Was nahezu jedes Serienfahrzeug während seiner Bauzeit mindestens einmal über sich ergehen lassen muss, ist auch in der DTM mittlerweile nicht mehr gänzlich unbekannt: Das Facelift. Traten Audi und Mercedes noch in der vergangenen Saison mit weitest gehenden Neuentwicklungen des A4 DTM und der C-Klasse an, während Opel beim Vectra GTS - mit bekanntlich eher bescheidenem Erfolg - auf eine Evolution des Vorjahreswagens setzte, so war auch den Ingolstädtern und Stuttgartern diesmal reglementarisch verordnet worden, die Konstruktionspläne ihrer Fahrzeuge noch nicht zur Verarbeitung zu Recyclingpapier freizugeben.

Von Gitterrohrrahmen und Sicherheitszelle über Kupplung und Getriebe bis hin zu den Leuchteneinheiten - noch nie waren so viele Teile des Chassis von der Weiterentwicklung ausgenommen wie im Vorfeld dieser Saison. Die Aerodynamik blieb gar gänzlich unverändert - von wenigen Details wie der Position der Heckflügelprofile oder den vorderen Flics abgesehen. Selbst die Bezeichnung Facelift erscheint im eigentlichen Wortsinn - wie jedoch auch oftmals bei Serienfahrzeugen - viel zu großzügig, kommen doch die wenigen Unterschiede zwischen 2005er und 2006er-Generation vielmehr unter den Kohlefaserverkleidungen zum Tragen...

Bernd Schneider verweist auf den geringen Zeitenunterschied, Foto: DTM
Bernd Schneider verweist auf den geringen Zeitenunterschied, Foto: DTM

Während man sich bei Audi zudem an einem neuen Motor versuchte, um den geringen, jedoch auf Highspeed-Strecken immer wieder durchschimmernden Leistungsnachteil gegenüber Mercedes wettzumachen, waren auch den Audi-Ingenieuren die Hände gebunden - Ergebnis war ein Facelift des 2005er-A4, zu dessen Serienumfang gelegentliche Handlingschwierigkeiten und eine gelegentlich herausfordernde Reaktion auf Abstimmungsänderungen nicht mehr gehören.

"Im letzten Jahr hat man gesehen, dass das Auto eindeutig schwieriger zu fahren war. Dieses Jahr ist der A4 DTM nicht mehr so nervös und im Grenzbereich einfacher zu fahren. Damit macht es viel mehr Spaß", beschreibt Audi-Pilot Martin Tomczyk im Dialog mit der adrivo Sportpresse die Unterschiede zwischen letztjährigem und aktuellem Audi, "bei den Zeiten ist der Unterschied nicht so groß. Diese bessere Fahrbarkeit erleichtert die Abstimmung allerdings."

Mit bloßem Auge nicht zu unterschei-den: 2006er- und 05er-Generation, Foto: DTM
Mit bloßem Auge nicht zu unterschei-den: 2006er- und 05er-Generation, Foto: DTM

Bernd Schneider sieht weder bei den Zeiten noch bei der Charakteristik des Fahrzeugs große Differenzen zwischen Alt und Neu: "Wir bauen auf einem guten Auto auf. Ein paar Kleinigkeiten können wir noch verändern. Aber wenn man sieht, dass 15 Autos innerhalb von fünf Zehnteln liegen, dann fragt man sich wie das geht." So wittern auch die Jahreswagenpiloten ihre Chance - noch entschlossener als im Vorjahr. Audi-Pilot Timo Scheider bestätigt: "Das 06er Auto soll leichter zu fahren sein. Aber ich kenne ja nur das 05er Auto. Wenn wir den Unterschied in Zeiten ausdrücken möchten, dann sehe ich streckenabhängig drei bis fünfeinhalb Zehntel. Das sollte der realistische Abstand sein."

Auffallender als so manch verändertes Aerodynamikelement an der Seite der Fahrzeuge ist somit die Beobachtung, dass keiner der Piloten, die im vergangenen wie in diesem Jahr ein Neufahrzeug derselben Marke bewegen, einen fahrerischen Performanceverlust zu verzeichnen haben: Während bei Mercedes Bernd Schneider zur Höchstform aufläuft und Mika Häkkinen sowie Jamie Green ihr Vorjahresniveau mindestens gehalten haben, sind im Audi-Lager bei Tom Kristensen und Martin Tomczyk leichte Steigerungen zu beobachten; Mattias Ekström wird nur vom Defektpech daran gehindert, seine aus den vergangenen beiden Jahren in die neue Saison gerettete Hochform in Ergebnisse umzusetzen.

Nachdem in der Vergangenheit nicht jede neue Fahrzeuggeneration eine harmonische Ehe mit jedem ihrer Piloten garantierte, scheinen die maßvollen Änderungen unter dem Kohlefaserkleid die teilweise launenhaften, früheren Neuentwicklungen von anno 2005 für diese Saison im Umgang mit ihren Piloten eher zu automobilen Gentlemen verwandelt zu haben - was verständlicherweise nicht alle Piloten gerne zugäben...