Am Lausitzring saß der Chef höchstpersönlich im Rennauto. Am Samstagabend stand plötzlich BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt im Fahrerlager - im Rennoverall! 'Ja, will der denn jetzt alles selber machen', könnte sich der eine oder andere Zuschauer gefragt haben. Nein, für die Karriere als Rennfahrer dürfte es bei allem Respekt etwas spät sein. Doch das Alter spielte einen triftigen Grund bei diesem etwas gewöhnungsbedürftigen Anblick.

Tatsächlich bekam Marquardt in der Lausitz ein ganz besonderes Geschenk zum 50. Geburtstag: eine Mitfahrt im BMW M4 DTM. Kurios: Zum ersten Mal überhaupt saß der BMW-Boss in einem seiner Autos, für die er die Verantwortung trägt. Als Fahrer respektive Chauffeur für den Chef wurde Tom Blomqvist auserkoren. Vielmehr: ausgelost.

Erst mal schön über die Kerbs drüber...

Am Samstagmorgen wurden Zettel mit den Namen der sechs BMW-Fahrer in einen Hut geworfen, Marquardt wählte seinen Fahrer also per Zufall aus. Weil sich zuvor alle Piloten um den Job beworben hatten, hieß es. Oder, weil keiner freiwillig wollte? Chauffeur für den Chef im DTM-Auto - das bringt ein gewisses Risikopotenzial mit sich...

"Erst mal schön in Turn 1 über die Kerbs drüber, dass es ordentlich springt", gab Timo Glock seinem Teamkollegen mit einem Augenzwinkern mit auf den Weg. "Der Lausitzring hat ja genug Bodenwellen, wo er gut durchgeschüttelt wird. Der hat die Hosen voll, glaube ich." Ganz so arg ließ es Blomqvist dann doch nicht fliegen, als er mit Chef Marquardt auf dem Beifahrersitz zwei Runden über den Lausitzring drehte - unter den Augen aller BMW-Fahrer, die eine Menge Spaß mit dem Boss hatten.

Tolles Geschenk zum 50.: DTM-Taxifahrt für Jens Marquardt, Foto: BMW Motorsport
Tolles Geschenk zum 50.: DTM-Taxifahrt für Jens Marquardt, Foto: BMW Motorsport

Nicht so viel gegessen vorher

"Super, das war ein echtes Erlebnis", sagte Marquardt am nächsten Morgen. "Ich hatte vorher so ein bisschen... naja, ich hatte nicht so viel gegessen... Tom war noch gnädig mit mir. In der letzten Runde hat er noch mal Gas gegeben, aber für ihn waren das 80 Prozent. Aber nach einer Aufwärmrunde haben die Dinger schon echt Grip, das ist Wahnsinn! Dann herrschen da richtig viele G-Kräfte und das spürt man auch."

Eigentlich merkwürdig, dass der Chef selbst zuvor noch nie mit einem DTM-Auto gefahren war - ob aus Verständnisgründen oder einfach wegen des Spaß-Faktors. "Was lerne ich dabei", gab Marquardt die Antwort. "Das war jetzt eine schöne Geste von den Jungs. Aber ich bin ja nicht angestellt, um mit dem Auto zu fahren, sondern um das Programm in allen Facetten richtig zu steuern."

Da hatte auch BMW-Pilot Tom Blomqvist seinen Spaß, Foto: BMW Motorsport
Da hatte auch BMW-Pilot Tom Blomqvist seinen Spaß, Foto: BMW Motorsport

Nur rumrollen muss nicht sein

Marquardt war nicht der einzige, der ein DTM-Auto noch nie zuvor hautnah erlebt hatte. Seine Pendants bei Audi und Mercedes - Dieter Gass und Uli Fritz - hatten ebenfalls noch nie das Vergnügen. "Ich bin noch kein DTM-Auto gefahren oder mitgefahren", bestätigte Gass. "Ich bin ja früher selber mal ein bisschen Rennen gefahren. Und wenn ich ein Rennauto bewege, möchte ich es auch am Limit bewegen."

Der Audi-Sportchef blickt tatsächlich auf eine aktive Vergangenheit als Rennfahrer zurück. Als 18-Jähriger begann er im Slalomsport, wechselte dann zu Bergrennen und später Cup-Rennen im Renault. Dreimal startete Gass sogar bei den 24 Stunden am Nürburgring. Die heutigen DTM-Autos sind allerdings ein anderes Kaliber.

Gass: "Bei dem Unterschied, den die Autos heute zu denen haben, die ich früher bewegt habe, lasse ich das lieber bleiben. Nur so rumrollen, das muss ich nicht unbedingt haben. Aber vielleicht ändert sich das ja noch." Und vielleicht fragt er jetzt mal bei Kollege Marquardt nach, wie viel Spaß so ein DTM-Auto machen kann.