Wie groß ist der psychologische Vorteil endlich wieder mit einem Sieg in die Saison gestartet zu sein?

Bernd Schneider: Letztes Jahr bin ich beim Auftakt Dritter geworden und das war auch nicht so schlecht. Aber nur ein, zwei Rennen gut zu sein genügt nicht, um am Ende um die Meisterschaft mitzufahren. Am Anfang des Jahres muss man bei den ersten fünf, sechs Rennen wirklich immer vorne dabei sein. Nur dann hat man am Ende eine Chance ein Wörtchen im Titelkampf mitreden zu können. Von daher war der Auftakt schon perfekt.

Mit Tom Kristensen und Heinz-Harald Frentzen standen zusammen mit Ihnen drei "Rennsport-Veteranen" auf dem Podest von Hockenheim. Hilft dieses Comeback der Routiniers der DTM, in einer schwierigen Phase mit nur zwei Herstellern?

Bernd Schneider: Ich glaube, dieser Sachverhalt wird überbewertet. Es ist egal, ob du alt oder jung bist. Es kommt darauf an, ob jemand gut oder schlecht ist. Wenn jemand gut und vorne dabei ist, erhält er die Lorbeeren. Da ist es egal, ob er 41 oder 25 Jahre alt ist. Im Endeffekt zählt die Leistung und die Leistung entscheidet, ob du als Fahrer in der DTM dabei bist oder nicht.

Bernd Schneider sieht nur gut oder schlecht - nicht jung oder alt., Foto: Sutton
Bernd Schneider sieht nur gut oder schlecht - nicht jung oder alt., Foto: Sutton

Dieser angebliche Generationenkampf zwischen Jung und Alt macht sich innerhalb des Teams also nicht bemerkbar?

Bernd Schneider: Überhaupt nicht. Bei uns wird nicht über das Alter geredet, sondern über Rundenzeiten. Wir tauschen uns untereinander aus. Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Nach dem Alter werde ich eigentlich nur von den Journalisten gefragt. In den Interviews wurde ich in letzter Zeit oft gefragt, wann ich endlich aufhöre. Oder heute bin ich gefragt worden, ob es stimmt, dass ich aufhöre. Fakt ist: Ich fahre so lange weiter, wie ich vorne dabei bin und gewinnen kann.

Wann hören Sie also auf? Nein, diese Frage kommt bei uns nicht. Sie haben das Einzelzeitfahren im letzten Jahr meisterhaft hinbekommen. Wie liegt Ihnen das neue Format?

Bernd Schneider: Das ist eine gute Frage. Im Grunde geht es ja nicht darum, dass die Fahrer mehr Spaß haben, sondern was bei den Zuschauern auf der Tribüne und vor dem Fernseher ankommt. Es geht darum, wo mehr Spannung geboten wird. Wenn ich mir das Qualifying vom Hockenheimring anschaue, war das sehr spannend und es ging heiß her. Da gab es Kandidaten, von denen man dachte, dass sie die erste Qualifikation locker schaffen, die dann aber bis zu letzten Runde zittern mussten. Als Fahrer braucht man das nicht unbedingt. Da ist man froh, wenn man so schnell wie möglich weiter kommt. Beim Einzelzeitfahren ist man auf sich alleingestellt. Beim neuen Qualifying-Modus hat man nicht mehr alles selbst in der Hand. Wir Fahrer sind darauf angewiesen eine freie Runde zu erwischen, die dann auch passen muss. Es darf keiner durch die Wiese fahren, von irgendjemandem Dreck aufgewirbelt worden sein oder gerade jemand auf seiner Auslaufrunde sein. Das bedeutet viel mehr Anspannung. Das neue Qualifying ist wie dreimal Einzelzeitfahren mit Verkehr. Das macht es unglaublich schwer.

Das neue Quali: Dreimal Einzelzeitfahren mit Verkehr., Foto: Sutton
Das neue Quali: Dreimal Einzelzeitfahren mit Verkehr., Foto: Sutton

Wie viel Hilft dabei die Routine?

Bernd Schneider: Die Routine hilft da nicht so sehr. Ich bin da auf den Renningenieur und den technischen Leiter angewiesen. Gerhard Ungar entscheidet, wann wer raus fährt und wo die Lücke ist. Aber auch er kann nicht absehen, was die Konkurrenz macht. Wenn ich mit meiner schnellen Runde anfange und jemand anderes fährt aus der Box, kann meine Runde schon dahin sein. Es ist schwierig den richtigen Moment abzuwarten. Das macht alles unberechenbar.

Wie machen sich die geringeren Weiterentwicklungsmöglichkeiten im Vergleich zum Vorjahr bemerkbar?

Bernd Schneider: Wir bauen auf einem guten Auto auf. Ein paar Kleinigkeiten können wir noch verändern. Aber wenn man sieht, dass 15 Autos innerhalb von fünf Zehnteln liegen, dann fragt man sich wie das geht. Es ist unglaublich eng, aber auch sehr interessant. Wenn die Leute wissen wollen, wer der große Siegkandidat ist, dann muss man normalerweise gleich 15 nennen. Und die wechseln sich je nach Strecke auch wieder ab. Es gibt Strecken, da sind die 2004er durch ihr geringeres Gewicht auf einmal im Vorteil. Die haben einen super Top-Speed. Wenn wir auf den Norisring kommen, steht vielleicht auf einmal Susie Stoddart recht weit vorne. Das wäre dann sehr interessant. Es gibt viele Unbekannte in dieser Saison und das macht die DTM momentan so spannend.

Wie viel machen dabei die zehn Kilo aus?

Bernd Schneider: Die Zeiten sind sehr eng zusammen. Die Rundenzeit von Heinz-Harald Frentzen und unsere lagen in Hockenheim nur ein paar Hundertstel auseinander. Da machen zusätzliche 10 Kilo sicherlich viel aus.

Bernd Schneider: Bei uns sind alle Stars., Foto: Sutton
Bernd Schneider: Bei uns sind alle Stars., Foto: Sutton

Wie wichtig ist es sich in den ersten Rennen mit guten Ergebnissen im eigenen Team zu positionieren? Also nicht nur gegenüber Audi, sondern auch gegenüber den Teamkollegen...

Bernd Schneider: Das ist enorm wichtig. Wenn man im eigenen Team vorne steht, braucht man irgendwann die Unterstützung der eigenen Teamkollegen. Wenn man so starke Kollegen hat wie es bei uns der Fall ist, ist es sehr angenehm, wenn man nach fünf, sechs Rennen in der Position ist, in der die anderen einem helfen können.

Warum hat die Integration von Mika im letzten Jahr so gut geklappt und warum haben andere in diesem Jahr Probleme ihren Star-Neuzugang zu integrieren?

Bernd Schneider: Mika ist wirklich ein Superstar. Das merkt man vor allem, wenn man durchs Fahrerlager geht oder die Presse sieht, die sich um ihn bemüht. Im Team ist er sehr offen. Er ist einer von uns. Wir arbeiten gut zusammen, besonders im Training. Im Rennen will er ja auch gewinnen. Wir gehen miteinander um, als gäbe es keine Stars. Oder anders: Wir alle sind Stars. Deshalb gibt es bei uns keine Reibereien.