Reglement in der DTM zum größten Teil eingefroren ist", schränkt Kaffer ein, um schließlich auf die technische Detailarbeit der DTM zu verweisen: "Wir haben natürlich Daten von der vorherigen Saison, auf die wir zurückgreifen können, da hat man schon sehr viel ausprobiert. Wir versuchen jetzt dann auf dieser Basis aufzubauen."

Bei der Detailarbeit verweist Kaffer insbesondere auf den Dämpferbereich, der für ein noch höheres Maß an mechanischem Grip sorgen soll - ohne dabei auf schnelleren Streckenpassagen allzu viel Zeit zu verlieren. Auch den Reifen gilt die besondere Aufmerksamkeit: "Auch in diesem Jahr gab es eine, Weiterentwicklung des Dunlop-Reifens, die eine große Veränderung ausmacht."

Insbesondere für die Jahreswagensteams spielt die optimale Vorbereitung auf alle erdenklichen Strecken- und Wetterumstände während der Testfahrten eine vorrangige Rolle. Der Phoenix-Pilot beschreibt: "Es ist ja mittlerweile, wie bereits vor ein paar Jahren in der Formel 1, schon so, dass man darauf achtet, welche Temperaturen und welche Atmosphäre in der Luft sind, um dann hinsichtlich des Setups im Feintuningbereich zu agieren."

Ob bezüglich der allgemeinen technischen Gesetze des Motorsports oder des DTM-typischen Feintunings: Pierre Kaffer wird Sie nicht im Unklaren lassen - wenngleich auch der Eifeler bei aller Nüchternheit der DTM-Technik zugeben muss: "Auch wenn es sich blöd anhört - es gibt schon Situation, in denen ich mit meinem Auto spreche..."