Liebe motorsport-magazin.com-Leserinnen & Leser,

Obwohl ich seit rund 30 Jahren nach Zandvoort komme, habe ich noch nie eine so großartige und fantastische Stimmung und Atmosphäre wie an diesem Wochenende erlebt.

Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle dem Veranstalter und der ITR ein ganz großes Lob aussprechen. Es war einfach eine traumhafte Veranstaltung. Noch dazu weil Christijan Albers mit seinem Minardi F1-Boliden um die Strecke geblasen ist. Das bekommen die niederländischen Zuschauer auch nicht alle Tage geboten.

Streitfall 1: Capello vs. Schneider

Zandvoort ist eine sehr enge Micky Mouse-Rennstrecke, auf der das Überholen schwierig ist. Aber die Akteure zeigten dennoch, dass es möglich ist. Jedenfalls so lange sie es auch dürfen. Denn das Rennen wurde von ein, zwei Entscheidungen geprägt, die ich persönlich nicht nachvollziehen kann.

Anhand der Daten stellte Mercedes nach dem Rennen fest, dass Bernd Schneider bei seinem Auffahrunfall mit Rinaldo Capello an der exakt gleichen Stelle gebremst hat, wie auch die vorhergehenden zehn Runden. Aus diesem Grund halte ich es für zweifelhaft, wenn so etwas mit einer Durchfahrtsstrafe bedacht wird.

Schließlich war Bernd der Leader des Rennens, ist er nicht für irgendwelche Harakiri-Aktionen bekannt, war dies eine rennentscheidende Geschichte und sehe ich bei ihm überhaupt keine Schuld. Wenn ein Fahrer einem anderen Auto mit stehenden Rädern hinten drauf fährt, dann kann man ihm keinen Vorwurf machen. Schon gar keinen, dass er es absichtlich gemacht hätte. Aus welchem Grund sollte er Capello absichtlich ins Heck fahren?

Rinaldo wollte vielleicht seinem Markenkollegen Mattias Ekström im Titelkampf helfen. Möglicherweise hatte man ihm vor dem Rennen in der Teambesprechung gesagt: "Wenn ein Mercedes von hinten kommt, mach dich einfach mal ein bisschen breiter."

Diese Situationen habe ich schon hundertmal mitgemacht und das ist die normale Sprache, die man in solchen Momenten innerhalb des Teams spricht. Zudem war er ja noch im Rennen. Er hatte zwar nicht getankt, aber er war noch kein Überrundeter.

Somit war seine Aktion legitim. Allerdings muss man sich solche Dinge nicht mehr antun, wenn man schon so lange im Motorsport dabei ist wie Rinaldo. Da sollte er sich nicht mehr zum Handlager für solche Aktionen machen lassen. Heute wird er sich sicherlich genauso darüber ärgern wie ich.

Wer jetzt mit schlauen Sprüchen wie "Wer hinten drauf fährt ist schuld." oder "Überholen ist daneben und nicht hinten rein fahren." um sich wirft, der hat einfach keine Ahnung wie eng es gerade an dieser Stelle in Zandvoort ist. Die Fahrer bremsen dort mit 256 Stundenkilometer 120 Meter vor der Kurve, kämpfen gegen die Bodenwelle und müssen dabei noch alles im Griff behalten. Da kann es schon einmal zu solchen Szenen kommen.

Streitfall 2: Abt vs. Ekström

Die zweite knifflige Szene betraf zwei Markenkollegen: Christian Abt und Mattias Ekström. Ich kann die Situation von Christian gut nachempfinden. Er ist vom ersten ins zweite Glied zurückversetzt worden und deswegen frustriert. Dennoch zeigt er tolle Leistungen, weswegen ich ihm vor dem Rennen sogar zu seinen Trainingsleistungen gratuliert habe.

In diesem Moment verstehe ich seine Motivation trotzdem nicht: Wenn Ekström um den Gesamtsieg der Meisterschaft fährt, dann wäre ich in meiner aktiven Zeit sofort zur Seite gefahren und hätte ihn auf der Geraden vorbeigelassen. Und zwar ohne jeden Hinweis von der Box.

Das ist eine Größe die ein Sportler besitzen sollte, die man aber auch erst einmal erlernen muss. Es ist sehr schwer einen anderen den Elfmeter schießen zu lassen, den man vielleicht selbst sicher verwandeln könnte. Aber so ist es eben manchmal im Leben. Da muss er sich noch besser in den Griff bekommen.

Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass diese Aktion Ekström den Sieg gekostet hat. Auch wenn er sich dabei das Auto beschädigt, Abtrieb verloren und Untersteuern bekommen hat. Allerdings ist ein untersteuerndes Auto ist in Zandvoort einfach nicht mehr fahrbar. Deswegen hatte Ekström Glück, dass Heinz-Harald Frentzen auf einer unglücklichen Strategie unterwegs war. Somit konnte der Mönchengladbacher ihm nicht mehr gefährlich werden.

Verdienter Sieg für Paffett

Letztlich hat Gary Paffett verdient gewonnen. Nach seinem Schnitzer mit der weißen Linie am Nürburgring, hat er diesmal alles zu 100% richtig gemacht.

Rückblickend könnte man noch Stunden über jene Bestrafung vom Nürburgring streiten. Denn während es auf der einen Strecke so ausgelegt wird, ist es auf der nächsten wieder anders. So ist derjenige der am Nürburgring aus der Box kommt sehr viel schneller als an der gleichen Stelle in Zandvoort. Da hat es die Rennleitung verschlafen vorher eine klare Richtlinie auszugeben und darauf hinzuweisen. Dafür müssen wir leider die Note ungenügend ausstellen.

Lächerlicher Opel-Ausstieg

Neben Mercedes und Audi ist auch Opel zu diesem Zeitpunkt der Saison wieder vorne mit dabei. Deswegen ist es wirklich schade, dass Opel am Jahresende aussteigen wird.

Dabei sollte man in Rüsselsheim ruhig einmal bedenken, dass man in dieser wunderbaren Serie die einmalige Chance hat gegen den Marktführer Mercedes-Benz zu glänzen. Eine Gelegenheit die sie auf dem Markt niemals bekommen werden. In der DTM haben sie jedoch die einzigartige und historische Möglichkeit Mercedes zu schlagen.

Die Kostenreduzierungen in allen Ehren, aber um wie viel Geld wird es da gehen? 20 oder 30 Millionen Euro? So viel verdient in der Formel 1 ein einziger Fahrer. Und Opel möchte wegen dieses lächerlichen Betrags eine so tolle Serie verlassen? Das ist einfach lächerlich.

Die Aussagen die dazu in den Medien gemacht werden, sind allerdings noch eine Kategorie lächerlicher. Bislang ist mir der Opel-Vorstand Hans H. Demant immer positiv aufgefallen. Er ist ein echter Motorsportfan und fährt sogar selber Rennen am Nürburgring. Aber wenn er in der auto, motor und sport die DTM niedermacht und einen Grabgesang anstimmt, dann tut es mir sehr leid, Herr Demant, aber dafür gibt es die Note ungenügend.

Das ist eine Katastrophe. Bevor man so etwas von sich gibt, sollte man besser gar nichts sagen. Jetzt soll Opel eben mit Chevrolet in der 2. Liga gegen den Rest der japanischen Welt und BMW fahren.

Lächerliche BMW-Abwesenheit

Denn auch BMW ist nicht in der DTM, sondern mit Dr. Theissen in der Tourenwagen-WM vertreten. Nachvollziehen kann ich das allerdings überhaupt nicht.

Dieser Mann macht einen irrsinnig schlechten Job. Und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. BMW-Motorsport ist auf dem absteigenden Ast. Das ist erneut die Note 6. Diesmal für Dr. Theissen.

Was er in der Formel 1 angerichtet hat ist bekannt: Er hat nicht nur alle seine Fahrer verloren, sondern auch ein Weltmeister-Team. Jetzt hat er den teureren Weg eingeschlagen und geht den Weg des Grabgesangs für BMW Motorsport. Bis er jedoch mit Sauber einmal oben angekommen ist, braucht er drei, vier Jahre und drei Milliarden Euro. Eine Mannschaft wie BMW gehört in die DTM. Und manchmal muss man einfach harte Worte offen aussprechen.

Ich habe mich zwar sehr darüber gefreut, dass Alex Zanardi am Sonntag in dieser Crash-Meisterschaft sein erstes Rennen gewonnen hat. Aber wer hat es gesehen? Es sind keine 5.000 Zuschauer da und im Fernsehen hätte es auch keiner bemerkt, wenn es nicht Zanardi gewesen wäre.

Hier sollte schon bald ein Umdenken stattfinden. Denn so ist es eine Katastrophe was im deutschen Motorsport passiert. Nur weil gewisse Menschen mit anderen Menschen vielleicht nicht können, werden ganze Marketingstrategien auf den Kopf gestellt.

Vorschau: Keine Prognosen möglich

Es ist schwierig eine sportliche Vorhersage für das nächste Rennen am EuroSpeedway Lausitz zu wagen. Aber eines dürfte klar sein: Wir werden auch in der Lausitz wieder ein volles Haus erleben.

Der Meisterschaftskampf spitzt sich unterdessen immer weiter zu. Leider nur mit zwei Fahrern, aber das ist immer so: Am Ende kämpfen im Spitzensport immer die beiden Besten gegeneinander. Und das sind im Moment Ekström und Paffett.