Ein Finne in der DTM? Seit Keke Rosberg nichts Neues. Ein Ex-Formel-1-Fahrer? Durchaus etwas Besonderes, aber angesichts der DTM-Engagements des besagten Rosberg, Bernd Schneiders, Jean Alesis sowie Heinz-Harald Frentzens keine Seltenheit mehr. Doch Mika Pauli Häkkinen, zweifacher Formel-1-Weltmeister? Für die Zuschauer die wohl spektakulärste Aufwertung des ohnehin schon hochklassigen Fahrerfeldes der DTM. Nur langsam legt sich der Fan- und Medienrummel um den ehemaligen McLaren-Mercedes-Piloten ein wenig, der in der Formel-1-Geschichte zu den erfolgreichsten seiner Zunft gehörte.

Doch auch wenn sich Mika Häkkinen beim dritten Saisonlauf auf der Ardennenachterbahn Spa-Francorchamps in den Reihen der DTM-Rennsieger etabliert hat: Als "Abstieg" oder allzu leichte Übung sieht der Finne die DTM keineswegs an. Gegenüber DTM Magazin sprach Häkkinen über seine Debütsaison und bezeichnete das fahrerische Niveau der DTM als "enorm": "Hier sind ein paar sehr erfahrene Jungs am Start. So wie Bernd [Schneider, d. Red.]. Aber auch Gary [Paffett, d. Red.] hat es - obwohl er auch erst im dritten Jahr dabei ist - richtig drauf. Und eines steht fest: Geschenkt gibt es hier gar nichts."

Vor seinen Fahrerkollegen offenbart Häkkinen höchsten Respekt, Foto: Sutton
Vor seinen Fahrerkollegen offenbart Häkkinen höchsten Respekt, Foto: Sutton

Ebenso wie jenes Statement Häkkinens sollte auch sein viel beachtetes DTM-Debüt in Hockenheim zunächst das fahrerische Niveau der DTM bestätigen. Anders als angesichts der allgemeinen Euphorie erwartet, allerdings genauso wie von den Experten befürchtet, tat sich Häkkinen zunächst schwer. Technische Probleme am Samstag sowie ein Missverständnis mit einem allzu verwirrenden Safety-Car beim Rennen am Sonntag täuschten nicht darüber hinweg, dass sich selbst ein 20-facher Grand-Prix-Sieger nicht auf Anhieb in der DTM zurechtfindet. Häkkinen bestätigt die anfänglichen Schwierigkeiten und gibt zu, dass diese noch immer nicht vollends ausgeräumt sind. "Wann sind die Reifen am besten, wie hart kann man sie rannehmen? Wo hat der Motor sein bestes Drehmoment? Wie spät kann man vor den Kurven bremsen? Einiges habe ich schon im Griff, hier und da fehlen aber noch ein paar Prozent", gibt der ehrgeizige Skandinavier zu Protokoll, der dafür bekannt ist, sich seine bekannte Forderung nach "110 Prozent" Leistung auch selbst zu Herzen zu nehmen.

Was sich bereits auf dem Eurospeedway Lausitz in aller Deutlichkeit offenbarte - einem viel gefeierten dritten Rang in der Super Pole folgte mit Platz drei im Rennen ein erster Erfolg, der an den DTM-Qualitäten des 36-Jährigen kaum einen Zweifel ließ: Bereits bei seinem zweiten Rennen präsentierte sich Häkkinen mit einer Souveränität und Abgeklärtheit, wie man sie selbst vom prominentesten DTM-Neueinsteiger nicht zu erwarten wagte. Dass die Mercedes C-Klasse ihren Konkurrenten Audi A4 und Opel Vectra GTS zum damaligen Zeitpunkt noch sichtbar überlegen war, schmälert jene Leistung nur unwesentlich.

Häkkinen auf dem Weg zum ersten DTM-Sieg, Foto: Sutton
Häkkinen auf dem Weg zum ersten DTM-Sieg, Foto: Sutton

Acht Tage später begann für den in der Nähe von Helsinki geborenen Rennprofi eine "Wahnsinnswoche, die unglaublichste in meinem Leben. Noch am Donnerstag war ich dabei, wie meine Frau Erja unsere Tochter Aina Julia gesund zur Welt brachte." Jenes unvergessliche Ereignis vermochte Häkkinen allerdings nicht von der Arbeit abzuhalten, die einen Tag später bei den Freitagstest zum dritten Saisonlauf in Spa-Francorchamps begann. Vielmehr schien ihn die Geburt eines Schwesterchens für seinen vierjährigen Sohn Hugo zu Höchstleistungen zu beflügeln, was sich sogleich in einer Pole Position am Samstag sowie dem ersten DTM-Sieg am Sonntag äußerte.

Dabei wusste Häkkinen zwar auch vom Pech der Konkurrenz zu profitieren: Während die Opel-Piloten Marcel Fässler und Laurent Aiello Leid Tragende eines Abbruchs der Super-Pole-Session wurden, misslang beim einzigen Rivalen um den Sieg, Audi-Pilot Mattias Ekström, ein Boxenstopp. Dass sich Häkkinen allerdings gegen die bedrohlichen Attacken Ekströms souverän zur Wehr gesetzt hatte und schließlich einen ungefährdeten ersten DTM-Sieg herausfuhr, vermochte selbst die letzten Zweifler zu überzeugen. So sehr, dass der Ex-Formel-1-Champion auch angesichts des Meisterschaftsstandes bereits als ernst zu nehmender Anwärter auf das DTM-Championat erachtet wurde.

Weniger Glück war Häkkinen bei den jüngsten Rennen beschieden, Foto: Sutton
Weniger Glück war Häkkinen bei den jüngsten Rennen beschieden, Foto: Sutton

Aller Euphorie zum Trotz sollte es so weit allerdings noch nicht kommen. Nach einem infolge einer Feindberührung beschädigten Reifen in Brünn, einem angesichts eines Fahrfehlers vollkommen misslungenen Qualifyings in Oschersleben sowie einer unverschuldeten Kollision mit Markenkollege Jamie Green auf dem Norisring waren die Meisterschaftsträume schnell wieder begraben - was sich beim siebten Saisonlauf auf dem Nürburgring allzu deutlich bestätigte: Trotz eines recht opmistischen Überholmanövers gegen Mattias Ekström, das in einem Ausflug in die Auslaufzonen endete, lag Häkkinen zwar mit Position drei noch immer auf Podestkurs - angesichts eines auf Platz vier herannahenden Meisterschaftsanwärters Gary Paffett sowie eines nicht allzu spektakulären Kampfes um den Podestplatz musste sich der Nordeuropäer allerdings mit Rang vier begnügen. Die Rolle des Wasserträgers mochte nicht recht zu Häkkinen passen...

Obgleich der langjährige Mercedes-Fahrer beim achten Saisonlauf in Zandvoort in Anbetracht des undankbaren elften Platzes im Qualifying sowie einer unverschuldeten Kollision mit Opel-Pilot Manuel Reuter ebenso wenig vom Glück verfogt war - ein positives Fazit seiner Einstiegssaison zieht Häkkinen trotz alledem: "Ich hatte ja gerade ein paar Rennen mit schlechten Resultaten. Aber dennoch: Bisher läuft es gut. Alles ist interessant, aufregend und faszinierend." Häkkinen hat sich voll und ganz in der DTM eingelebt: "Meine Rundenzeiten stimmen, die Konstanz ist da, die Zusammenarbeit mit dem Team ist prima. Nur wollte ich schon regelmäßiger punkten..."

Ein Bild, das sich auch in den kommenden Jahren bieten wird, Foto: Sutton
Ein Bild, das sich auch in den kommenden Jahren bieten wird, Foto: Sutton

Verbesserungspotenzial sieht Häkkinen derweil kaum noch: "Das Team und ich sind schon 'flat out', also am Anschlag. Das Auto muss ich aber noch ein bisschen besser an meinen Fahrstil anpassen." Eine Notwendigkeit, die dem DTM-Betrachter nicht direkt ins Auge fiel. Offenbarte Häkkinen, so in der ersten Hälfte der Saison 2000, in der Formel 1 mit allzu sehr untersteuernden und somit nicht zu seinem Fahrstil passenden Fahrzeugen noch Schwierigkeiten, so scheint der Finne, der seinerseits sanft übersteuernde Boliden präferiert, trotz allem mit seiner C-Klasse zu einer Einheit verschmolzen zu sein, derer es für Erfolge in der DTM bedarf. Wäre da nur eine etwas größere Konstanz im Qualifying sowie weniger Kollisionspech im Rennen...

Was in einer bemerkenswerten Einstiegssaison Häkkinens nur Schönheitsfehler sind, die es in der zweiten Saison zu beheben gilt. Motivationslöcher, wie in der Endphase seiner Formel-1-Karriere, sind indes nicht zu erwarten - findet Häkkinen doch in der DTM gerade den Druck und die unbedingte Nüchternheit nicht vor, die ihn in der Formel 1 so auslaugten, dass eine dreijährige Rennpause vonnöten war: "Alle arbeiten hart, sind aber unheimlich entspannt, es herrscht eine angenehme Atmospäre." So hat der langjährige Formel-1-Profi für die DTM nur Lob übrig: "Die Organisatoren und die Hersteller machen einen prima Job. Sie achten auf niedrige Kosten und tollen Sport. Und ganz wichtig: Sie nehmen die Fans ernst."

Ein handfester Vorteil besteht für den Familienmenschen folglich auch darin, das während der vergangenen drei Jahre liebgewonnene Familienleben beibehalten zu können: "Sowohl die Mechaniker als auch wir Fahrer haben Zeit für unsere Familien. Ich habe viel Zeit für meinen Sohn Hugo, für meine Frau und für meine Tochter. Wenn ich nach Hause komme, bin ich für sie da." So kann es kaum verwundern, dass Häkkinen seine motorsportliche Zukunft - zur Freude der Fans - in der DTM sieht: "Es gibt für mich keinen einzigen Grund, der für ein Formel-1-Comeback spricht. Hier ist doch sehr schön."